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Update Weltverfolgungsindex: Trends Christenverfolgung

Der Open Doors-Weltverfolgungsindex 2011 zur weltweiten Christenverfolgung umfasst den Berichtszeitraum 1. November 2009 - 31. Oktober 2010. Lesen Sie hier Entwicklungen darüber hinaus.

 

(Open Doors) - Mit dem "Update Weltverfolgungsindex" macht Open Doors regelmäßig auf Entwicklungen im Bereich der Religionsfreiheit bzw. der Verfolgung von Christen in mehreren Ländern aufmerksam. Rund 100 Millionen Christen werden nach Einschätzung von Open Doors weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Der Weltverfolgungsindex (WVI) ist eine jährliche Rangliste von 50 Ländern mit der stärksten Verfolgung.

Iran: WVI-Platz 2

Bereits am 19. Oktober 2010 hatte der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei in einer öffentlichen Ansprache vor der Gefahr durch Hauskirchen im Land gewarnt. Er wurde kurz darauf vom Minister für den Nachrichtendienst unterstützt, als dieser erklärte, seine Agenten hätten Hunderte von Untergrundkirchen entdeckt, davon allein 200 in der heiligen Stadt Mashhad. Seit dieser öffentlichen Freigabe christlicher Gruppierungen ist es zu weit mehr als 100 Verhaftungen im ganzen Land gekommen. Besonders hervorgetan hat sich dabei der Gouverneur der Provinz Teheran, welcher Christen als "korrupte und verderbte Bewegung" sowie als "kulturelle Invasion des Feindes" bezeichnete und Protestanten mit den Taliban und den Wahhabiten* verglich. Der UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Professor Heiner Bielefeldt, hat die iranischen Behörden zu einer Stellungnahme aufgefordert. Er hält das Missionsverständnis des Iran für nicht vereinbar mit dem internationalen Recht, da schon die Ankündigung eines Gottesdienstes und das Öffnen von Kirchentüren als Mission verstanden werden.

Ägypten (WVI: 19)

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat der ägyptische Staat bereits im vorigen November unmittelbar Gewalt gegen die christliche Minderheit angewendet, indem sie den Bau eines christlichen Gemeinschaftszentrums in Talbiya nahe Kairo stoppen ließ. Als anhand der Bauarbeiten sichtbar wurde, dass das Gebäude mit einer Kuppel versehen und daher vermutlich auch als Kirchengebäude genutzt werden sollte, ließ die Behörde den Bau unter Einsatz von Tränengas, Gummigeschossen und sogar scharfer Munition beenden. Vier Christen starben, 50 wurden verwundet, über 200 verhaftet. Zwar ist es richtig, dass die Baugenehmigung nur für ein Gemeinschaftszentrum erteilt wurde, doch die Nutzung derartiger Gebäude auch für gottesdienstliche Versammlungen ist durchaus üblich. Für die Errichtung von Kirchengebäuden sind Genehmigungen nämlich faktisch nicht zu erhalten. In Ägypten gibt es etwa 2000 Kirchengebäude, aber 93.000 Moscheen. Über zehn Millionen Christen leben unter den 80 Millionen Einwohnern Ägyptens.

In der Neujahrsnacht wurde ein Bombenanschlag auf eine Kirche verübt. Dabei kamen in Alexandria 23 Gottesdienstbesucher ums Leben; 90 Menschen wurden verletzt, darunter acht Muslime. Bereits nach dem Anschlag auf eine Kirche im irakischen Bagdad im Oktober 2010 hatte die dafür verantwortliche Gruppe gefordert, zwei Frauen koptischer Priester freizulassen, die angeblich zum Islam konvertiert sind und anschließend gegen ihren Willen festgehalten wurden. In weiterer Folge wurden auf mutmaßlich von Al Kaida betriebenen Internetseiten Anleitungen zum Bombenbau veröffentlicht und verschiedene Kirchen als mögliche Anschlagsziele identifiziert, darunter auch die dann tatsächlich getroffene Kirche in Alexandria.

Nigeria (WVI: 23)

Zum ersten Mal wurde im Norden Nigerias Sprengstoff verwendet, um Christen zu schaden. Am 1. Weihnachtstag explodierten drei Bomben vor christlichen Treffpunkten sowie eine weitere vor einem muslimischen Treffpunkt. Alle vier lagen in Jos, der Hauptstadt des Bundesstaates Plateau. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet und mindestens hundert weitere verletzt. Einige Tage später griffen Bewaffnete zwei Kirchen in Maiduguri, Bundesstaat Borno, an und töteten sechs Menschen. In diesem Zeitraum attackierten Muslime christliche Dörfer (unter anderem Rawhinku, Kwata Zawan und Rikwe Chengu) im Bundesstaat Plateau und ermordeten 16 Menschen, verletzten viele weitere und zerstörten viele Gebäude. Die anstehenden Präsidentschaftswahlen im April lassen befürchten, dass es im Land nicht ruhiger werden wird. Das vorzeitige Ende der Amtszeit von Präsident Yar`Adua, eines Muslim, durch seinen Tod im Mai, führt zu einem anhaltenden Streit darüber, ob nach der getroffenen mündlichen Absprache nun wieder ein Christ an der Reihe ist oder ob ein Muslim die begonnene Amtszeit zu Ende führen soll.

