Persönliche Berichte

Indien: Jede Woche zwei bis drei Angriffe auf Christen

Schlimmste Christenverfolgung in Indien

(Open Doors) - Mit zwei bis drei Übergriffen pro Woche erleben die Christen in Indien weiterhin die schlimmste Christenverfolgung in der Geschichte des Landes. Das berichtet der Generalsekretär der Evangelischen Allianz in Indien (EFI), Dr. Richard Howell, im Halbjahresbericht zur Lage der christlichen Minderheit in der bevölkerungsmäßig größten Demokratie der Welt. Der Bundesstaat Karnataka liegt dabei mit 20 Übergriffen im Berichtszeitraum vorn. Doch auch in anderen Staaten wie Chhattisgarh, Maharashtra, Andhra Pradesh und Madhya Pradesh gehen Extremisten vermehrt gegen Christen vor.

Auf Verfolgung reagieren

Dr. Richard HowellÜber dieses Ausmaß an Verfolgung und Benachteiligung ist das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors zutiefst besorgt. Seit Jahren unterstützt das überkonfessionelle christliche Werk Gemeinden und christliche Familien in Indien. Auf dem Weltverfolgungsindex belegt Indien Platz 32 in der Liste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Open Doors bittet um Gebet für die Christen, damit sie gestärkt und ermutigt werden, in einem feindlich gesinnten Umfeld ihren Glauben zu leben und friedlich auf die Bedrohungen reagieren. Die nachfolgenden Kurzmeldungen aus mehreren Bundesstaaten sind einige Beispiele dafür, mit welchen Einschüchterungsversuchen, aber auch mit welcher Gewalt Extremisten die Christen bedrohen, um sie von ihrem Glauben und ihrem Gemeindedienst abzubringen. Die Meldungen sind nach Bundesstaaten geordnet und in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. (Foto Richard Howell/Open Doors)

Bundesstaat Andhra Pradesh (Südindien): Wegen angeblicher Zauberei wurde ein Pastor aus Bollepally/Bhongir Mandal verprügelt. Ein Hindu-Extremist hatte den 50-jährigen John Lazarus beschuldigt, Beschwörungen gegen ihn ausgesprochen zu haben. Malla Reddy und dessen Verwandte gingen daraufhin Ende Juni gegen den Christen vor. Sie beschimpften ihn unter anderem mit den Worten: "Du hast einen niedrigkastigen Gott zu uns gebracht". Dann schlugen sie auf Lazarus ein und drohten mit weiterer Gewalt, sollte er die Gegend nicht sofort verlassen. Der Pastor meldete den Angriff der Polizei. Bei einer von Polizisten anberaumten Sitzung entschuldigten sich die Angreifer beim Pastor, der ihnen daraufhin die Tat vergab.

Bundesstaat Chhattisgarh (Zentralindien): 60 Hinduextremisten stürmten am 2. Juli eine Hochzeitsfeier in Dhantulsi. Sie prügelten auf die Anwesenden ein, darunter auch Kinder. Zudem vernichteten die Männer das Hochzeitsbuffet und steckten die Fahrräder von Gästen in Brand. Trotz Anzeige bei der Polizei gegen die Angreifer, drohten diese mit weiteren Angriffen, sollten die Christen ihre Gemeindeaktivitäten fortführen bzw. die Gegend nicht verlassen. Einheimischen Quellen zufolge hat die Polizei Druck auf die Christen ausgeübt, ihre Anzeige zurückziehen. Die Beamten hätten zudem die Strafverfolgung abgelehnt.

Bundesstaat Chhattisgarh: Wegen angeblicher Zwangsbekehrung von Hindus haben Extremisten Anfang Juli den Pastor einer kleinen Gemeinde in Pali nahe der Stadt Korba verprügelt. Mehrere Männer stürmten in den Sonntagsgottesdienst, zerrissen Bibeln und christliche Schriften. Pastor Sunil Masih sowie weitere Christen wurden anschließend zur Polizei gebracht. Dort gaben die Christen an, weder durch Zwang noch durch falsche Versprechungen Menschen zum christlichen Glauben geführt zu haben. Jeder Besucher nehme freiwillig an den Gottesdiensten teil. Durch die Intervention kirchlicher Leiter kam Masih nach sechs Stunden Haft wieder frei.

indische Christen beim GebetBundesstaat Chhattisgarh: Anhänger der militanten Hindu-Organisation Bajrang-Dal stürmten am 19. Juni den Sonntagsgottesdienst einer Gemeinde in Gurur Durg. Die Gottesdienstbesucher wurden fotografiert und ihnen befohlen, das Gebäude zu verlassen. Die Pastoren der Gemeinde, Mohan C. Thomas und Anish C.K., wurden unter Androhung weiterer Gewalt aufgefordert, die Gegend ganz zu verlassen. (Beispiel Foto: Christen beim Gebet/Open Doors)

