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Irak


Christenverfolgung im Irak
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Seit der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) zurückgedrängt wurde, setzen insbesondere von Iran unterstützte schiitische Milizen die Christen im Irak unter Druck. In der ersten Jahreshälfte 2020 verstärkte jedoch auch der IS seine Angriffe auf Zivilisten, Infrastruktur und Sicherheitskräfte. In verschiedenen Gebieten der Autonomen Region Kurdistan setzte die Türkei ihre Luftangriffe und militärischen Operationen am Boden fort. Dabei gingen sie Berichten zufolge gezielt gegen Mitglieder der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) vor. Im Juni 2020 sowie im Mai 2021 führte die Türkei ihre größte militärische Operation in der Region seit 2015 durch. Dabei bombardierten türkische Einheiten auch christliche Dörfer, was einige Christen zur Flucht zwang. Von der Lokalregierung erfuhren die Christen keinen Schutz. Die traditionellen Kirchen (die Assyrische Kirche des Ostens, die Syrisch-Orthodoxe Kirche, die Syrisch-Katholische Kirche, die Chaldäisch-Katholische Kirche und die Armenische Orthodoxe Kirche) sind stark von Gewalt, Intoleranz und Diskriminierung betroffen. Diese gehen besonders von islamisch-extremistischen Bewegungen und nichtchristlichen religiösen Leitern aus. Auch seitens der Behörden erfahren Christen Diskriminierung. Vor einigen Jahren bedrohten islamische Extremisten das katholische Seminar in Bagdad so massiv mit Entführungen und Angriffen, dass es in die Autonome Region Kurdistan umziehen musste. Evangelikale Gemeinden in Bagdad und Basra sind ebenfalls von Gewalt durch islamisch-extremistische Gruppen und nichtchristliche religiöse Leiter betroffen und werden durch die Behörden diskriminiert. Christen mit muslimischem Hintergrund erfahren den meisten Druck von Familienmitgliedern und halten ihren Glauben oft geheim. Sie riskieren, ihr Erbrecht zu verlieren, sowie das Recht und die Mittel zu heiraten. Die Abkehr vom Islam kann sogar in der eher gemäßigt islamischen Autonomen Region Kurdistan gefährlich sein. Ein Wechsel der Kirchenzugehörigkeit (etwa aus einer orthodoxen Kirche zu einer freikirchlich-protestantischen Gemeinde) wird häufig mit dem Entzug von Rechten bestraft. Es ist bekannt, dass Leiter orthodoxer und katholischer Kirchen sich weigern, Eheschließungen für Mitglieder durchzuführen, die protestantische Kirchen besuchen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Der Diktator Saddam Hussein wurde 2003 durch eine von den USA geführte Militäraktion gestürzt. In dem entstandenen Machtvakuum flammte religiös motivierte Gewalt auf, insbesondere zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen. Die Christen gerieten dabei zwischen die Fronten. Nach der anglo-amerikanischen Invasion im Jahr 2003 nahmen antiwestliche und islamisch-extremistische Ansichten zu. Dies trug zu Verletzungen der Religionsfreiheit gegenüber irakischen Christen bei. Eine Massenflucht aus dem Land begann, umso mehr, als der IS im Juni 2014 ein Kalifat ausrief. 2016 wurden große Teile des IS-Gebiets zurückerobert. Die Christen begannen daraufhin, in die befreiten, zuvor mehrheitlich christlichen Städte in der Nähe von Mossul zurückzukehren, darunter auch Karakosch. Im Dezember 2017 verkündete der damalige Ministerpräsident die erfolgreiche Vertreibung des IS aus dem Irak durch die irakischen Streitkräfte. Der Einfluss des IS bleibt jedoch in der Region bestehen.