Russland (WVI: 50)

Am 1. November 2010 wurden drei Kirchen in der Region Karachaevo-Tscherkessien in Brand gesteckt. Gemeindemitglieder konnten zwei Gebäude retten, die dritte Kirche brannte vollständig nieder. Niemand wurde bei den Anschlägen verletzt. Das regionale Fernsehen von Nowgorod verbreitete in seinem Programm falsche Anschuldigungen gegen Anton Korabel, den Pastor einer Evangeliumschristen-Baptistengemeinde im Ort. Darüber beschwerte er sich schriftlich beim Gouverneur. Am 29. Dezember wurde er auf dem Weg zur Kirche von Unbekannten zusammengeschlagen. Am 25. November verabschiedete die russische Föderationsversammlung ein "Gesetz zur Restituierung religiösen Besitzes, welcher vom Staat nationalisiert wurde". Das Gesetz ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch beklagen die Minderheitskirchen, dass faktisch die russisch-orthodoxe Kirche (ROK) bevorzugt wird. So wurde ein Gebäude in Kaliningrad, welches eigentlich der katholischen Kirche zusteht, der ROK übergeben. Ähnliche Berichte hört man von lutherischen Kirchen. Ein weiteres Gesetz wurde am 27. Dezember von Präsident Medwedew unterzeichnet. Es legt fest, dass ausländische Staatsbürger nicht mehr nach Russland eingeladen werden dürfen, um dort als Prediger zu arbeiten oder andere religiöse Aktivitäten auszuüben. Dies beinhaltet die Leitung von Gottesdiensten, das Vollziehen religiöser Handlungen sowie die religiöse Unterweisung.

Irak (WVI: 8)

In den letzten Monaten kam es nahezu täglich zu Anschlägen auf die christliche Minderheit im Land, Schwerpunkte lagen dabei in Bagdad und in Mossul. Viele der Anschläge wurden bewusst auf Wohnungen von Christen verübt, dabei kamen mindestens 30 Christen ums Leben. Allein im Dezember flohen 1500 Familien aus Bagdad, um in den Kurdengebieten oder im Ausland eine neue Heimat zu finden. Die irakische Regierung ließ zwar Betonwälle um Kirchengebäude in Bagdad und Mossul errichten, um christliche Gottesdienste zu schützen, war aber offensichtlich nicht in der Lage, die christliche Minderheit wirksam zu schützen.

Vietnam (WVI: 18)

Wie in anderen zumindest nominell kommunistischen Staaten auch, wird auch in Vietnam der Druck auf die christliche Minderheit vor bevorstehenden Großereignissen erhöht. Ein gutes Beispiel hierfür lieferte die chinesische Regierung durch ihr Verhalten im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 oder vor dem Kongress der Kommunistischen Partei. Ebenso ging die vietnamesische Führung nun im Vorfeld des Parteikongresses vom 12. bis 17. Januar 2011 gegen Christen vor. Sowohl gegen Katholiken als auch gegen Protestanten in Ho Chi Minh Stadt wurde intensiv vorgegangen, indem Bauarbeiten an Kirchengebäuden behindert wurden, ein Pastor und Menschenrechtsaktivist bewusstlos geschlagen und das Gebäude einer Bibelschule zerstört wurde. Hunderte von Christen aus den nördlichen Provinzen wurden daran gehindert, an den zentralen Weihnachtsfeierlichkeiten in Hanoi teilzunehmen.

Am 5. Januar 2011 wurde ein US-Diplomat, der auch für Menschenrechtsfragen zuständig ist, von der Polizei festgesetzt und geschlagen, als er versuchte, sich mit dem katholischen Priester Nguyen Van Ly zu treffen. Der Geistliche und Menschenrechtsaktivist setzt sich seit über 30 Jahren für Meinungs- und Religionsfreiheit in Vietnam ein. Im März 2007 wurde Van Ly wegen "Propaganda gegen die Regierung" zu acht Jahren Haft verurteilt. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wurde die Strafe im März 2010 für zwölf Monate ausgesetzt. Er stand seitdem unter Hausarrest. (Aktualisierung: Am 25. Juli 2011 wurde Van Ly erneut verhaftet.)

Zentralasien

Sowohl in Aserbaidschan (WVI: 24) als auch in Tadschikistan (WVI: 33) wurden die Religionsgesetze erneut verschärft. Dabei geht es um die altbekannten Themen der Registrierung einer Religionsgemeinschaft, der Erlaubnis zum Abhalten von Gottesdiensten sowie das Verteilen religiöser Literatur. Ziel aller Bemühungen ist es, alle Aktivitäten unregistrierter religiöser Gemeinschaften zu stoppen.

*Wahhabismus = besonders rigide Form des Islam, vor allem in Saudi Arabien verbreitet