Persönliche Berichte

Marokko: Zweite Ausweisungswelle gegen Christen

Open Doors informiert über weitere Ausweisungswelle

 

Bei einer zweiten Welle von Deportationen aus Marokko haben Beamte des überwiegend muslimischen Landes 26 ausländische Christen innerhalb von 10 Tagen ohne die vorgeschriebenen Formalitäten ausgewiesen. Bereits im März waren über 40 ausländischen Christen ausgewiesen worden, die nun vorgenommenen Ausweisungen sind offensichtlich Folge des Drucks von muslimischen Hardlinern auf die königliche Familie Marokkos, islamisches Profil zu zeigen. Etwa 105 Christen haben Marokko seit Anfang März verlassen müssen. Beobachter der Situation vor Ort nennen das einen kalkulierten Versuch, das für seine fortschrittliche Politik bekannte, früher moderate Land von allen christlichen Elementen – den ausländischen und den einheimischen – zu säubern.

Gewaltsam aus dem Land vertrieben

Ausländer, die über zehn Jahre im Lande gewohnt haben, dürfen nach marokkanischem Recht nicht ausgewiesen werden, wenn ihnen kein Verbrechen zur Last gelegt wird. Sie haben das Recht, innerhalb von 48 Stunden gegen den Ausweisungsbeschluss Einspruch zu erheben. Angesichts einer Ausreisefrist von nur wenigen Stunden und einer Eskorte zum jeweiligen Ausreiseort, konnte fast keiner der Ausgewiesenen den nach Recht und Gesetz möglichen Einspruch erheben. Zudem fanden die Aktionen an den Wochenenden statt, wenn die Gerichte geschlossen sind. Die meisten seien zur Polizeistation gebracht, eingeschüchtert und unter Gewaltanwendung aus dem Land geschafft worden, sagte ein im Ausland lebender Marokkaner. "Viele von ihnen gehen nicht einmal heim, um sich von ihrer Frau zu verabschieden, oder auch nur eine Tasche zu packen."
Zu den Deportierten gehören Christen aus Nordamerika, Lateinamerika, Europa, Afrika, Neuseeland und Korea.

Vorwurf des "religiösen Terrorismus"

Am 12. April meldeten örtliche Medien, dass 7 000 religiöse Führer der Muslime ein Dokument unterzeichnet hätten, in dem die Arbeit von Christen in Marokko als "moralische Vergewaltigung" und "religiöser Terrorismus" bezeichnet wurde. Zudem läuft landesweit eine Schmutzkampagne zur Verunglimpfung von Christen in Marokko, wobei der Begriff des "Proselytenmachens" weithin so verstanden wird, dass Menschen bestochen werden, damit sie ihren Glauben wechseln.

Marokkanische Beamte haben folgerichtig von "Proselytenmachen" als Grund für die Ausweisungen gesprochen. Dies und "Aktivismus von einigen Ausländern", so der Religionsminister in einem Reuters-Bericht, hätten "die öffentliche Ordnung unterminiert". Das christliche Hilfswerk Open Doors schätzt, dass es etwa 1 000 einheimische Christen gibt; von der Regierung sind sie nicht anerkannt. Mehr als 99 Prozent der über 33 Millionen Einwohner Marokkos sind Muslime. Open Doors ist besorgt über die Ausweisungen an sich, aber auch über die rechtswidrige Art der Durchführung.