Pastor Edward: Durch die dunklen Wolken bricht Licht

Edward Awabdeh (60) lebt mit seiner Frau Rana in Damaskus, ihre erwachsenen Kinder sind inzwischen im Ausland. Neben dem Pastorendienst ist er Vorstand eines Gemeindeverbands. Seine Gemeinde unterstützt mit Hilfe von Open Doors regelmäßig 3.000 Familien mit Nothilfe. Im Juni 2017 hat Pastor Edward mit Mitarbeitern von Open Doors über seinen Dienst und die Lage der Christen in Syrien gesprochen.
 

Edward
Bild: Pastor Edward

Wie viele Mitglieder deiner Gemeinde haben das Land verlassen?

Etwa 60 bis 70 Prozent unserer Gemeindemitglieder haben das Land verlassen. Das Wunder ist, dass unsere Kirche dennoch voll ist. Neue Leute kommen zu unserer Gemeinde.

Wie geht es den Menschen in deinem Stadtteil?

Es ist frustrierend, besonders wenn solche Dinge geschehen wie vor kurzem: Eine Bombe traf in unserem Stadtviertel ein Auto, in dem zwei Mädchen saßen, beide starben. Die Eltern der jungen Mädchen hatten die Möglichkeit gehabt, das Land zu verlassen. Jetzt haben zwei Familien eine wunderbare Tochter verloren. Die Eltern fühlen sich vielleicht ihr Leben lang schuldig, weil sie geblieben sind. Versetzt euch in ihre Lage. In solchen Momenten fehlen mir die Worte. Ich kann nur mit ihnen weinen und versuchen, ihnen die Botschaft Christi zu bringen, die Botschaft von der Hoffnung auf Auferstehung.

Was motiviert dich und deine Frau, weiterzumachen?

Die Überzeugung, dass das der Auftrag ist, den Jesus uns gegeben hat. Er hat uns auf solch eine Zeit in diesem Dienst vorbereitet. Das steht für uns nicht zur Diskussion. Wir haben gelernt, dass der Herr immer für uns sorgt. Wenn jemand einen Dienstbereich der Gemeinde verlässt, führt Jesus neue Leute zu uns. Wir segnen diejenigen, die gehen, und wir ermutigen die, die bleiben.

Kürzlich wurde ein Bericht veröffentlicht, demzufolge die Hälfte der syrischen Christen aus dem Land geflohen ist. Was meinst du dazu?

Wenn ich von den Kirchen ausgehe, die ich im ganzen Land kenne, glaube ich, dass mehr als 50 % gegangen sind. Es gibt immer weniger Christen in der Gegend, das ist ein großes Problem. Je mehr Christen gehen, desto stärker wird sich der Extremismus ausbreiten. Wenn es ganze Gebiete ohne Christen gibt, ist das eine Katastrophe. Wenn sie keine Berufung zum Bleiben spüren, kann sie nichts aufhalten. Es ist sehr herausfordernd für diejenigen, die kleine Kinder haben. Aber es ist auch hart für die Männer, die zur Armee eingezogen werden, das schließt alle Männer unter 42 Jahren ein.

Was ermutigt dich in deinem täglichen Leben als Pastor?

Verschiedene Dinge. Zuerst die Gruppe der heldenhaften Pastoren. Sie bleiben, sie lieben Jesus und sie dienen zusammen. Zweitens natürlich zu sehen, wie Gott in unserem Leben und im Leben von anderen eingreift. Ich sehe, wie Jesus Menschen verändert. Ich sehe sein Wirken, wenn einer, der die Botschaft der Bibel nicht kannte, zum Glauben an Jesus kommt. Solche Dinge erfüllen mich mit Freude. Drittens die Unterstützung, die wir von Christen aus der ganzen Welt erhalten.

Hast du neue Pläne in deiner Stadt?

Ja, ich möchte ein Projekt für Schüler beginnen. Ich möchte ihnen einen Raum bieten, wo sie lernen können, ein Ort, an dem es Licht und angenehme Temperaturen gibt, den wir im Winter heizen und im Sommer kühlen können. Hier sollten ein oder zwei Aufsichtspersonen sein. Daran arbeite ich gerade. Wenn wir eine Vision haben, wird uns Jesus mit dem Nötigen versorgen.

Wie siehst du die Kirche in Syrien in fünf oder zehn Jahren?

Wir können die Situation von zwei Seiten betrachten. Einerseits ist es beängstigend, dass viele Christen gehen. Andererseits ist es ermutigend, dass wir einige Leute sehen, die eine starke Berufung von Gott verspüren. Ich hoffe und vertraue weiterhin, dass Jesus etwas tun wird, dass er seinen göttlichen Plan für unser Land ausführen wird. Doch ich sehe, wie weiterhin Menschen das Land verlassen.

Hat der Konflikt die Kirche verändert?

Ja, die Gemeinde bringt sich direkter in der Gesellschaft ein. Sie hat eine weitere Perspektive. Es gibt eindeutig eine größere Entschlossenheit, Jesus nachzufolgen und zu dienen. Wir sind uns bewusst, dass wir als Gemeinden, als Christen, die gleiche Bestimmung, die gleichen Bedrohungen haben. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen.

Wie betrachtest du die Situation in deinem Land?

Jesus ermutigt unsere Herzen, während wir in tiefer Dunkelheit leben. Es ist, als ob eine dichte, schwarze Wolke über unserem Volk hängt, eine schwarze Decke. Aber wir sehen kleine Risse in dieser Decke, wir sehen Lichtstrahlen, die durch diese Risse kommen. Ein Beispiel für einen solchen Riss ist eine Familie: Der Mann hat schon das Land verlassen, die Frau und die beiden Söhne sind geblieben. Sie kannten die Bibel nicht, doch sie fingen an, die Bibel zu lesen, und wollten mehr wissen. Wir verbringen jede Woche etwa eineinhalb Stunden damit, über Jesus und sein Wort zu sprechen. Die Frau hat einen Hunger nach Gottes Wort, ebenso ihre Jungen. Sie sagt, sie muss die Kinder zuhause zwingen, ihre Hausaufgaben zu machen, weil sie viel lieber in der Bibel lesen. Jesus wirkt wirklich. Das ist nur eine der Geschichten von Menschen, die nach Jesus suchen.

 

 

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