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Jordanien


Christenverfolgung in Jordanien
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Der überwiegende Teil der Christen in Jordanien gehört der Orthodoxen Kirche oder der Römisch-Katholischen Kirche an. Insgesamt haben Christen ein relativ hohes Maß an Religionsfreiheit. Sie werden jedoch in Anstellungsverhältnissen diskriminiert, ihre Aktivitäten werden überwacht und Predigten im öffentlichen Raum eingeschränkt. Wenn ein Christ muslimischer Herkunft offen seinen Glauben bekennt, kann er deshalb geschlagen, verhaftet oder getötet werden.
Nicht anerkannte Kirchen werden unter Umständen von den Behörden schikaniert, insbesondere solche Kirchen, die aktiv das Evangelium weitergeben. Obwohl sich Jordanien gerne als Musterbeispiel für Toleranz und interreligiösen Dialog präsentiert, sind extremistische Sunniten und Dschihadisten, die aus Syrien und dem Irak zurückkehren, weiterhin eine Bedrohung für die christliche Gemeinschaft. In Jordanien gibt es überproportional viele salafistische Muslime, die eine potenzielle Gefahr für die im Land lebenden Christen und generell andersgläubige Gruppen darstellen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Der Demokratieindex 2021, der von der „Economist Intelligence Unit“ herausgegeben wird, stuft Jordanien als autoritäres Regime ein. König Abdullah II. und seine Familie können als Machthaber Regierungen ernennen, Gesetze verabschieden und das Parlament auflösen. „Middle East Concern“ schreibt: „Der Islam ist in der jordanischen Verfassung als Staatsreligion verankert. Gleichzeitig bekennt sich die Verfassung zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung – auch in Bezug auf die Religion – und erklärt, dass die freie Ausübung von Gottesdiensten und religiösen Bräuchen zu gewährleisten ist, sofern diese mit der öffentlichen Ordnung und der Moral vereinbar sind. Nach geltendem islamischem Recht ist es Muslimen faktisch untersagt, ihre Religion zu wechseln. Frauen, die als Muslime registriert sind, dürfen keine Nichtmuslime heiraten.“
Obwohl die Sicherheitslage in Jordanien insgesamt stabil ist, gab es zwischen 2016 und 2019 vier islamistische Anschläge. Menschenrechtsaktivisten haben den jordanischen Machthabern vorgeworfen, die Bedrohung durch den Terrorismus zu nutzen, um die Rechte der Bürger und des Parlaments einzuschränken.
Jordanien beherbergt eine große Zahl von Geflüchteten, vor allem aus dem Irak und Syrien, unter denen sich auch Tausende Christen befinden. Es gibt vermehrt Spannungen zwischen gemäßigten und extremistischen islamischen Kräften in der jordanischen Gesellschaft. Laut dem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit für 2021 (erstellt im Auftrag des US-Außenministeriums) haben religiöse Leiter weiterhin online Hassreden gegen religiöse Minderheiten und diejenigen, die für religiöse Mäßigung eintreten, verbreitet.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
170.000 |
1,7 |
Muslime |
9.796.028 |
95,1 |
Atheisten |
51.343 |
0,5 |
Agnostiker |
254.222 |
2,5 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Christen in Jordanien machen landesweit die gleichen Erfahrungen, obwohl in ländlichen Gebieten die Kontrolle durch das soziale Umfeld wohl größer ist. Ferner ist der Süden des Landes für einen eher konservativ geprägten Islam bekannt.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Christen muslimischer Herkunft stehen unter dem größten Druck. Von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld werden sie sogar mit Gewalt bedroht. Dieselbe Bedrohung geht auch von religiösen und ethnischen Anführern aus. Alle Christen können von der Regierung überwacht werden. Außerdem geraten sie durch Jordanier, die durch die Ideologie des „Islamischen Staates“ (IS) radikalisiert wurden, in Gefahr. Die Regierung hat der Gesellschaft islamische Werte und Gesetze aufgezwungen, obwohl sie nach wie vor für Toleranz und eine friedliche Koexistenz mit anderen Religionen eintritt.