Weltverfolgungsindex 2023

Tadschikistan

Christenverfolgung in Tadschikistan

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022

Überblick

Die Regierung übt Druck auf alle „abweichenden“ Gruppen aus, indem die geltenden Gesetze verschärft und rigoros durchgesetzt werden. Einheimische Christen muslimischer Herkunft tragen die Hauptlast der Verfolgung, die sowohl vom Staat als auch von Familie, Freunden und dem sozialen Umfeld ausgeht. Russisch-orthodoxe Kirchen haben die wenigsten Probleme mit der Regierung, da sie normalerweise nicht versuchen, Kontakte zur tadschikischen Bevölkerung aufzubauen. Das Jugendgesetz hat Christen (und andere religiöse Minderheiten) in eine juristische Ungewissheit gebracht, da nicht klar ist, was noch erlaubt ist.

Länderprofil als PDF

Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

Country Dossier als PDF

Länderprofil als PDF

1. Hintergrund

Tadschikistan hat den höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil in Zentralasien, aber es wäre falsch, Tadschikistan als muslimisches Land zu bezeichnen. Siebzig Jahre Atheismus zu Zeiten der Sowjetunion haben ihre Spuren hinterlassen und die säkulare Regierung hat den Islam fest im Griff. Die meisten Bürger folgen eher der islamischen Kultur und nicht so sehr den strengen islamischen Vorschriften. Die meisten Christen sind ethnische Russen und daher russisch-orthodox, aber es gibt auch um die 3.000 Tadschiken, die den christlichen Glauben angenommen haben. Außerhalb der staatlich geführten und kontrollierten Einrichtungen sind religiöse Aktivitäten verboten und insbesondere die Protestanten (die im Gegensatz zu den orthodoxen Christen als Extremisten gelten) sind erheblichen Übergriffen ausgesetzt. Tadschikistan hat eine lange Grenze zu Afghanistan, wodurch ein Eindringen extremistischer islamischer Gruppen und der Handel mit Opium zu befürchten sind.

Im August 2011 wurde ein neues Gesetz zur Regelung religiöser Angelegenheiten in Kraft gesetzt. Es untersagt jegliche religiöse Kinder- und Jugendarbeit mit Bürgern unter 18 Jahren. Dies hatte enorme Auswirkungen auf kirchliche Aktivitäten, da schätzungsweise 50 % aller Christen dieser Altersgruppe angehören. Im Januar 2018 traten Änderungen des Religionsgesetzes in Kraft, die es dem Staat unter anderem ermöglichten, die Anforderungen an religiöse Organisationen zu erhöhen, sodass sie alle ihre Aktivitäten melden und eine staatliche Genehmigung für die Ernennung aller Imame einholen müssen. Am 6. Oktober 2021 führte Tadschikistan neue Strafmaßnahmen gegen den Religionsunterricht von Kindern „im Untergrund“ ein. Das Strafgesetzbuch wurde dahingehend geändert, dass im Falle eines illegalen Religionsunterrichts, einschließlich des Unterrichts über das Internet, eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden kann. Unter dem Vorwand, religiösen Extremismus zu bekämpfen, gehen die Behörden hart gegen Gläubige vor. Dazu gehören Einschränkungen für Hochzeitsfeierlichkeiten und Beerdigungen, ferner ließen lokale Behörden das Tragen von Bärten und Hidschabs verbieten.

Weltanschauungen

Anhänger

%

Christen

64.100

0,6

Muslime

9.748.000

97,9

Atheisten

19.700

0,2

Agnostiker

107.000

1,1

2. Gibt es regionale Unterschiede?

Zu Rechtsverletzungen gegenüber christlichen Gemeinden durch Regierungsbeamte kommt es überall im Land. Der Druck von Familie, Freunden und dem sozialen Umfeld auf christliche Konvertiten ist in ländlichen Gebieten stärker.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Diktatorische Paranoia

Nur staatlich kontrollierte Institutionen sind erlaubt. Der Druck der Behörden ist seit 2015 gestiegen, sodass die Zahl der Razzien bei Versammlungen, die Beschlagnahmungen von christlichem Material und die Zahl der Geldstrafen und Verhöre von Christen zugenommen haben. Protestanten werden als gefährliche Anhänger einer fremdartigen Sekte betrachtet, deren Ziel es sei, das derzeitige politische System zu zerstören.

