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China: 70 Jahre Volksrepublik – neue Herausforderung für die Kirche

Langjährige Mitarbeiter von Open Doors im Interview zur Lage der Christen im „Reich der Mitte“

(Open Doors, Kelkheim) – Der 70. Jahrestag der Volksrepublik China wird in Peking aufwändig gefeiert. Auf den Straßen Hongkongs herrscht unterdessen eine völlig andere Stimmung. Wir haben die Situation zum Anlass genommen, einige unserer lokalen Mitarbeiter nach ihrer Perspektive für die chinesische Kirche zu befragen.

Leiterseminar in China: Teilnehmer beten füreinander
Leiterseminar in China: Teilnehmer beten füreinander

Kontrolle und Einschüchterung als Chance für die Kirche

Julie* hat die bemerkenswerte Entwicklung miterlebt, die die Kirche in China in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat: „Ich erinnere mich an die Zeit vor 30 Jahren, als sich die Gläubigen noch heimlich in Häusern und Hinterhöfen, auf Feldern und in Höhlen trafen. Während und nach der Kulturrevolution wurde das Christentum als westlicher Aberglaube dargestellt und die Christen als Konterrevolutionäre verurteilt. Die Menschen waren arm, aber sie liebten Gott leidenschaftlich und riskierten täglich ihr Leben für das Privileg, sich zu treffen, um Gott anzubeten und ihm zu begegnen.“

Es folgte eine Phase relativer Freiheit. Wie sich jedoch die Lage der Kirche in jüngster Zeit gewandelt hat, beschreibt Julie so: „Seit 2017 hat die Regierung einige große Kirchen geschlossen; sie überwacht die Pastoren und übt Druck auf sie aus, um das Gemeindewachstum zu begrenzen. Inzwischen trifft sich eine wachsende Zahl von Gläubigen in kleinen Gruppen. Diese neue Zeit der Kontrolle und der Einschüchterung ist, wie ich glaube, auch eine Gelegenheit für die Kirche, neu aufzublühen. Die erste Lektion, die wir gelernt haben: Moderne Kirchen müssen lernen, im Sinn der Bibel auf Verfolgung zu reagieren. Die jüngere Generation hat noch nie zuvor einen solchen Druck erlebt. Die zweite Lektion ist die Notwendigkeit einer effektiv geübten Nachfolge in kleinen Gruppen. Es ist, als ob Gott die Fundamente der Gemeinde neu kalibriert, um sie auf eine Zeit des weiteren Wachstums vorzubereiten.“

Digitale Gemeinde

Für Josh*, einen unserer jüngeren Mitarbeiter, ist die erstaunlichste Entwicklung der letzten Jahre, wie die Christen das digitale Zeitalter angenommen haben: „Es gibt immer mehr Überwachungskameras, so dass sie nicht einfach andere Kirchen besuchen können, wann immer sie wollen. Stattdessen nutzen sie das Internet, um Predigten, Zeugnisse, Bibelverse und Lobpreislieder auszutauschen. Das ist zwar nicht so persönlich wie in der Ortsgemeinde, aber die Christen wissen, wo sie Ermutigung, Bibellehre und Berichte über Gottes Wirken finden können. Dieser lebhafte digitale Austausch hat der jungen Generation von Christen geholfen.

Gleichzeitig werden das Gemeindewachstum und das persönliche Glaubensleben beeinträchtigt durch den Materialismus, lange Arbeitszeiten und die Erwartungen der Familie im Blick auf beruflichen Erfolg. Chinas neue Marktwirtschaft hat die Herzen vieler Christen gewonnen, was zu Lasten ihrer ungeteilten Hingabe an Jesus geht.“

Kampf gegen Hoffnungslosigkeit

Der Schwerpunkt von Joshs Arbeit liegt bei den Minderheiten im Nordwesten Chinas. Er schildert ihre Situation: „In den letzten 15 bis 20 Jahren hat die Verfolgung einiger buddhistischer und muslimischer ethnischer Minderheiten stark zugenommen. Das eigentliche Ziel der Regierung besteht darin, separatistische Bewegungen zu unterbinden, bevor sie an Fahrt gewinnen. Viele Christen mit buddhistischem und muslimischem Hintergrund sind von dieser kulturellen Säuberung erfasst worden und haben stark gelitten. Ihnen und ihren Familien in dieser gegenwärtigen Krise beizustehen, gehört zu den schwierigsten Dingen, die ich je getan habe. Sie sind unschuldige Opfer, die keine Stimme haben. Und inmitten der Prüfung, die sie durchmachen, kämpfen sie mit Isolation, Angst, Wut und einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit.“

Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors rangiert China aktuell an 27. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

Quelle: Open Doors

Bitte beten Sie für die Christen in China:

  • Beten Sie für die junge Generation von Christen, dass sie es schaffen, Jesus Christus an die erste Stelle zu setzen.
  • Beten Sie, dass Gott viele fähige Leiter von Kleingruppen beruft.
  • Beten Sie für die Christen unter den Minderheiten, dass der Heilige Geist ihren Glauben stärkt und sie dem massiven Druck standhalten können.

 

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