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Indien: Ein Jahr nach der blutigen Gewalt in Orissa

 

(KELKHEIM, 17. August 2009, Open Doors) – Auch ein Jahr nach der blutigen Gewalt gegen Christen im ostindischen Bundesstaat Orissa sind die Opfer weiter auf Hilfe angewiesen. Darauf weist das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors hin. "Die schrecklichen Bilder aus Orissa verschwanden bald aus der Nachrichtenwelt. Doch auch ein Jahr später dürfen wir die Glaubensgeschwister nicht vergessen", sagt Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland (Kelkheim bei Frankfurt am Main). "Wenn ein Glied leidet, leidet die anderen mit, schreibt der Apostel Paulus in der Bibel (1. Kor 12,26). Und so hoffen die indischen Christen auch auf die Solidarität der weltweiten Gemeinde Jesu." Denn viele ha-ben alles verloren. Sie stehen vor den Herausforderungen eines Neuanfangs; müssen eine neue Heimat finden und Häuser, Geschäfte und Kirchen wieder aufbauen: "Dazu brauchen sie auch Mut und Gottvertrauen", so Rode. Open Doors ruft daher weiter zum Gebet für die Christen in Orissa auf – beispielsweise im Gedenken an die Massaker an jedem 23. des Monats.

Blutige Bilanz

Den Mord an einem Hindu-Führer am 23. August 2008 in der Provinz Kandhamal schoben dessen Anhänger der christlichen Minderheit zu. Maoisten bekannten sich zu der Tat. Doch unbeirrt zogen aufgehetzte Hindus über mehrere Wochen zu pogromartigen Vergeltungsschlägen gegen Christen aus. Sie waren bewaffnet mit Äxten, Macheten, Schusswaffen oder Kerosinkanistern. In 14 der 30 Distrikte in Orissa kam es zu Unruhen. Die blutige Bilanz: 120 Tote, hunderte Verletzte und 315 völlig zerstörte Dörfer. Nach amtlichen Schätzungen wurden 252 Kirchen, 4.640 Häuser und 13 Schulen zerstört. 54.000 Menschen flohen in umliegende Wälder oder in ein Flüchtlingslager. Es sollen die schlimmsten Ausschreitungen gegen Christen seit der Unabhängigkeit Indiens (1947) gewesen sein.

Hilfe fortgesetzt

Dank der Unterstützung von Christen weltweit setzt Open Doors die Hilfsdienste in Orissa fort. Gemeinsam mit einheimischen Partnern und Gemeinden wurden bislang an 6.000 Familien in mehreren Orten Kisten verteilt - jeweils bestückt mit Kochgeräten, Lebensmitteln, Seife, Medikamenten, Moskitonetzen und einer Bibel. Traumatisiert von den schrecklichen Ereignissen und ohne Hoffnung weinen viele noch immer aus Verzweiflung, berichten indische Mitarbeiter. In einer zweiten Projektphase bietet das Werk daher u.a. Traumaseminare in Gemeinden und Flüchtlingslagern an.

4.000 Menschen noch immer in Flüchtlingslagern

"Für den Moment linderte die erste Hilfe vieler Organisationen und der Regierung die große Not", so Rode weiter. Doch langfristig würden sich viele vergessen fühlen. Die für Betroffene von der indischen Regierung für den Wiederaufbau bereitgestellten rund 150 Euro (10.000 Rupien) verbrauchten die Familien für Lebensmittel und Medizin. Weitere zugesagte Hilfe kam nicht nach. Viele Vertriebene zogen in andere Gebiete oder zu Verwandten. Ohne Perspektive leben noch immer rund 4.000 Menschen in Flüchtlingslagern. Ihre Lebensumstände sind erschreckend. Selbst wenn ihre Häuser nicht zerstört sind, wagen sich aus Angst vor neuen Übergriffen viele nicht zurück in ihre Dörfer. Nachbarn und Radikale fordern ihre Konversion zum Hinduismus.

Dorfbewohner: "Wir haben Angst"

Die Rückkehr in ihr altes Leben bleibt beispielsweise 290 christlichen Familien in der Ortschaft Rudangia/Kandhamal verwehrt. Sie leben in Zelten in einem Flüchtlingslager. Ihre Häuser und Felder liegen unmittelbar vor ihnen. Dorthin zurück dürfen sie nur, wenn sie Jesus abschwören und Hindus werden. "Sie haben uns verboten, im Dschungel Holz zu holen. Wie sollen wir aber neue Häuser oder Kirchen bauen", fragt ein Dorfbewohner. Die Hasskampagne der Anhänger des ermordeten Hinduführers hetzte auch ihre Nachbarn gegen sie auf. Einst lebten sie durchaus friedlich miteinander. "Wir haben Angst, auf unsere Felder zu gehen und sie zu bestellen. Wie soll ich also für meine Familie sorgen", fragt ein Bauer. Für die Ortschaft stellte die Regierung nach zehn Tagen die Verteilung von Hilfsgütern ein. Wo einst Kirchen standen, werden Hindu-Tempel erbaut, berichten Dorfbewohner. An Kirchenruinen schmierten Fanatiker ihr Programm: "Indien ist für Hindus".

Im Bundesstaat Orissa leben über 37 Millionen Menschen. Die meisten von ihnen sind Hindus. Schätzungsweise zwei Prozent sind Christen. Im Kandhamal Distrikt leben laut der Gesellschaft für bedrohte Bevölkerung (Göttingen) 117.950 Christen (18%). In Gesamtindien mit über einer Milliarde Einwohnern machen Christen etwa 2,3 Prozent der Bevölkerung aus.

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Für Fotos und Interviews mit Markus Rode wenden Sie sich bitte an unser Pressebüro.

Über Open Doors

Open Doors wurde 1955 von dem Holländer Anne van der Bijl gegründet, der als "Bruder Andrew" oder "Der Schmuggler Gottes" weltweit bekannt wurde. Legendär sind die Geschichten, wie er mit seinem VW-Käfer Bibeln hinter den früheren "Eisernen Vorhang" schmuggelte. In rund 50 Ländern versorgt das überkonfessionelle Hilfswerk Christen, die aufgrund ihres Glaubens benachteiligt oder verfolgt werden, mit Bibeln und christlicher Literatur, bildet Gemeindeleiter aus, engagiert sich für Gefangene und unterstützt die Familien ermordeter Christen. In der freien Welt hält das Werk Vorträge und Veranstaltungen u. a. in Kirchen und Gemeinden, um für das Thema Christenverfolgung zu sensibilisieren und zum Gebet für die verfolgte Kirche aufzurufen. Die Arbeit von Open Doors Deutschland e.V. wird durch Spenden finanziert. Das Werk trägt das Spendenprüfzertifikat der Deutschen Evangelischen Allianz.

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