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Eritrea


Christenverfolgung in Eritrea
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Die Regierung weigert sich, religiöse Gruppen anzuerkennen, die nicht dem sunnitischen Islam, der eritreisch-orthodoxen, katholischen oder lutherischen Kirche angehören. Christen solcher nicht anerkannter Kirchen haben ernsthafte Probleme beim Zugang zu gemeinschaftlich genutzten Ressourcen, insbesondere zu den vom Staat bereitgestellten Sozialdiensten. Junge Menschen werden zum Militärdienst gezwungen. Christen haben nicht das Recht, den Kriegsdienst aus Gewissensgründen zu verweigern. Wer während des Wehrdiensts bei der Ausübung einer nicht anerkannten Religion entdeckt wird, muss mit strengen Strafen rechnen. Der extreme Druck und das sehr hohe Ausmaß an staatlich sanktionierter Gewalt bringen manche Christen dazu, aus dem Land zu fliehen. Sowohl Christen mit muslimischem Hintergrund als auch Christen, die die Eritreisch-Orthodoxe Kirche (EOK) verlassen haben und sich einer protestantischen Freikirche angeschlossen haben, erfahren von ihren Familien und ihrem Umfeld Druck und Verfolgung.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Das politische System Eritreas wird von Präsident Isayas Afewerki beherrscht, der seit der De-jure-Unabhängigkeit Eritreas im Jahr 1991 an der Macht ist. Seine Partei, die „Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit“ (People’s Front for Democracy and Justice, PFDJ), ist die einzige politische Kraft im Land. Ihr Programm stützt sich auf den Personenkult um den Präsidenten und den „Befreiungskampf“ Eritreas gegen Äthiopien, der von 1961 bis 1991 andauerte. Eritreern wird beigebracht, dass die nationale Identität wichtiger ist als individuelle Rechte und ethnische Zugehörigkeit. Menschenrechtsorganisationen halten Eritrea für eines der repressivsten Länder der Welt. Politische Proteste sind nicht erlaubt, und es gibt keine unabhängigen Medien im Land.
Früher war Eritrea ein föderaler Bestandteil Äthiopiens, was zur Bildung einer eritreischen Befreiungsbewegung führte, die mehrheitlich von Muslimen geführt wurde. Die meisten eritreisch-orthodoxen Christen hatten eine enge Beziehung zur Äthiopisch-Orthodoxen Kirche und hielten die Aktion der Muslime für gefährlich. Einige islamisch-extremistische Gruppen betrachteten umgekehrt die orthodoxen Christen als große Bedrohung für das Streben nach Unabhängigkeit. Seit dieser Zeit stehen sich die beiden Seiten mit Misstrauen gegenüber.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
1.709.000 |
46,7 |
Muslime |
1.882.000 |
51,4 |
Anhänger ethnischer Religionen |
22.100 |
0,6 |
Agnostiker |
46.300 |
1,3 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Viele Christen leben im Hochland Eritreas, während Muslime im Tiefland den größten Teil der Bevölkerung ausmachen. Islamische Unterdrückung findet sich daher vor allem im Tiefland, sowohl in den westlichen als auch östlichen Teilen des Landes. Konfessioneller Protektionismus konzentriert sich auf die Hochebenen im Zentrum von Eritrea.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Konfessioneller Protektionismus
Die EOK hat eine lange Tradition im Land und betrachtet Christen mit anderem Hintergrund, besonders Christen der Pfingstbewegung, als fremd. Doch auch orthodoxe Christen erfahren Druck von außen. So erleben sie etwa die Einmischung in innerkirchliche Angelegenheiten einschließlich der Überwachung kirchlicher Leiter, Gewalt, Intoleranz und Diskriminierung durch die Regierung und durch islamische Unterdrückung.
Diktatorische Paranoia
Seit dem Unabhängigkeitsreferendum von 1993 übt die PFDJ volle Kontrolle über Eritrea aus. Die Partei regiert in einem Einparteiensystem unter der Führung von Präsident Afewerki. Das Regime unternimmt alles, um seine Macht zu erhalten. Regimekritische Christen werden verhaftet, schikaniert und getötet, oft unter dem Vorwand, sie seien Agenten des Westens.
