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Schwerpunkte und Entwicklungen


Weltweit sind mehr als 360 Millionen Christen einem hohen bis extremen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Die Intensität der Verfolgung ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert hoch. Das belegt der neue Weltverfolgungsindex 2023, eine Rangliste der 50 Länder mit der stärksten Christenverfolgung. Lesen Sie hier ausgewählte Entwicklungen und Schwerpunkte zum aktuellen Weltverfolgungsindex, laden Sie die Informationen dazu als PDF herunter oder schauen Sie ein Video zum Thema.
1. Gewalt gegen Christen in Subsahara-Afrika erreicht neuen Höchststand
Die seit Jahren zunehmende Verfolgung von Christen in Ländern südlich der Sahara hat eine neue Dimension von Gewalt erreicht. Von den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex (WVI) befinden sich 13 in Subsahara-Afrika. In 9 der 13 Länder liegt das Auftreten von Gewalt im „extrem hohen“ Bereich. Islamistische und andere bewaffnete Gruppen haben etwa in Nigeria (#6), Burkina Faso (#23), Mosambik (#32) und der Demokratischen Republik Kongo (#37) mit Angriffen auf mehrheitlich christliche Dörfer und Regionen Zehntausende vertrieben. Christen, die trotz der Angriffe bleiben, müssen mit zunehmender Feindseligkeit durch die muslimische Bevölkerung rechnen. Diese solidarisiert sich in vielen Fällen mit den Islamisten und stellt sich gegen die Christen – so etwa bei den fortwährenden Angriffen der „Allied Democratic Forces“ (ADF) in der Demokratischen Republik Kongo. Dort wurden beispielsweise bei einem Angriff auf ein von Christen geführtes Krankenhaus am 7. Juli 2022,13 Menschen ermordet.
Die oft schwachen und korrupten Regierungen setzen dieser Entwicklung kein Ende. Armut und Hunger wurden vielerorts durch den Krieg Russlands mit der Ukraine und die Folgen der Pandemie verstärkt. Dadurch finden sich die meisten der geflüchteten Christen auf ihrer ohnehin gefährlichen Flucht in einem Kampf ums nackte Überleben wieder. Hilfe erhalten sie oftmals von Kirchengemeinden in Regionen, die weniger von Gewalt betroffen sind und die häufig von christlichen Hilfswerken wie Open Doors unterstützt werden. In Flüchtlingslagern dagegen kann ihnen weitere Gewalt drohen – dies gilt gerade für christliche Konvertiten. Allgemein fehlt es in solchen Camps oft an der nötigen Sicherheit, insbesondere für Frauen und Mädchen.
In islamisch dominierten Regionen sind Christen wegen ihres Glaubens Druck und Schikanen ausgesetzt – besonders dort, wo sich die Rechtsprechung auf die Scharia gründet. Das beginnt bereits in den Schulen und Universitäten und setzt sich am Arbeitsplatz und in anderen Bereichen der Gesellschaft fort; oftmals sind auch Behörden und Medien daran beteiligt. Hinzu kommen die immer engeren Verbindungen von Islamisten, dem organisierten Verbrechen sowie bewaffneten Gruppen, die oft an Menschen-, Waffen- und Drogenhandel beteiligt sind. In diesem Bereich gilt Westafrika als Drehscheibe. Die dramatisch negativen Folgen für Christen zeigen sich etwa in Nigeria. Hier wurden im aktuellen Berichtszeitraum 4.726 Entführungen von Christen dokumentiert. Dabei sind Christinnen weit häufiger Opfer von Entführung und Versklavung als andere gesellschaftliche Gruppen. Christen sind auch am stärksten von Angriffen auf Dörfer und Mordanschlägen betroffen. Die weitaus häufigere Zerstörung von Kirchen gegenüber Moscheen vervollständigt das Bild von der gezielten Vertreibung oder Auslöschung der christlichen Bevölkerung, vor allem im Norden Nigerias.
2. Chinas fortschreitender Autoritarismus – Vorbild für immer mehr autokratische Regime
China (#16) ist bestrebt, in vielen Bereichen die internationale Agenda zu dominieren. Mit seinem Modell des Autoritarismus ist das Land besonders für autokratische Staatschefs ein anscheinend erfolgreiches Vorbild. Seit der Machtübernahme von Xi Jinping im Jahr 2013 setzt sich diese Entwicklung fort und hat sich mit der Einführung des Sozialkreditsystems sowie der 2018 veröffentlichten neuen Gesetzgebung im Bereich der Religion stetig verfestigt. Neue Technologien haben zu einem beispiellosen Ausmaß an Überwachung geführt. Christen werden direkt aufgefordert, ihren Glauben abzulegen. Aktuell treibt China die Bildung einer internationalen Allianz zur Neugestaltung der Menschenrechte voran. Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit gehören nicht dazu. Gegenüber dem Vorjahr hat sich China im Ranking des WVI von Platz 17 auf Platz 16 verschlechtert.
