Gottes verborgenes Wirken

Berichte über die andere Seite der Christenverfolgung

Symbolbild

Ein Lied im Gefängnis

Dmitri aus Russland

 

Unter der jahrzehntelangen Herrschaft der Kommunisten waren viele Kirchen in Russland zerstört oder geschlossen worden, Pastoren wurden verhaftet oder getötet. Die nächste Kirche, die Dmitri und seine Familie hätten besuchen können, lag drei Tagesmärsche weit entfernt. Also begann er, in seinem eigenen kleinen Haus Andachten abzuhalten – zuerst nur für seine Familie, aber bald kamen auch andere Dorfbewohner dazu. Als die Behörden darauf aufmerksam wurden, drohten sie Dmitri Prügel an, sollte er nicht mit den Versammlungen aufhören. Weil er sie dennoch fortsetzte, verlor er seine Arbeitsstelle und seine Söhne wurden von der Schule verwiesen. Als die Gruppe auf 150 Personen angewachsen war, wurde Dmitri verhaftet und kam für 17 Jahre ins Gefängnis.

1.000 Kilometer von seiner Familie entfernt sperrten die Kommunisten Dmitri in ein Gefängnis. Seine Zelle war so klein, dass es von der Pritsche nur ein einziger Schritt zur Tür oder zu dem verfleckten, rissigen Waschbecken an der gegenüberliegenden Wand war. Oder zu der stinkenden, offenen Toilette in der hinteren Ecke. Aber noch schlimmer für Dmitri war, dass er hier der einzige Christ unter 1.500 hartgesottenen Kriminellen war.
 

Ausschnitt aus dem Film „Gottes unfassbare Wege“
Bild: Ausschnitt aus dem Film „Gottes unfassbare Wege“

Gotteslob in der Gefängniszelle

Die ganzen 17 Jahre stellte Dmitri sich jeden Morgen bei Sonnenaufgang neben sein Bett, das Gesicht Richtung Osten, nahm Haltung an, hob seine Arme zur Ehre Gottes und sang ein Jesuslied. Die Reaktion der übrigen Gefangenen war vorhersehbar: Dmitri schilderte ihr Gelächter, Gejohle und ihre Flüche. Sie bewarfen ihn mit Essensresten, manchmal sogar mit Exkrementen, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Die zweite geistliche Übung, die Dmitri eisern einhielt, war diese: Wenn er irgendwo im Gefängnis ein noch so kleines Stück Papier fand, schmuggelte er es in seine Zelle. Dort holte er einen Bleistiftstummel hervor und schrieb damit, in möglichst kleiner Schrift, auf dieses Stück Papier alle Bibelverse oder biblischen Geschichten oder Lieder, an die er sich gerade erinnern konnte.

Wenn er das Blatt vollgeschrieben hatte, ging er damit in die Ecke seiner Zelle, in der ein Betonpfeiler war, von dem ständig Wasser tropfte. Er streckte sich, so hoch er konnte, und klebte den Zettel an den feuchten Pfeiler, als Lobopfer für Gott. Jedes Mal, wenn ein Wärter so einen Papierfetzen an dem Pfeiler entdeckte, kam er in die Zelle, nahm den Zettel ab, las ihn, gab Dmitri Prügel und drohte ihm mit dem Tod. Doch Dmitri weigerte sich, mit seinen beiden geistlichen Übungen aufzuhören.
 