Islamische Unterdrückung
Ungefähr die Hälfte der eritreischen Bevölkerung besteht aus Muslimen. Von ihnen sind nahezu alle Sunniten. In den meisten Gebieten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit sind Christen und insbesondere christliche Konvertiten besonders gefährdet. Eine Hinwendung zum christlichen Glauben gilt als Verrat an der Gemeinschaft, der Familie und dem islamischen Glauben. Obwohl extremistische Gruppierungen auf die Gründung eines islamischen Staates drängen, wurde dies bisher durch den Totalitarismus der Regierung in entscheidender Weise verhindert.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Eritrea ist eines der korruptesten Länder der Welt. Laut dem Bericht von Transparency International aus dem Jahr 2021 belegt Eritrea Rang 161 von 180 Ländern. Die Korruption betrifft insbesondere das Militär, das viele Lebensbereiche im Land kontrolliert.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Aufgrund des von der Regierung ausgeübten Drucks sinkt die Zahl der ausländischen Christen zunehmend. Diese Christen haben Schwierigkeiten, sich im Land frei zu bewegen und sich mit anderen Christen zu treffen.
Christen aus traditionellen Kirchen
Diese Gruppe ist die größte im Land und umfasst Christen der EOK, der Anglikanischen Kirche, der Evangelisch-Lutherischen Kirche sowie der Römisch-Katholischen Kirche. Diese Christen leben hauptsächlich in den christlich geprägten Gebieten in der Mitte und im Süden des Landes. Sie werden zum einen von islamischer Unterdrückung beeinträchtigt und sind zum anderen auch von staatlichen Maßnahmen betroffen.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Diese Gruppe schließt sowohl Christen ein, die traditionelle Kirchen (insbesondere die EOK) verlassen und sich protestantischen Freikirchen angeschlossen haben, als auch Christen mit muslimischem Hintergrund. Ersteren widerfährt starke Gewalt, Intoleranz und Diskriminierung durch die EOK, zweiteren durch ihre muslimischen Familien und die muslimische Gesellschaft.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Diese Gruppe ist der härtesten Verfolgung im Land ausgesetzt. Sie besteht aus Christen evangelikaler, baptistischer und pfingstlerischer Gemeinden. Sie werden von der Regierung als „Agenten des Westens“ angesehen. Insbesondere Pfingstgemeinden sind ernsthaftem Druck und Gewalt ausgesetzt. Ihre Rechte werden regelmäßig von Regierungsvertretern und der EOK verletzt.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Das Recht auf freie Meinungsäußerung in all seinen Formen ist eingeschränkt. Privathäuser von Christen werden zum Ziel von Durchsuchungen. Verhaftungen und Beschlagnahmung von christlichem Material sind die Folgen. Oft wird die staatliche Überwachung so lange fortgesetzt, bis die Behörden geheime Zellgruppen aufdecken, um danach Verhaftungen ganzer Gemeinden vornehmen zu können. Dies trifft auf alle Christen zu, selbst auf diejenigen aus registrierten Kirchen. Der gesamte Alltag wird kontrolliert: Telefongespräche werden überwacht, die Bandbreite des Internets wird gering gehalten, und ein Netz von Bürgern ist damit beauftragt, ihre Nachbarn auszuspionieren. Beobachter vergleichen das Ausmaß an Überwachung sogar mit demjenigen in Nordkorea.
Familienleben
Die Rechte von Eltern sind eingeschränkt, besonders von christlichen Eltern aus protestantischen Freikirchen. Wer sich gegen die Regierung stellt, riskiert Verhaftung, Folter und die Verweigerung von Rechtsschutz. Die staatliche Propaganda in Schulen und beim Militärtraining für Jugendliche widerspricht oft direkt christlichen Werten. Der Begriff „Pentay“ wird abwertend für Christen benutzt, die nicht der EOK angehören. Kinder von Eltern, die als Pentays bekannt sind, sind häufig beträchtlichem Druck vonseiten ihrer Lehrer und Mitschüler ausgesetzt. Kinder werden häufig stigmatisiert, schikaniert oder sogar angegriffen, besonders wenn ihre Eltern im Gefängnis sind oder waren. Oft sind Familienmitglieder gezwungen, aus dem Land zu fliehen, wobei sie schutzbedürftige Verwandte zurücklassen müssen.