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Von dieser Art der Unterdrückung sind vor allem Christen muslimischer Herkunft betroffen. Die Gesellschaft Jordaniens ist weitgehend von Stammesstrukturen geprägt. Diese sind vor allem außerhalb der Großstädte zu finden und in den jordanischen Nationalismus eingeprägt. Nach der massenhaften Zuwanderung von Palästinensern nach dem Krieg mit Israel 1967 unterteilte sich die Gesellschaft in eigentliche Jordanier („Eastbanker“), die aus der Region östlich des Jordan stammen, und palästinensische Jordanier („Westbanker“), die ihre Wurzeln westlich des Jordan haben. Die Eastbanker sind sozial, politisch und wirtschaftlich bessergestellt.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Die größte Gruppe von Christen stellen die orthodoxen und römisch-katholischen Christen. Insgesamt verfügen sie über ein relativ hohes Maß an Religionsfreiheit, können aber auch diskriminiert werden, zum Beispiel im Arbeitsleben.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christen muslimischer Herkunft erleiden aufgrund ihres Glaubens die meisten Übergriffe. Wenn der neue christliche Glaube eines Konvertiten aufgedeckt wird, kann er oder sie Druck und sogar Gewalt durch die Familie, das soziale Umfeld, Regierungsbeamte, nichtchristliche religiöse Leiter und gewalttätige religiöse Gruppen ausgesetzt sein. Insbesondere Kinder von Eltern, die zum christlichen Glauben konvertiert sind, sind gefährdet. Sofern diese Kinder als Muslime registriert sind, wird von ihnen erwartet, dass sie außerhalb ihres Elternhauses ein muslimisches Leben führen und unter anderem am Islamunterricht teilnehmen.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Nach den christlichen Konvertiten sehen sich vor allem Christen aus evangelikalen, baptistischen und pfingstkirchlichen Gruppen mit Widerstand konfrontiert. Das trifft besonders auf Christen zu, die aktiv das Evangelium weitergeben. Sie stehen unter besonderer Beobachtung des Geheimdienstes, und Berichten zufolge haben sie unter dem Druck der Regierung und dem Ausschluss aus dem Arbeitsleben zu leiden. Die meisten protestantischen Freikirchen werden nicht als Kirchen, sondern nur als Vereine anerkannt. Versuche, einen gleichwertigen Status wie andere kirchliche Denominationen zu erlangen, wurden stets abgelehnt.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Den Islam zu verlassen, wird zwar nicht kriminalisiert, ist aber auch nicht erlaubt. Wenn der Glaube christlicher Konvertiten aufgedeckt wird, können sie vor ein Scharia-Gericht gestellt werden, das sie für „religionslos“ erklären würde – mit der Folge, dass alle ihre bestehenden Verträge aufgelöst würden, auch das eheliche Bündnis. Christliche Konvertiten werden oftmals gezielt überwacht und können von der Geheimpolizei schikaniert, an der Beschäftigung im öffentlichen Sektor gehindert und von ihrem Umfeld verstoßen werden. Frauen müssen besonders häufig mit Hausarrest, Zwangsverheiratungen und anderen Maßnahmen zur Wiederherstellung der „Familienehre“ rechnen. Wenn Christen mit Muslimen über ihren Glauben sprechen, kann dies leicht als Versuch der Evangelisierung (die in Jordanien verboten ist) und als Bedrohung der nationalen Sicherheit verstanden werden.
Familienleben
Kinder von Eltern, die christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund sind, oder Kinder mit einer christlichen Mutter und einem muslimischen Vater werden automatisch als Muslime registriert. Eine Änderung dieses Status ist nicht möglich. Somit sind diese Kinder verpflichtet, am Islamunterricht in der Schule teilzunehmen. Im Falle einer Scheidung verliert nach islamischem Recht der Elternteil, der den Islam verlassen hat, das Sorgerecht für die Kinder.