Islamische Unterdrückung, gemischt mit Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

Wenn einheimische (muslimische) Bürger zum christlichen Glauben konvertieren, werden sie von ihren Familien und Gemeinschaften unter Druck gesetzt und gelegentlich mit körperlicher Gewalt dazu gezwungen, zu ihrem früheren Glauben zurückzukehren, insbesondere in ländlichen Gebieten. Einige christliche Konvertiten werden in Hausarrest genommen oder aus ihren Wohnungen vertrieben. Viele halten ihren christlichen Glauben geheim.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Zu den Christen aus traditionellen Kirchen gehören die Mitglieder der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK). Sie geben das Evangelium unter den Tadschiken nicht weiter, sodass sie ohne große Einmischung arbeiten können, da das tadschikische Regime sie nicht als Bedrohung ansieht. Außerdem will die tadschikische Regierung nicht Russland durch ein Vorgehen gegen die Russisch-Orthodoxe Kirche provozieren.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Christen muslimischer Herkunft stehen unter starkem Druck seitens der Familie und des sozialen Umfelds, da der Glaubenswechsel als Verrat an Volk, Land und Religion angesehen wird, der Schande über die Familie bringt.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Nach den christlichen Konvertiten erfährt diese Kategorie christlicher Gemeinschaften die zweitmeisten Übergriffe (Razzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen), weil sie das Evangelium aktiv weitergibt. Baptisten, evangelikale Christen und pfingstkirchliche Gruppen leiden unter vielen Razzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen durch die Behörden.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 13.8
Familienleben 12.2
Gesellschaftliches Leben 12.3
Leben im Staat 12.8
Kirchliches Leben 13.4
Auftreten von Gewalt 1.1

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Der Religionswechsel ist offiziell erlaubt, gilt aber als Verrat an Familie und Kultur. Das kann zu Gewalt und Druck führen, da Menschen aus dem sozialen Umfeld von christlichen Konvertiten versuchen, diese wieder zur Umkehr zu bewegen. Viele halten ihren christlichen Glauben geheim.

Familienleben

Wenn ein Elternteil zum christlichen Glauben konvertiert, versuchen andere Familienmitglieder, das Sorgerecht für dessen Kinder zu erlangen, um sie nach islamischen Grundsätzen zu erziehen. Nach dem Gesetz dürfen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht an Aktivitäten in Verbindung mit einer Kirche oder Moschee teilnehmen. Christliche Kinder werden von Mitbürgern verleumdet und muslimische Kinder dürfen oft keinen Kontakt zu ihnen haben. Alle Kinder müssen in der Oberschule das Fach „Geschichte der Religionen“ belegen, das aus sunnitisch-muslimischer Sicht unterrichtet wird.

Gesellschaftliches Leben

Nicht-orthodoxe Christen werden von Mitbürgern und örtlichen Beamten unter anderem durch Abhören von Telefonaten überwacht. Sie können schikaniert, verhört und bedroht werden. Dies gilt insbesondere für bereits bekannte christliche Konvertiten.

Leben im Staat

Die Verfassung schützt die Religionsfreiheit. Das Religionsgesetz von 2009/2011 (mit Ergänzungen vom Januar 2018) verpflichtet jedoch alle religiösen Organisationen dazu, sich registrieren zu lassen. Jegliche kirchlichen Aktivitäten von nicht-registrierten Gruppen sind illegal. Es besteht ein Verbot von nicht genehmigtem Religionsunterricht und eine Zensur aller religiösen Inhalte. Das Gesetz zu den Pflichten der Eltern verbietet es Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, sich an den Aktivitäten religiöser Organisationen zu beteiligen.

Kirchliches Leben

Die Gesetze vom August 2011 verbieten jegliche kirchliche Jugendarbeit. Herstellung, Einfuhr, Verkauf und Vertrieb von religiösen Materialien durch registrierte religiöse Gruppen müssen von der Regierung genehmigt werden. Damit sind faktisch alle Materialien verboten, die von nicht-registrierten religiösen Gruppen verwendet werden. Für ausländische Christen gibt es Beschränkungen bei der Einreise nach Tadschikistan. Man benötigt ein besonderes Visum, das sehr schwer zu bekommen ist.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

  • Angriffe auf Kirchen: Im Januar 2022 wurde eine Kirche von den Behörden geschlossen.
  • Angriffe auf Christen: Mindestens 37 Konvertiten, die den christlichen Glauben angenommen haben, sind von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld misshandelt und geschlagen worden.