Die Verwicklung Eritreas in den Krieg in Tigray (Äthiopien) hat den Druck auf Familien weiter erhöht. Die Zwangsrekrutierung hat zugenommen, Widerstand dagegen wird nicht geduldet. Familienmitglieder von Jugendlichen, die vor der Rekrutierung fliehen, werden bestraft.
Gesellschaftliches Leben
Es gibt in Eritrea ein Netzwerk von Bürgern (insbesondere Frauen, die früher Freiheitskämpferinnen waren und nun der herrschenden Partei angehören), das damit beauftragt ist, die Aktivitäten ihrer Nachbarn zu überwachen. Diese Informanten berichten den Behörden von jedem, der verdächtigt wird, Treffen von Untergrundkirchen auszurichten. Die staatliche Überwachung der Internetnutzung und der Telekommunikation zwingt viele Christen zu äußerster Vorsicht, um sich und andere nicht in Gefahr zu bringen.
Leben im Staat
Die Regierung hat klar zum Ausdruck gebracht, dass nur die vier offiziell anerkannten Religionsgruppen im Land geduldet sind und aktiv sein dürfen: der sunnitische Islam, die EOK, die Lutherische Kirche und die Römisch-Katholische Kirche. Der Patriarch der EOK wird von der Regierung ernannt. Jeder Widerspruch eines religiösen Oberhauptes kann zu dessen Amtsenthebung und Verhaftung führen, wie es im Jahr 2007 geschah. Die Verweigerung der Anerkennung durch den Staat wird von den lokalen Behörden als ausreichender Grund angesehen, um Christen, die nicht registrierten Gemeinschaften angehören, zu verhaften und einzuschüchtern. Zu den Strafen kann die Einweisung in eines der Gefangenenlager gehören, die sich in entlegenen Regionen des Landes befinden. Bei der Entlassung aus einem solchen Gefängnis wird der Person befohlen, ihren Glauben zu widerrufen und sich in regelmäßigen Abständen bei der Polizei zu melden. Die Regierung betrachtet die Zivilgesellschaft und politische Parteien als Staatsfeinde.
Kirchliches Leben
Alle Kirchen stehen unter staatlicher Überwachung. Am stärksten werden jedoch die nicht registrierten Kirchen überwacht und in ihren Tätigkeiten behindert. Kirchliche Leiter werden gezielt angegriffen und riskieren Verhaftung, Folter, den Hungertod und Zwangsarbeit. Sogar orthodoxe Kirchen stehen unter dem Druck, nichts zu predigen, was als regierungsfeindliche Botschaft aufgefasst werden könnte. Die Regierung mischt sich zudem in die Ernennung religiöser Leiter der registrierten Kirchen ein.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
- Ende des Jahres 2021 wurden mehrere Christen verhaftet. 13 Christen, die zusammen Weihnachten in einem Privathaus feierten, wurden am 25. Dezember verhaftet und im Gefängnis „Mai Serwa“ außerhalb der Hauptstadt Asmara festgehalten. Zwei von ihnen wurden in das Polizeirevier 2 von Asmara gebracht.
- Im neuen Jahr wurden 12 christliche Studenten aus Barentu (sechs Männer und sechs Frauen) sowie 13 Christen aus Asmara verhaftet und inhaftiert.
- In der Woche vom 13. März 2022 nahm die Polizei 29 evangelikale Christen einer Pfingstgemeinde fest, als sie beteten. Die Behörden durchsuchten ihre Häuser in Asmara und inhaftierten die Christen im Mai-Serwa-Gefängnis.