Gesellschaftliches Leben
Besonders intensiv ist die Überwachung (einschließlich der Telefonanrufe und Nutzung sozialer Medien) christlicher Konvertiten, deren Hinwendung zum christlichen Glauben bekannt ist, oder von Personen, die aktiv das Evangelium weitergeben. Es wird von Fällen berichtet, in denen Christen aufgrund ihres Glaubenswechsels immer wieder ihren Arbeitsplatz verloren haben oder ihnen eine Anstellung verwehrt wurde. Bei Beförderungen in der Regierung oder den Streitkräften werden Muslime bevorzugt, obwohl im Parlament neun Sitze für Christen vorgesehen sind und Christen regelmäßig in Ministerämter berufen werden. Da die meisten jordanischen Frauen den Hidschab tragen, fallen christliche Frauen in der Öffentlichkeit stärker auf und werden oft als unangemessen gekleidet angesehen. Das kann zu Belästigungen führen.
Leben im Staat
In der Verfassung Jordaniens ist der Islam als Staatsreligion und die Scharia als wichtigste Grundlage der Gesetzgebung verankert. Es ist illegal, sich offiziell vom Islam abzuwenden, um zu einer anderen Religion überzutreten. Auch jede nichtislamische Missionierung ist gesetzeswidrig. Dies verstößt gegen Artikel 18 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“. Es gibt keinen rechtlichen Mechanismus für einen Wechsel der offiziellen Religionszugehörigkeit vom Islam zu einer anderen (oder keiner) Religion. Grund dafür sind die Apostasiebestimmungen des islamischen Rechts. In Anbetracht der geltenden Gesetze zur Internetkriminalität und der bisherigen Verhaftungen durch die Regierung ist die Redefreiheit in Jordanien eingeschränkt. Christen sind sich der Notwendigkeit bewusst, gezielt kontroverse Äußerungen zu vermeiden, insbesondere solche, die Kritik am Islam, dem Königshaus oder dem Militär üben oder als Missionierung verstanden werden könnten. In Jordanien ist es eine Straftat, den Islam zu beleidigen.
Kirchliches Leben
Die Aktivitäten von Kirchen werden in gewissem Umfang routinemäßig überwacht, was vorgeblich dem Schutz der Kirchen dienen soll. Diese Überwachung kann jedoch gegen die Kirchen verwendet werden, etwa wenn kontroverse Predigten oder Handlungen festgestellt oder Muslime bei der Teilnahme am Gottesdienst angetroffen werden. Der Verkauf von Bibeln und die Verteilung von christlichen Schriften ist nur an bestimmten Orten erlaubt, zum Beispiel in anerkannten Kirchengemeinden und in an sie angeschlossenen kirchlichen Buchhandlungen, nicht aber auf gewöhnlichen Märkten oder in normalen Buchläden.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
Aus Sicherheitsgründen können keine detaillierteren Orts- und Zeitangaben gemacht werden.
- Christen muslimischer Herkunft und Christen, die das Evangelium weitergeben, können regelmäßig zu Verhören vorgeladen werden. Wie lange dieser Vorgang jeweils dauert, ist im Voraus nicht bekannt; ein Verhör kann von 20 Minuten bis zu 12 Tagen dauern.
- Frauen, die sich nicht wie Muslimas kleiden (d. h. keinen Hidschab tragen), laufen Gefahr, belästigt zu werden, und sind ohne erkennbar muslimische Kleidung verletzlicher. Es wird geschätzt, dass mindestens 100 christliche Frauen aus diesem Grund sexuell belästigt wurden. Daher verzichten viele Christinnen vor allem nachts auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder Taxis.