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr

Platzierung

Punktzahl

2023

44

66

2022

45

65

2021

33

66

2020

31

65

2019

29

65

Die Punktzahl auf dem Weltverfolgungsindex 2023 ist für Tadschikistan um einen Punkt gestiegen. Der Druck im Privatleben und im Bereich des kirchlichen Lebens ist am Höchsten. Die beiden stärksten Triebkräfte der Verfolgung (diktatorische Paranoia und islamische Unterdrückung, letztere vermischt mit Unterdrückung durch den Clan oder Stamm) sind in Tadschikistan in allen Lebensbereichen aktiv. Islamische Unterdrückung (gemischt mit der Unterdrückung durch den Clan oder Stamm) dominiert das Privat- und Familienleben, während diktatorische Paranoia das Leben im Staat und in der Kirche kontrolliert. Beide Triebkräfte wirken im gemeinschaftlichen Lebensbereich zusammen. Muslimische Familien, Freunde und Dorfbewohner üben vor allem auf christliche Konvertiten muslimischer Herkunft Druck aus, während die Regierung den Kirchen viele Einschränkungen auferlegt.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Männer und Frauen sind rechtlich gleichgestellt, aber in der traditionellen Kultur sind die Frauen den Männern unterworfen und häusliche Gewalt ist weit verbreitet. Frauen, die sich vom Islam abgewandt haben, sind besonders von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt bedroht, da sie nicht die Unabhängigkeit oder Freiheit haben, ihre eigene Religion zu wählen. Sie müssen mit Hausarrest, Schlägen, Ablehnung, Belästigung und Zwangsheirat rechnen. Wenn sie bereits verheiratet sind, sind häusliche Gewalt und eine Zwangsscheidung wahrscheinlich. Der Staat verbietet auch das Tragen von religiöser Kleidung oder Symbolen, einschließlich derer, die von Christinnen getragen werden.

Männer

Wie in weiten Teilen Zentralasiens haben Männer in Tadschikistan in der Regel eine Führungsrolle in Familien und Kirchen inne und werden daher in dieser Funktion gezielt angegangen. Sie werden von der Polizei durch Verhöre, Geldstrafen und das Stören von Zusammenkünften unter Druck gesetzt. Der Staat verletzt ihre Religionsfreiheit mit Durchsuchungen, Festnahmen, Verhören, Beschlagnahmungen, Geld- und Freiheitsstrafen. In der Haft werden die Männer verbal und körperlich misshandelt, bedroht, geschlagen und unter Druck gesetzt, Informationen zu liefern. Bekannte christliche Konvertiten können ihren Arbeitsplatz verlieren und werden von ihren Gemeinden und Familien geschlagen, diskriminiert und ausgegrenzt. Beim obligatorischen Militärdienst sind Christen ebenfalls der Verfolgung ausgesetzt.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Tadschikistan ist bekannt für Verstöße gegen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit und damit verbundene Menschenrechte wie die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit. Keine bestimmte religiöse Gruppe ist besonders im Fokus des Staates – alle (Muslime, Christen, Zeugen Jehovas, Juden, Bahais usw.) leiden unter einem hohen Maß an staatlicher Überwachung und Unterdrückung. In einem Bericht der US-Kommission zur internationalen Religionsfreiheit (USCIRF) von 2022 heißt es: „In Tadschikistan sind vermeintlicher Extremismus und Terrorismus strafbar, ohne dass Handlungen erforderlich sind, die Gewalt oder die Anstiftung zu unmittelbar bevorstehender Gewalt beinhalten. Anklagen gegen religiöse Personen werden oft willkürlich erhoben, und in den Prozessen fehlen ordnungsgemäße Verfahren und Verfahrensgarantien.“

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Tadschikistan:

  • Beten Sie besonders für Leiter der Gemeinden. Sie folgen Jesus und dienen seiner Gemeinde unter einem erheblichen Risiko – die Regierung könnte jederzeit gezielt gegen sie vorgehen.
  • Beten Sie für Präsident Emomalij Rahmon, der Tadschikistan seit fast 30 Jahren regiert. Bitten Sie, dass Gott sein verhärtetes Herz weich macht und Präsident Rahmon die Wahrheit des Evangeliums erkennt.
  • Beten Sie für die Partner von Open Doors in Tadschikistan und in ganz Zentralasien – damit sie Christen erreichen und ermutigen können, die alles riskieren, um Jesus nachzufolgen. Bitten Sie um Schutz und darum, dass der Dienst Früchte trägt und das Licht Christi vor den Menschen in der Region leuchtet.

Tadschikistan: Informieren und helfen

Meldungen

Aktuelle Meldungen zu Tadschikistan

Lesen Sie hier aktuelle Nachrichten und persönliche Berichte verfolgter Christen aus den Ländern des Weltverfolgungsindex, und abonnieren Sie unsere kostenlosen Formate.

Beten

Beten

Gebet ist das Erste, um das verfolgte Christen uns bitten und ist daher essenzieller Teil unseres Dienstes. Erfahren sie hier, wie sie konkret für verfolgte Christen beten können.

Spenden

Spenden

Ohne Ihren Einsatz wäre unser weltweiter Dienst nicht möglich. Ihre finanzielle Unterstützung macht einen Unterschied im Leben verfolgter Christen!