Ausschnitt aus dem Film „Gottes unfassbare Wege“
Bild: Ausschnitt aus dem Film „Gottes unfassbare Wege“

Verzweiflung und neue Kraft

Dies ging Jahr um Jahr so weiter. Die Wächter versuchten alles, um Dmitri davon abzuhalten. Einmal redeten sie Dmitri ein, dass seine Frau ermordet worden war und seine Kinder unter staatlicher Vormundschaft standen. An diesem Punkt brach Dmitris Widerstand. Er sagte Gott, dass er nicht mehr konnte. Den Wärtern erklärte er: „Sie haben gewonnen! Ich unterschreibe alles. Ich muss hier raus und herausfinden, wo meine Kinder sind.“ Die Wärter erwiderten: „Wir setzen dein Geständnis noch heute Abend auf. Dann kannst du morgen unterschreiben und bist anschließend ein freier Mann.“

An diesem Abend saß er in tiefster Verzweiflung auf seiner Pritsche und stellte sich der Tatsache, dass er aufgegeben hatte. In diesem Augenblick spürte 1.000 Kilometer entfernt seine Familie durch den Heiligen Geist die Verzweiflung des Gefangenen. Sie knieten sich in der Ecke des Raumes im Kreis hin und begannen, laut für ihn zu beten. Als am nächsten Morgen die Wärter mit den Papieren in seine Zelle marschierten, war Dmitris Rücken gerade, seine Schultern breit und aus seinem Gesicht und seinen Augen strahlte eine tiefe Kraft. Er erklärte: „Ich unterschreibe gar nichts!“ Die Wärter sahen ihn ungläubig an. „Was ist passiert?“, fragten sie. Dmitri lächelte und sagte:

„In der Nacht hat Gott mich die Stimmen meiner Frau, meiner Kinder und meines Bruders hören lassen, wie sie für mich beteten. Ich weiß jetzt, dass meine Frau lebt und gesund ist und dass meine Söhne bei ihr sind. Und ich weiß auch, dass sie alle nach wie vor Christus angehören. Darum unterschreibe ich nichts!“

„Ich bin ein Kind des lebendigen Gottes!“

Seine Verfolger fuhren fort, ihn zu drangsalieren. Doch Dmitri blieb treu. Eines Tages war er schier überwältigt von Gottes Großzügigkeit, als er im Gefängnishof ein ganzes, großes Blatt Papier fand. „Und Gott hatte sogar einen Bleistift dazugelegt!“, staunte Dmitri. Dann fuhr er fort: „Ich wusste, dass das wahrscheinlich verrückt war, aber ich konnte nicht anders. Ich füllte beide Seiten des Blattes mit so viel aus der Bibel, wie ich konnte. Dann klebte ich das ganze Blatt an diesen nassen Betonpfeiler. Mein Wärter sah es natürlich auch. Ich wurde geschlagen und bestraft. Und dann hieß es, dass sie mich jetzt hinrichten würden.“

Sie schleiften Dmitri aus seiner Zelle hinaus und den Mittelgang des Gebäudes entlang. Aber da geschah das Unglaubliche: Bevor sie die Tür zum Hof erreichten, wo sie Dmitri erschießen wollten, standen 1.500 hartgesottene Kriminelle neben ihren Pritschen stramm, ihre Gesichter nach Osten gerichtet, und begannen zu singen. 1.500 Kriminelle erhoben die Arme und sangen das Jesuslied, das Dmitri ihnen all die Jahre jeden Morgen vorgesungen hatte. Dmitris Wärter ließen ihn augenblicklich los und wichen zur Seite, die Gesichter voller Angst. Einer fragte mit zitternder Stimme: „Wer bist du?“ Dmitri richtete sich so hoch und stolz auf, wie er konnte, und erwiderte: „Ich bin ein Kind des lebendigen Gottes, der Jesus heißt!“ Die Wärter führten ihn in seine Zelle zurück. Nicht lange danach wurde er freigelassen und konnte zu seiner Familie zurückkehren.

 

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Buch und DVD

Die Geschichte ist ein gekürzter Auszug aus dem Buch „Gottes unfassbare Wege“ von Nik Ripken, der erzählt, wie sein Glaube an Jesus durch Begegnungen mit verfolgten Christen radikal erneuert wurde.

Seinen Bericht gibt es neben dem Buch auch als Film auf DVD. Sehen Sie hier den Trailer:
 

Video: Gottes unfassbare Wege (Trailer)

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