- Mehrere Christen muslimischer Herkunft und Christen, die sich für die Unterstützung und die Anleitung von Konvertiten im christlichen Glauben einsetzen, wurden körperlich oder seelisch misshandelt, meist von den Familien der Konvertiten.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
49 |
65 |
2022 |
39 |
66 |
2021 |
38 |
64 |
2020 |
33 |
64 |
2019 |
31 |
65 |
Die Punktzahl für Jordanien ist im Vergleich zum Weltverfolgungsindex 2022 um einen Punkt gesunken. Der Hauptgrund für diesen kleinen Unterschied ist vor allem eine geringere Zahl an Berichten über Gewalt gegen Christen. So gab es in diesem Jahr keine Berichte über Christen, die ihre Häuser verlassen und eine andere Bleibe innerhalb oder außerhalb des Landes finden mussten. Von anderen Vorfällen wird weiterhin berichtet, wie beispielsweise von körperlichen Misshandlungen hauptsächlich von Konvertiten aus dem Islam.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Christliche Konvertitinnen muslimischer Herkunft sind am stärksten von Verfolgung bedroht, wobei in der Regel die Familie den größten Druck ausübt. Frauen droht Hausarrest, Isolation, Schläge, sexuelle Belästigung, Zwangsverheiratung und in extremen Fällen sogar Mord, der die „Familienehre“ wiederherstellen soll. Christinnen muslimischer Herkunft können offiziell keine männlichen Christen heiraten. Sie müssen außerdem damit rechnen, dass ihre Bewegungsfreiheit vom Staat und von den Familien eingeschränkt wird, um sie beispielsweise daran zu hindern, das Land zu verlassen. Das Personenstandsgesetz Jordaniens erleichtert Hausarrest und Zwangsehen, während das Apostasiegesetz zur Auflösung von Ehen und zum Entzug des Sorgerechts für Kinder berechtigt.
Männer
Alle Christen werden wirtschaftlich diskriminiert. Sie können ihre Arbeitsstelle verlieren, in ihrer beruflichen Entwicklung behindert werden und finanziell ausgebeutet werden. Das bringt Familien in finanzielle Schwierigkeiten und führt zu einem Gefühl der Wertlosigkeit für die Männer. Zusammen mit anderen Arten der Verfolgung kann dies Männer dazu veranlassen, auszuwandern. Nach der Scharia sind Eheschließungen zwischen muslimischen Frauen und nichtmuslimischen Männern nicht erlaubt. Damit die Ehe rechtlich anerkannt ist, muss der Mann zum Islam konvertieren. Dadurch wird ein rechtmäßiger Eheschluss zwischen einem christlichen Mann, der nicht konvertiert ist, und einer Christin muslimischer Herkunft unmöglich. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus der Kultur der Ehre und Schande, weshalb Familien christliche Männer aufgrund ihrer Glaubensentscheidung womöglich angreifen, ausgrenzen und aus ihren Häusern vertreiben. Der Staat setzt Männer mit Verhören durch die Geheimpolizei unter Druck, wovon insbesondere Gemeindeleiter betroffen sind.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Das System Jordaniens diskriminiert tendenziell alle nichtsunnitischen Glaubensgemeinschaften, so etwa Schiiten, Bahai, Drusen, Buddhisten, Hindus, irakische Mandäer und Zeugen Jehovas. Diese Gruppen haben alle keine offizielle Anerkennung. Berichten zufolge ist es für einen Sunniten schwieriger, zum schiitischen Islam zu konvertieren als zum christlichen Glauben.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Jordanien:
- Beten Sie, dass Christen mit muslimischem Hintergrund ausgerüstet, ermutigt und befähigt werden, stark zu bleiben und im Glauben zu wachsen.
- Bitten Sie um mehr Gelegenheiten für Christen, anderen von Jesus zu erzählen.
- Beten Sie, dass der Herr auch weiterhin neue Leiter für die jordanische Gemeinde beruft und befähigt.