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China: Warum fühlt sich das Regime von Christen bedroht?

Chinesischer Leiter sieht Untergrundkirchen durch Überwachung grundsätzlich gefährdet

(Open Doors, Kelkheim) – Seit 10 Jahren zählt China erstmals wieder zu den ersten 20 Ländern auf dem Weltverfolgungsindex. Das Nachrichtenportal Christian Today (CT) hat den China-Experten Ron Boyd-MacMillan (RBM) zu den Hintergründen der negativen Entwicklung und den Auswirkungen der Pandemie auf die Christen befragt. Boyd-MacMillan ist langjähriger Mitarbeiter von Open Doors und leitet aktuell die Abteilung Strategische Forschung. Wir geben einen Auszug wieder; das vollständige Interview ist unter www.christiantoday.com/article/136283 nachzulesen (Englisch).

CT: Wie hat sich das Coronavirus auf die Religionsfreiheit in China ausgewirkt? Hat es die Situation für Christen dort verschlimmert?

RBM: Es hat alle Kirchen für eine ganze Weile daran gehindert, sich zu treffen; die Leiter sagten, dass das schmerzte, weil die Kirche eine physische Gemeinschaft ist. Die stärkste Auswirkung war aber, dass die Christen der Regierung Informationen über ihre Smartphones zur Bekämpfung von Covid überlassen mussten. Die Leute waren hin- und hergerissen. Sie wollten, dass die Regierung sie vor den Schäden durch Covid schützt. Wie ein Christ in Wuhan sagte: Was ist der Sinn von Freiheit, wenn man zu viel Angst hat, sein Haus zu verlassen? Andererseits bedeutete die Weitergabe von so vielen Informationen über Aufenthaltsorte und Gewohnheiten an die Regierung im Grunde, dass sie immer weiß, wo man ist und was man tut. Ein christlicher Leiter sagte: 2020 könnte als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Möglichkeit starb, als Kirche im Untergrund zu existieren.

Eine Bibelschule im Untergrund – bald nur noch unter Beobachtung möglich?
Eine Bibelschule im Untergrund – bald nur noch unter Beobachtung möglich?

CT: Es gibt aus ganz China Berichte, dass sich die Behörden zunehmend in die Belange der Kirchen einmischen. Warum, glauben Sie, ist diese Einmischung eskaliert?

RBM: Das geschieht schon seit einer Weile, im Wesentlichen seit 2013, als Xi Jinping Präsident wurde. Er hat eine neue Ära der Kontrolle und Konformität eingeleitet und eine ältere ideologische Komponente eingeführt, indem er darauf bestand, dass jeder seine Loyalität gegenüber der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ausdrückt.

CT: Warum glauben Sie, dass sich die KPCh von Christen und Kirchen so bedroht fühlt?

RBM: Kurz gesagt wegen ihres Wachstums. Im Weltverfolgungsindex 2021 schätzt Open Doors die Zahl der chinesischen Christen auf 97 Millionen, obwohl diese Zahl von einigen sehr gut informierten Quellen noch höher eingeschätzt wird. Wenn die chinesische Kirche mit der gleichen jährlichen Rate wie seit 1980 weiterwächst, nämlich um sieben Prozent, dann wird die Zahl der Christen 2030 fast 300 Millionen betragen, und im Jahr 2040 fast 600 Millionen. Wir wissen, dass die chinesische Führung auf langfristige Planung spezialisiert ist, und wenn dieses Wachstum anhält, wird die KPCh die Macht mit der christlichen Kirche teilen müssen eine Aussicht, die sie entsetzt.

CT: Glauben Sie, dass das harte Durchgreifen in ganz China ein „Plateau“ erreicht hat, oder denken Sie, dass es in diesem Jahr zu einer weiteren Eskalation kommen könnte? Es scheint, als gäbe es wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung?

RBM: Im Moment ist die Lage ohnehin sehr angespannt, mit wenig Aussicht auf eine baldige Lockerung. Eine Verschlechterung könnte darin bestehen, dass christliche Aktivitäten als negativ gewertet werden und das Ranking im Sozialkredit-System eines Bürgers herabgesetzt wird, aber dieses System muss noch vollständig ausgearbeitet werden. Auf der anderen Seite hoffen chinesische Christen immer noch, dass ihre Regierung lernt, Christen als Hilfe und nicht als Bedrohung für ihre Bemühungen zu betrachten, China zu einer besseren Gesellschaft zu machen. […]

Zum Beispiel gibt es in China 278 Millionen Menschen über 60. Die chinesische Regierung wird Verbündete brauchen, um mit der kommenden Krise in der Sozialfürsorge fertig zu werden. Die Kirche kann helfen, und die westlichen Länder können nützlich sein, indem sie vermitteln, dass Christen Mitgefühl, Fürsorge und Engagement verbreiten alles entscheidende Komponenten beim Aufbau einer sichereren, besseren und gerechteren Gesellschaft.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2021 steht China an 17. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

Quellen: Christian Today, Open Doors

Bitte beten Sie für die Christen in China:

  • Danken Sie für das erstaunliche Wachstum der chinesischen Kirche seit so vielen Jahren.
  • Beten Sie um Weisheit und Schutz für die zahlreichen Untergrundgemeinden angesichts der drastisch ausgebauten Überwachungsmaßnahmen.
  • Beten Sie, dass die Christen in China unerschütterlich ihren Glauben ausleben und sich trotz aller drohenden oder bereits wirksamen Nachteile weiter fröhlich zu Jesus bekennen.
  • Beten Sie für alle geistlichen Leiter, dass sie inmitten der umfassenden Veränderungen ihre Gemeinden gut anleiten und im Glauben stärken können.

Vielen Dank für Ihr Gebet

Unser Gebet macht einen Unterschied – wie viel es unseren verfolgten Geschwistern bedeutet, lesen Sie hier

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