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Gefangen in Eritrea II: Von Glaubenstreue und Bekennermut

Drei Christen berichten von Lagerhaft - Gemeinsam gelang ihnen die Flucht

(Open Doors) - John Wolde, Paul Kiros und Peter Selam aus Eritrea leben heute in einem anderen Land. Die Männer wurden während ihres Wehrdienstes eingesperrt, weil sie sich im Militärlager heimlich mit anderen Christen zu Gebetstreffen versammelt hatten. Gegen sie wurde - wie bei Verhaftungen von Mitgliedern von "Untergrundgemeinden" in Eritrea üblich - weder offiziell Anklage erhoben, noch ein Verfahren eröffnet. Auch hatten sie keinen Rechtsbeistand sowie Kontakt zur Außenwelt, etwa zu ihren Familien. Rund 1.500 Christen sind aufgrund ihres Glaubens in Militärlagern, unterirdischen Zellen und Frachtcontainern eingesperrt, berichteten einheimische Kirchenleiter dem Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors. Dort sind die Häftlinge Folter und Misshandlung ausgesetzt.

Ein Mitarbeiter des international tätigen Werkes traf die drei Christen, denen gemeinsam die Flucht aus einem Gefangenenlager gelang. Mehrmals boten ihnen Lageraufseher die Freilassung an. Dazu hätten sie lediglich ein Dokument unterzeichnen müssen, mit dem sie ihren christlichen Glauben widerrufen. In den neun bzw. acht Jahren ihrer Gefangenschaft weigerten sich die Männer immer wieder, den Widerruf zu unterzeichnen.

Lesen Sie hier die Schilderungen von John Wolde, Paul Kiros und Peter Selam. Zu ihrem Schutz und der ihrer Angehörigen in Eritrea werden ihre richtigen Namen und genaue Ortsnamen nicht genannt.

In Frachtcontainern dieser Art sind Christen in Eritrea eingesperrt/Symbolfoto: Open DoorsContainerhaft und Zwangsarbeit

Mehr als ein Jahr waren John Wolde und Paul Kiros in einem Metallschiffscontainer (Symbolfoto) eingesperrt. Am Tag, bei Außentemperaturen von über 40 Grad, war es darin unerträglich heiß und stickig. Nachts sanken die Temperaturen rapide. Paul Kiros berichtete:

"Im Lager mussten wir hart arbeiten, entweder auf dem Feld, im Bergbau oder wir bauten irgendwelche Gebäude im Auftrag der Regierung. Und immer bei glühender Hitze. Kein Schatten weit und breit. Jeden Tag mussten wir unter diesen Bedingungen schuften. Pausenlos! Unsere Familien durften uns nicht besuchen. Meine Eltern wussten zu dem Zeitpunkt nicht einmal, ob ich überhaupt noch lebe. Viele Gefangene haben das Lager nicht überlebt und wurden irgendwo begraben. Ihre Familien wissen nicht wo. Das trifft für alle Christen in den Gefängnissen von Eritrea zu: kein Prozess. Direkt eingesperrt, für eine sehr lange Zeit."

Hubschrauber-Folter

John Wolde berichtete: "Mehrmals wurden wir bedroht und aufgefordert, unseren Glauben an Jesus zu widerrufen. Aber wir weigerten uns. Daraufhin wurden wir bestraft. Manchmal gaben die Wärter uns weder Essen noch Wasser. Dennoch mussten wir in der heißen Sonne weiter arbeiten. Sie quälten uns mit der "Hubschrauber"-Folter. Dabei banden sie uns Hände und Füße auf dem Rücken zusammen und ließen uns stundenlang in dieser Position liegen. Die Sonne verbrannte unsere Haut. Diese Folter war unglaublich schmerzvoll. Die Polizei drohte außerdem damit, unsere Verwandten abzuholen und sie einzusperren, wenn wir unseren Glauben nicht aufgeben. Wir sollten eine Erklärung unterschreiben. Darin stand, dass wir ab sofort nicht mehr predigen und keine anderen Christen treffen würden. Wörtlich hieß es: 'Ich werde nicht über Jesus sprechen. Ich werde von nun an Marxist sein.'" Insgesamt waren Paul Kiros und John Wolde neun Jahre lang in verschiedenen Gefangenenlagern.