Bundesstaat Karnataka (Südindien): In diesem Bundesstaat sind Christen am häufigsten Angriffen ausgesetzt. Der Organisation "Christian Fellowship of India" zufolge entfallen von den 149 für ganz Indien erfassten Vorfällen gegen Christen im Jahr 2010 allein 56 auf Karnataka. Ende Juni wurden Pastor M. Sandeep und ein weiterer Christ Opfer eines Überfalls. Beide waren auf dem Heimweg von einer Gebetsversammlung in Heggere/Hubli, als Hindu-Extremisten sie angriffen und der Zwangsbekehrung beschuldigten. Die Angreifer durchsuchten die Christen nach christlicher Literatur. Anschließend wurden beide verprügelt. Später schleppten die Angreifer sie zur Polizei und erstatteten Anzeige wegen der Verletzung religiöser Gefühle und angeblicher Zwangsbekehrung von Hindus. Die Christen wurden dem Richter vorgeführt und sitzen derzeit im Gefängnis. Ebenfalls der Zwangsbekehrung bezichtigt und verhaftet wurden vier Christen aus Badragola/ Virajpet. Erst nach Intervention christlicher Leiter kamen die Männer auf Kaution wieder frei. In Haft wurden ihnen über Stunden Nahrung und Wasser verweigert. Wie es hieß, seien radikale Hindus auf die Christen eifersüchtig gewesen, weil sich deren Lebenssituation verbessert hatte, nachdem sie Christen geworden waren.

Bundesstaat Orissa (Ostindien): Radikale Hindus haben den Rohbau einer Kirche in Bendoguda niedergerissen, für die 25 christliche Familien all ihre Ersparnisse eingesetzt haben. Das kleine Grundstück dafür hatte ein Christ gestiftet. Die christlichen Familien in dem Dorf im Bezirk Malkangiri gehören zum Stamm der Koya und waren bereits im November 2010 Opfer von Angriffen durch extremistische Hindus. Erst nach Intervention des "Globalen Rats indischer Christen" und des Gebietsverwalters war ein Friedensabkommen zwischen den verschiedenen religiös-ethnischen Gemeinschaften erreicht worden. Dies wurde nun verletzt. Berichten zufolge übt das Dorfoberhaupt nun Druck auf die Christen aus, den Vorfall nicht bei der Polizei anzuzeigen.

Bundesstaat Rajasthan (Nordindien): In Pratapgarh ist Anfang Juni ein Pastor von Hindu-Extremisten mit dem Tod bedroht und dessen Familie, darunter sein 65-jähriger Vater, schwer verprügelt worden. Damit brachen die Angreifer einen zuvor vereinbarten "Friedensvertrag". Shantilal Ninama, Leiter der "Believers Church", war am 4. Juni schon einmal angegriffen worden. Damals sollte er vor versammelter Dorfgemeinschaft zum Hinduismus "zurückkehren" und seine Bibel sowie weitere christliche Literatur vor den Augen der Dorfbewohner verbrennen. Ninama weigerte sich mit den Worten: "Ich kann alles aufgeben, meine Familie, meinen Besitz, aber um keinen Preis kann ich Jesus verlassen". Er verzichtete auf eine Anzeige gegen die Täter. Im Gegenzug willigten die Hindu-Extremisten ein, ihn und seine Familie in Ruhe zu lassen. Andernfalls müssten die Angreifer sowie deren Familien ein Bußgeld von umgerechnet etwa 80 Euro zahlen. Doch bereits am 8. Juni, dem Abend der schriftlichen Vereinbarung, stürmten Extremisten in sein Haus und schlugen auf Pastor Ninamas Vater, seine Schwester und seine drei Kinder ein. Dem Pastor selbst wurde mit dem Tod gedroht. Er eilte daraufhin zur Polizeiwache, doch die Beamten erklärten zunächst, sie seien nicht zuständig. Erst auf Bitten und Drängen des Pastors hin, begleiteten sie ihn zurück ins Dorf. Beim Anblick der Polizei zerstreute sich die Angreifergruppe. Später auf der Polizeiwache wurde Pastor Ninamas Anzeige abgelehnt. Zur Begründung hieß es, es gebe keine Augenzeugen. Erst nach Vorlage ärztlicher Atteste über die Verletzungen, die seine Familie erlitten hatte, nahm man einen polizeilichen Erstbericht (FIR) zu den Akten. Bislang wurde noch niemand festgenommen.

Bundesstaat Tamil Nadu (Südindien): Etwa 50 Anhänger der extremistischen Hinduorganisation RSS stürmten Mitte Juni einen Gottesdienst der "Church of Jesus" in Karaikal/ Puducherry und bedrohten deren Pastor und Gemeindemitglieder. Sollten diese weitere Treffen und Aktivitäten durchführen, würden sie "zu Schaden kommen", so die Warnung. Pastor Robinson, der die 100 Mitglieder große Gemeinde leitet, arbeitet als Manager an einer christlichen Schule. In einer Eingabe an die Bezirksverwaltung baten der Pastor und örtliche Christen um Schutz durch die Sicherheitskräfte.