Auf der anderen Seite hat der technologische Fortschritt den chinesischen Christen ermöglicht, im Bereich von Evangelisation neue Wege zu gehen. Manche Pastoren nutzen etwa Social-Media-Plattformen wie WeChat für 60-sekündige Sprachnachrichten, um den Behörden keine Predigtdetails vorlegen zu müssen. Christliche Inhalte waren zwar auf einigen Online-Plattformen trotz der neuen Gesetze zur Regulierung religiöser Inhalte im Internet vom März 2022 noch verfügbar, wer diese aber ohne staatliche Lizenz anbietet oder darauf zugreift, wird strafrechtlich verfolgt.
Deshalb ist die Nutzung digitaler Plattformen zunehmend mit Risiken verbunden. So wurde im August 2022 der Pastor einer Hauskirche festgenommen, nur weil er christliche Literatur im Internet gekauft hatte.
Beispiele für autokratische Regime und deren Unterdrückung christlicher Gemeinschaften sind in der PDF-Version der Entwicklungen enthalten.
3. Die Lage der Christen in Afghanistan ist unübersichtlich
Obwohl sich die Lage für einheimische Christen in Afghanistan nicht verbessert hat, wurde das Land von Platz 1 im WVI 2022 nun auf Platz 9 eingestuft. Nach der turbulenten Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 änderte sich die Dynamik im Land. Im Berichtszeitraum des Vorjahres (WVI 2022) war der Wert für das Auftreten von Gewalt aufgrund der Ermordung von Christen, zahlreicher Übergriffe sowie der erzwungenen Flucht hunderter christlicher Familien auf 15 Punkte (von 16,7 möglichen) gestiegen. Viele Christen sind ins Ausland geflohen, Hauskirchen wurden geschlossen.
Während der „Säuberungsaktionen“ der Taliban im aktuellen Berichtszeitraum war es schwierig festzustellen, ob die Christen explizit wegen ihres Glaubens oder etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit misshandelt wurden. Entsprechend der Methodik hinter dem Weltverfolgungsindex wertet Open Doors nur solche Vorfälle als Verfolgung, bei denen die Opfer wegen ihres christlichen Glaubens angegriffen werden (dazu zählen Morde, Angriffe auf Geschäfts- und Wohnhäuser, sonstige physische Gewalt, Vertreibung, Inhaftierung etc.).
Außerdem haben sich zahlreiche Christen versteckt oder sind ins Ausland geflohen, weshalb die Zahl dokumentierter Gewalttaten wesentlich geringer als im Vorjahr ausfiel. Dadurch ist die Punktzahl im Bereich Gewalt deutlich gefallen (auf 4,6 nach 15 Punkten im WVI 2022). Dies hat Auswirkungen auf die Gesamtpunktzahl und führt zu der neuen Platzierung Afghanistans auf Rang 9.
Die Erfassung der Verfolgungssituation der Christen gemäß der WVI-Methodik bedeutet auch, dass alle im Land existierenden christlichen Gemeinschaften (Untergrund- bzw. Hauskirchen von Konvertiten, Gemeinschaften ausländischer Christen) einbezogen werden. Während zahlreiche einheimische Christen aus dem Land geflohen sind, konnten einige ausländische NGOs mit ihren teils christlichen Mitarbeitern ins Land zurückkehren. Diese Gemeinschaften von Christen können sich etwa zum Gebet treffen, was in die Ermittlung des Druckes in den einzelnen Lebensbereichen (Privatleben, Familienleben, gesellschaftliches Leben, Leben im Staat sowie kirchliches Leben) einbezogen wird. Deshalb ist die Punktzahl auch in diesen Bereichen etwas gesunken, was sich auf das Ranking im WVI auswirkt.
Die im Land verbliebenen einheimischen Christen leben ihren Glauben überaus vorsichtig. Und dennoch konvertieren weiterhin Muslime zum christlichen Glauben.
4. Nicaragua und andere Länder in Lateinamerika erhöhen Druck auf Christen
Der Weltverfolgungsindex 2023 führt vier lateinamerikanische Länder auf: Nicaragua (#50) ist dabei zum ersten Mal in den Top 50 vertreten. Ebenfalls gelistet sind Kolumbien (#22), Kuba (#27) und Mexiko (#38).
