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Jemen: Kaum Verbesserung für Christen erwartet

Hilfswerk Open Doors bittet um Gebet insbesondere für die einheimischen Christen

(Open Doors) - Nach drei Jahrzehnten Regierungszeit hat der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh in Saudi-Arabien ein Abkommen zur Machtübergabe unterzeichnet. Wohin dieses arme, unterentwickelte Land mit seinen erdrückenden Problemen politisch nun steuern wird, bleibt abzuwarten. Doch für die Christen im Land erwartet das Hilfswerk Open Doors kaum eine Verbesserung. Aufgrund der Bürgerproteste der vergangenen Monate und des gewaltsamen Vorgehens der Regierung haben die meisten ausländischen Christen den Jemen verlassen. Das überkonfessionelle christliche Werk, das sich weltweit für verfolgte und benachteiligte Christen einsetzt, bittet daher um Gebet insbesondere für die wenigen einheimischen Christen muslimischer Herkunft.

Kirchen nur für Ausländer

Jemen: Straßenbild in Sanaa/Open DoorsDas Land im Süden der Arabischen Halbinsel zählt seit Jahren zu den Staaten, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Derzeit belegt es auf dem Weltverfolgungsindex Platz 7 in der Liste der Länder, in denen Christen weltweit am stärksten verfolgt werden. Unter den 23,6 Millionen Einwohnern lebten etwa 6.000 zumeist ausländische Christen. In mehreren Städten gibt es für Ausländer offizielle Kirchen, darunter drei katholische und eine anglikanische Kirche in Aden, zudem Gemeinden für evangelische und äthiopische Christen in mehreren Städten. Die Schätzungen der Anzahl einheimischer Christen muslimischer Herkunft reichen von 500 bis 1.000 Christen. Der Islam ist im Jemen Staatsreligion. Zwar garantiert die Verfassung Religionsfreiheit, erklärt aber die Scharia (islamisches Recht) zur Quelle der Rechtsprechung. Parlamentsmitglieder müssen Muslime sein, der Präsident hat den muslimischen Glauben zu praktizieren. Die Regierung gestattet Ausländern etwas Freiheit beim Praktizieren ihres Glaubens, jemenitische Bürger dürfen jedoch nicht zum Christentum konvertieren.

Glaube nur im Untergrund

Den wenigen einheimischen Christen droht bei Entdeckung ihrer Konversion die gesellschaftliche Ächtung, im schlimmsten Fall sogar der Tod. Wo es möglich ist, treffen sie sich in geheimen Hausgemeinden. Aus Angst vor Verfolgung müssen sie ihren Glauben vor ihrer Familie verschweigen. Sie werden immer wieder wegen ihres Glaubens verhaftet, unter Druck gesetzt und teilweise in Einzelhaft gesteckt. Open Doors unterstützt diverse Dienste zur Stärkung der Christen im Jemen, u.a. Bibel- und Literaturprojekte, Glaubenskurse, Radioprogramme und Berufsausbildungsprogramme sowie Hilfe-zur-Selbsthilfe Projekte für arbeitslose Christen.

Hintergrund:
Im Januar dieses Jahres begannen die Menschen im Jemen auf die Straße zu gehen. Sie forderten den sofortigen Rücktritt des Präsidenten und protestierten gegen die hohe Arbeitslosigkeit, die wirtschaftlichen Verhältnisse und Korruption im Land. Die Regierung antwortete auf die Proteste mit Gewalt. Selbst friedliche Sitzblockaden von Demonstranten wurden beschossen. Bei einem Granatenangriff auf den Präsidentschaftspalast wurde der Präsident schwer verletzt und für seine ärztliche Versorgung außer Landes gebracht. Inzwischen haben sich der Präsident und die Oppositionsgruppen nach langen Verhandlungen auf einen Fahrplan für das Land geeinigt: Innerhalb der nächsten drei Monate soll es Präsidentschaftswahlen geben. Beobachter sagen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung dem Rücktritt des Präsidenten zustimmt.

zwei jemenitische Kinder/Open DoorsImmense Herausforderungen

Die künftigen Machthaber stehen vor großen Herausforderungen. Mehr als 23 Millionen Menschen leben im wasser- und rohstoffarmen Jemen, das etwa so groß ist wie Frankreich ist. Die Bevölkerung wächst rasant. Fast jeder zweite Jemenit ist jünger als 15 Jahre; nach offiziellen Angaben ist jeder dritte arbeitslos. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Aufgrund der Bürgerproteste, des gewaltsamen Vorgehens der Regierung und der häufigen Entführungen von Ausländern ist der Tourismus dramatisch eingebrochen. Eine gemeinsame jemenitische Identität gibt es nicht. In dem Land existiert ein autonomes Clan-System. Zudem operieren Gruppen von Al Kaida-Anhängern im Jemen und Rebellengruppen im Norden des Landes. Eine der größten Bedrohungen für die Regierung ist die sogenannte "Bewegung des Südens", die sich gegen die "nördliche Besatzung" wendet und unter der Bevölkerung des Südens zunehmend an Einfluss gewinnt. Bewohner der südlichen Region werfen der Regierung vor, sie bei der Vergabe von öffentlichen Geldern zu vernachlässigen. Bis Ende der 1960-er Jahre war der Jemen geteilt. Der südliche Teil stand unter britischer Kolonialherrschaft, im Norden herrschten archaische Zustände. 1990 kam es zur Wiedervereinigung unter Präsident Saleh. Zuvor hatte er den Nord-Jemen zwölf Jahre lang regiert.

Gebetsanliegen:

  • Beten Sie für die noch im Land verbliebenen ausländischen Christen, die vielfach in humanitären Projekten dem Land dienen wollen.
  • Beten Sie für die kleine Gemeinschaft einheimischer Christen, damit sie immer Möglichkeiten finden, sich zu treffen und gegenseitig zu ermutigen.
  • Beten Sie für die jemenitische Bevölkerung und die künftige Regierung.
QuelleFotos: Open Doors