Bundesstaat Uttar Pradesh (Nordindien): Beamte der Landespolizei verhafteten am 13. Juli in Bighapur, Bezirk Unnoa, fünf Pastoren und eine weitere Christin. Der "Allgemeine indische Christenrat" sieht hinter der Festnahme ein gezieltes Vorgehen gegen die Christen. Kurz zuvor hatten 70 Anhänger der militanten Hinduorganisation "Bajrang Dal" und Polizisten ein Gebetstreffen gestürmt. Am Abend kamen die Christen auf Kaution wieder frei.

Bundesstaat West Bengal (Ostindien): Bei einem Überfall auf die katholische St.-Priscilla-Schule von Midnapur Mitte Juli zerstörten radikale Hindus Einrichtungsgegenstände darunter Devotionalien (Andachtsgegenstände). Dem Hauseigentümer, Pfarrer Nathan Hazre, und seiner Frau Sabitha wurde die Zwangsbekehrung von Schülern vorgeworfen. Man drohte dem Ehepaar zudem damit, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen. Bereits im Januar dieses Jahres wurde der Schulleiter, Daniel Barik, bedroht. Zwar hatte die Schulleitung den Vorfall bei der Polizei angezeigt, die Strafverfolgung jedoch wurde bislang nicht aufgenommen.

Bundesstaat West Bengal: Ihren Glaubenswechsel vom Islam musste eine junge Christin aus Motijil im Bezirk Murshidabad teuer bezahlen. Anfang August erstürmten etwa 50 radikale Muslime das Haus von Selina Bibi. Dort hatten sich gerade mehrere Christen zu einem Gebetstreffen versammelt. Die Angreifer drohten damit, das Haus niederzubrennen, sollte Bibi nicht zurück zum Islam konvertieren. Bereits fünf Monate zuvor hatten zwei Muslimas und mehrere Männer die Mutter von zwei Söhnen gedemütigt. Sie vermuteten am Körper der Christin diverse christliche Zeichen und zwangen Bibi, sich nackt auszuziehen. Nachdem sie keinerlei Male gefunden hatten, schlugen sie auf die wehrlose Frau ein. Nach ihrer Bekehrung vom Islam zu Jesus Christus wurde Selina Bibi in ihrem Viertel ausgegrenzt. Ihr wurde weder erlaubt einzukaufen, noch ihr eigenes Gemüse zu verkaufen. "Man hat ihr auch verboten, Wasser aus dem Dorfbrunnen zu holen", so der Pastor von der "Believers Church", zu der Selina Bibi gehört. "Trotz der Verfolgung vonseiten der Radikalen, hat sie damit begonnen, an jedem Donnerstag daheim ein Bibelstudium für Frauen durchzuführen."

eine Christin aus Südindien/Open DoorsBundesstaat West Bengal: Drei Christinnen wurden Ende Juli eine Stunde lang von radikalen Muslimen bedroht, ihren Glauben zu verleugnen. Die Frauen aus Natungram (Bezirk Murshidabad) würden bei lebendigem Leib verbrannt werden, sollten sie weiterhin an ihrem Glauben festhalten und zu Jesus beten, so die Einschüchterungsversuche. Moyazan Bibi und Aimazan Bibi, beide Mitglieder der "Believers Church", hatten gerade das Haus der muslimischen Witwe Suryja Bibi erreicht, als eine Gruppe aufgebrachter Muslime sie anhielt und beschimpfte. Auch Suryja Bibi wurde attackiert und regelrecht darüber verhört, warum sie "Ungläubige" in ihr Haus eingeladen habe. Die Männer warnten Suryja Bibi: Sollte sie jemals wieder Christen ihr Haus öffnen, müsse sie die Gegend verlassen. Auch allen anderen Dorfbewohnern drohten die Radikalen Konsequenzen an, sollten sie christliche Versammlungen besuchen oder mit einem Christen sprechen. Örtlichen Christen zufolge wollte Suryja Bibi am darauffolgenden Tag Anzeige erstatten, wurde jedoch u.a. vom muslimischen Dorfoberhaupt bedroht. Suryja Bibi und ihre beiden Töchter sind am christlichen Glauben interessiert. Da sie nun von muslimischen Nachbarn streng beobachtet werden, können sie keine christli-chen Versammlungen mehr besuchen. (Beispiel Foto: Open Doors)

Gebetsanliegen:

  • Beten Sie für die Christen und Gemeinden in Indien, die immer wieder Willkür und Gewaltakten ausgesetzt sind.
  • Beten Sie für die Regierung von Indien, dass sie die christliche Minderheit ausreichend schützt und diese gleiche Rechte erhalten. Nicht selten werden Übergriffe strafrechtlich nicht verfolgt oder die Polizei bleibt nicht neutral.
  • Danken Sie, dass viele Christen trotz allem den Mut haben, sich zu ihrem Glauben zu bekennen und ihren Landsleuten dienen wollen. Diakonische Dienste in ländlichen Regionen Indiens werden überwiegend von Christen betrieben.
Quelleu.a. Compass Direct