Im Durchschnitt stieg die Gesamtpunktzahl in jedem der vier Länder um 4,2 Punkte, wobei Nicaragua sich mit 8 Punkten am deutlichsten verschlechterte. Nach öffentlichen Protesten im April 2018 nahmen die Repressionen der Regierung dort kontinuierlich zu. Während des Berichtszeitraums haben Präsident Ortega und seine Frau viel unternommen, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Kirchengemeinden waren ein bevorzugtes Ziel, da sie im Land einen guten Ruf haben und ihre Stimme großen Einfluss hat. Etliche ihrer Gebäude wurden beschädigt, christliche Fernsehsender und Hochschulen geschlossen, mehrere christliche Leiter wurden ausgewiesen.
Zum Vergleich: In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara stiegen die Punktzahlen der im WVI aufgeführten Länder um durchschnittlich 1,5 Punkte. In Asien sanken die Werte im Durchschnitt sogar um 0,4 Punkte.
Die höheren Punktzahlen in Lateinamerika führten zu schlechteren Platzierungen im WVI. Kolumbien rangiert 2023 auf Platz 22, gegenüber Platz 30 im Vorjahr. Kuba rückte um 10 Plätze auf Platz 27 vor und Mexiko um 5 Plätze auf Platz 38.
Die deutlich verschlechterte Lage der Christen in diesen Ländern liegt primär darin begründet, dass korrupte und unfähige Regierungen kriminellen Gruppen und ethnischen Führern vor allem in ländlichen Regionen Raum gegeben haben, sich zu formieren, zu stärken und zu Verfolgern der Christen zu werden. Die Netzwerke der kriminellen Gruppierungen wachsen und beherrschen große Gebiete.
Die gewalttätigen Vorfälle richteten sich bevorzugt gegen Christen, da von ihnen keine Gegengewalt befürchtet wird. Von den Regierungen erhalten die christlichen Gemeinschaften kaum Schutz vor solchen Angriffen; dabei nimmt die Brutalität zu, besonders wenn Christen betroffen sind. Neben Schlägen, fingierten Unfällen und Entführungen kommt es teilweise auch zu Fällen von Verstümmelung. Christen, die sich kriminellen Gruppen entgegenstellen, sind besonders in jenen Regionen gefährdet, wo diese gegeneinander um die Vorherrschaft kämpfen. Nicht selten müssen sie aus ihren Gemeinschaften und manchmal auch aus dem Land fliehen.
In Nicaragua, aber auch in Kuba und Venezuela sind Kirchenleiter immer stärker von Repressionen durch die Regierung betroffen. Die Feindseligkeit gegenüber der Präsenz der Kirche im öffentlichen Raum nimmt zu, etwa wenn diese die biblische Sichtweise zu Gender-Fragen vertritt. Bei Aufmärschen und Demonstrationen für geschlechtliche Selbstbestimmung kommt es regelmäßig zu Angriffen auf Kirchengebäude. Diese Einschüchterungen führen bei Christen vermehrt zu Selbstzensur.
5. Exodus der Christen aus dem Nahen Osten hält an
Die christlichen Gemeinschaften im Nahen Osten (Libanon, Syrien / #12, Irak / #18, Jordanien / #49 und Palästinensische Gebiete) schrumpfen aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen sowie Diskriminierung und Verfolgung. Seit dem Aufkommen des sogenannten „Islamischen Staats“ und der Verbreitung islamistischen Gedankenguts haben Christen im Irak und in Syrien Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Insbesondere junge Christen sind mit hoher Arbeitslosigkeit und ständigen Anfeindungen konfrontiert, was ihren Wunsch nach Auswanderung fördert. Wegen ihres Glaubens werden sie im Bildungswesen stark diskriminiert und bei Behörden schikaniert.
Christen im Nordosten Syriens sind den Angriffen der Türkei (#41) auf ihre Dörfer ausgesetzt, bei denen Dutzende von Kirchen, christliche Friedhöfe, Schulen und andere wichtige Gebäude schwer beschädigt wurden. Deshalb verlassen viele ihre überwiegend von Christen bewohnte Region.
Konvertiten vom Islam zum christlichen Glauben gelten als potenzielle Unruhestifter und mitunter gar als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Von den Sicherheitsdiensten werden sie aufgefordert, sich weder mit anderen Christen zu treffen noch sich an christlichen Aktivitäten zu beteiligen. Die schlimmstmögliche Folge für Abkehr vom Islam ist die Todesstrafe, die jedoch normalerweise nicht von den staatlichen Behörden, sondern von den Familien vollstreckt wird („Ehrenmorde“), so etwa im Irak.