Eritrea/Symbolfoto: Hubschrauber-FolterUnterirdische Zellen

Peter Selam war für zwei Jahre in Militärhaft im Sawa-Ausbildungslager im Westen des Landes nahe der Grenze zum Sudan und weitere sechs Jahre in verschiedenen Gefängnissen eingesperrt. Peter Selam berichtete: "Fünf Monate lang steckten sie mich in eine Zelle unter der Erde. Es war so eng und beklemmend dunkel. Nur durch ein kleines Loch drang Licht hinein. Ich konnte kaum liegen, geschweige denn stehen. Als sie mich wieder aus dieser Zelle herausholten, fiel mit das Laufen schwer. Das Tageslicht blendete mich und schmerzte in meinen Augen. Ich glaubte zunächst, das Schlimmste sei nun vorbei. Doch sie steckten mich in eine andere Untergrundzelle. Dort war völlige Dunkelheit. Sechs Monate lang kein Tageslicht. Ich war fast blind, als ich wieder rauskam. Doch ich danke Gott dafür, dass meine Augen langsam wieder heilten." (Symbol-Foto: Hubschrauber-Position/Open Doors)

Eines Tages wurde Peter Selam ohne Erklärung entlassen, doch vier Stunden später wieder festgenommen. Ebenfalls ohne Begründung. Während der Jahre aus Zwangsarbeit und Gefangenschaft blieb er standhaft in seinem Bekenntnis zu Jesus Christus. "Ich bat Gott darum, mir die Kraft zu geben, durchzuhalten", erinnerte er sich. "Immer wieder forderte mich die Polizei auf, meinen Glauben zu widerrufen und Marxist zu werden. Ich weigerte mich und sagte stattdessen, wenn ich Jesus verleugne, so werde auch er mich im Himmel verleugnen. Dann wären all die Jahre des Leidens vergebens gewesen."

Prekäre Haftbedingungen

Peter Selam berichtete weiter: "Die Zellen waren sehr verdreckt. Es gab keine Waschgelegenheiten, keine Reinigung und das Essen war sehr knapp. Viele Male gab es nur Brot oder auch gar nichts. Das Wasser war verschmutzt. Viele Gefangene litten an Unterernährung und wurden krank. Einen Doktor aufzusuchen, war uns nicht erlaubt. Und so sind viele gestorben, an Hunger oder Krankheit. Es war wirklich traurig. Die Wärter schlugen uns ohne Grund. Einfach so. Einige Gefangene hatten gebrochene Hände, Beine oder Rippen. Kein Arzt kümmerte sich um uns. Viele erlagen ihren Verletzungen oder den Infektionen. Ich denke, manche starben auch, weil sie die Hoffnung verloren haben. Ihre Herzen haben einfach aufgehört zu schlagen."

Gelungene Flucht

Wolde, Kiros und Selam ermutigten sich gegenseitig, nicht aufzugeben. Gemeinsam wollten sie bei einer günstigen Gelegenheit fliehen. An einem Abend war es soweit. Im Schutz der Dunkelheit rannten sie geduckt los, sprangen über den Sicherheitszaun und liefen um ihr Leben. Ihre Flucht blieb nicht unentdeckt. Die Wärter eröffneten das Feuer aus mehreren Richtungen. John Wolde, Paul Kiros und Peter Selam rannten um ihr Leben. Dabei verloren sie den Kontakt zueinander. Lange Zeit wussten sie nicht, wer noch überlebt hat. Nach sechs Tagen Fußmarsch erreichte Peter Selam die Grenze eines Nachbarlandes und von dort ein Flüchtlingslager. Als letzter der drei: Denn seine zwei Freunde hatten bereits vor ihm das Lager erreicht. Überglücklich schloss er Paul Kiros und John Wolde in seiner Arme.

Neuanfang

Gemeinsam verließen die Männer das Flüchtlingslager, denn sie wurden gewarnt. Es sei schon vorgekommen, dass geflohene Gefangene nach Eritrea ausgeliefert wurden. Mit Hilfe örtlicher Christen kamen sie in einem Zufluchtshaus unter. Dort warten sie nun auf eine Gelegenheit, an einen sicheren Ort ein neues Leben zu beginnen. Am Ende des Gespräches mit einem Mitarbeiter von Open Doors sagte Peter Selam: "Als ich in dem Zufluchtshaus zurückblickte auf die vergangenen Jahre, sah ich, dass ich nicht nur meine Freiheit verloren hatte, sondern auch viel Zeit. Ich konnte nicht weiter zur Schule gehen, meine Fähigkeiten nicht ausbauen. Ich konnte nicht heiraten und eine eigene Familie gründen. Jetzt bin ich beinahe 40 Jahre alt und muss von vorne beginnen, aber…", Selam lächelte und beendete den Satz, "aber ich habe noch immer Jesus. Und er ist all dies wert."

Gebetsanliegen:

  • Beten Sie, dass den drei Männern der Neuanfang gelingt.
  • Danken Sie, dass sie die Gefangenschaft durchgestanden haben und dabei in ihrem Glauben gefestigt wurden.
  • Beten Sie für jene Christen, die in Militärlagern, Schiffscontainern oder anderen Gefängnissen sitzen und vor der Wahl stehen, entweder ihren Glauben an Jesus zu verleugnen und damit freizukommen oder daran festzuhalten.