- Eritreische Sicherheitskräfte drangen um den 5. September 2022 in die katholische Kirche „Akrur Medhanealem“ in der Ortschaft Akrur ein und nahmen mehrere junge Menschen fest, die dort beteten. Die Sicherheitskräfte nahmen bei der Razzia auch die Diakone, Mitglieder des Chors und andere am Gottesdienst Beteiligte fest.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
4 |
89 |
2022 |
6 |
88 |
2021 |
6 |
88 |
2020 |
6 |
87 |
2019 |
7 |
86 |
Die Punktzahl hat sich im Vergleich zum Weltverfolgungsindex 2022 um einen Punkt erhöht, was hauptsächlich auf eine Zunahme der Gewalt zurückzuführen ist. Der durchschnittliche Druck auf eritreische Christen ist in allen ihren Lebensbereichen nach wie vor extrem und unerträglich hoch. Am stärksten ist der Druck in den Bereichen des Lebens im Staat und im Bereich des kirchlichen Lebens. Damit zeigt sich, dass das Vorgehen der Regierung hauptverantwortlich für den Druck auf Christen im Land ist.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Christinnen befinden sich im Zangengriff – einerseits von der eritreischen Regierung und andererseits von der Gesellschaft. Christliche Konvertitinnen sind Entführungen (einschließlich Brautentführungen) innerhalb ihres sozialen Umfelds, Hausarrest, Zwangsheirat, Zwangsscheidung und dem Verlust des Sorgerechts für ihre Kinder ausgesetzt. In Eritrea müssen Frauen wie Männer eine obligatorische militärische Ausbildung absolvieren und Nationaldienst leisten, entweder in der Armee oder in einer Behörde oder einem Projekt der Regierung. Die Grundausbildung erfolgt im berüchtigten „Militärcamp Sawa“. Es handelt sich dabei um ein stark kontrolliertes Umfeld, in dem jedes Verhalten und jeder Glaube genauestens überprüft werden. Hunderte Frauen erleben zudem geschlechtsspezifische Gewalt in Haftanstalten.
Männer
Christliche Männer unterliegen der Wehrpflicht, die sie in ein streng kontrolliertes Umfeld bringt. Angesichts dessen versuchen viele junge Eritreer, aus dem Land zu fliehen. Zu den Arten, wie besonders christliche Männer verfolgt werden, gehören Schläge, Festnahmen und Internierung durch die Regierung, und vor allem die Männer sehen sich zur Flucht aus dem Land gezwungen. Da die meisten Leitungspositionen in den Untergrundkirchen von Männern besetzt sind, führt jede Verhaftung zu einem Leitungsvakuum.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Der Bericht zur internationalen Religionsfreiheit des US-Außenministeriums für 2021 stellt fest: „Behörden hielten Berichten zufolge 24 Zeugen Jehovas weiterhin fest, von denen mehr als die Hälfte bereits seit mehr als 20 Jahren inhaftiert waren, weil sie sich weigerten, Militärdienst zu leisten oder ihrem Glauben abzuschwören. In Haft blieben Berichten zufolge außerdem mindestens 20 muslimische Demonstranten nach Protesten in Asmara im Oktober 2017 und im März 2018. Die Regierung behandelt Zeugen Jehovas weiterhin besonders hart, weil sie sich 1993 weigerten, am Unabhängigkeitsreferendum teilzunehmen, und anschließend den verpflichteten Nationaldienst verweigerten, wofür ihnen die Regierung 1994 die Staatsbürgerschaft entzogen hat. Unter dem Vorwand von Gesetzesverstößen oder aus Gründen der nationalen Sicherheit inhaftiert die Regierung Zeugen Jehovas und Anhänger anderer Religionen und verweigert ihnen weiterhin die Staatsbürgerschaft.“
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Eritrea:
- Beten Sie, dass inhaftierte Christen und ihre Familien durch die Güte und Anwesenheit von Jesus Christus getragen werden.
- Bitten Sie um Weisheit, Urteilskraft und Wagemut für Christen, wenn sie trotz der Gefahr versuchen, sich zu treffen.
- Beten Sie, dass christliche Konvertiten mit muslimischem oder orthodoxem Hintergrund in ihrem Glauben ermutigt und gestärkt werden.