Christen sind in der Politik mit 1–3 Prozent der Parlamentssitze sehr gering vertreten. Mehrere schiitische Parteien unterhalten gute Beziehungen zur Islamischen Republik Iran. Die Regierung in Bagdad übt Druck auf die kurdische Regionalregierung aus, sich weiter zu islamisieren. Der Islam ist Staatsreligion – kein Gesetz darf den islamischen Lehren zuwiderlaufen. Es herrscht eine Atmosphäre der Instabilität und Fragilität angesichts der religiös motivierten Konflikte, die im Parlament und auf den Straßen ausgetragen werden. Obwohl der Irak ein ethnisch und religiös vielfältiges Land ist, erlebt die Gesellschaft eine zunehmende Aufsplitterung und Islamisierung. In dem Maße, wie die christliche Bevölkerung schwindet, schwinden auch ihre Freiheiten. Dazu gehören verstärkte Kontrollen und Überwachung, die Schließung von Geschäften während des Ramadans und Druck auf christliche Frauen, sich zu verschleiern. Es gibt mehr als 40 Milizen unterschiedlicher Größe, die zur Unsicherheit für alle Christen beitragen und Übergriffe auf Christen muslimischer Herkunft verüben. Der wichtigste Akteur in der derzeitigen Situation in der Autonomen Region Kurdistan ist die Türkei. Im Jahr 2022 setzte die Türkei ihre Militäroperationen im Nordirak fort und hinderte dadurch die Christen daran, in ihre Dörfer zurückzukehren.
Die Mehrheit der Christen im Irak ist chaldäisch-katholisch; fast 20 Prozent gehören der Assyrischen Kirche des Ostens an. In der Autonomen Region Kurdistan sind etwa 2.000 Mitglieder der evangelischen Kirchen registriert. Symbolische politische Schritte, wie die Einführung von Weihnachten als Nationalfeiertag im Dezember 2018, wurden von islamischen Autoritäten abgelehnt, darunter dem Großmufti von Bagdad, der in einer Predigt sagte, dass es Muslimen nicht erlaubt sei, christliche Feiertage wie Weihnachten zu feiern.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
164.000 |
0,4 |
Muslime |
41.143.000 |
97,6 |
Agnostiker |
212.000 |
0,5 |
Andere |
562.220 |
1,3 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Die meisten Christen im Irak leben im Norden des Landes, in Kurdistan. In Bagdad und Basra gibt es nur noch wenige Christen. Besonders schwierig ist die Situation für Christen im Süden und im Zentrum des Landes. Die Christen haben die meisten der dortigen Provinzen verlassen, mit Ausnahme kleiner Gruppen von Christen mit muslimischem Hintergrund. Gewalt gegen Konvertiten, besonders in Form von islamischer Unterdrückung und Unterdrückung durch den Clan oder Stamm, ist in arabischen Gebieten tendenziell stärker als in kurdischen.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Christen im Irak sind vonseiten sunnitischer und schiitischer Muslime islamischer Unterdrückung ausgesetzt, unabhängig von deren Volkszugehörigkeit (kurdisch, iranisch oder arabisch). Das islamische Bewusstsein ist unter dem Einfluss islamischer Milizen zu einem neuen Faktor im Land geworden, auch in den Kurdengebieten im Norden. Außerdem nimmt die Bedeutung des Islam infolge regionaler Entwicklungen in den irakischen und kurdischen Regierungen zu. Mehrere schiitische Parteien haben enge Beziehungen zur Islamischen Republik Iran; besonders Christen muslimischer Herkunft berichten, dass sie in Gebieten nahe der iranischen Grenze von iranischen Geheimdiensten beobachtet werden. Generell wird auch die gesamte irakische Gesellschaft immer islamischer. Islamische Lehren und islamische Rhetorik beherrschen den Alltag und islamische Autoritätspersonen (insbesondere Schiiten) beeinflussen weiterhin das soziale, religiöse und politische Leben. Dies spiegelt sich in den sozialen Normen und Praktiken wider, an die sich jeder Iraker halten muss und die zum Maßstab werden, an dem auch Nichtmuslime gemessen werden. Darüber hinaus nimmt die gesellschaftliche Kontrolle der Frauen zu. Selbst christliche Frauen in Bagdad und Basra sind mittlerweile gezwungen, sich zu verschleiern, um sich außerhalb ihrer Häuser sicher bewegen zu können.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Die irakische Gesellschaft ist immer noch stark durch Stammesdenken geprägt. Dies gilt vor allem in Gegenden, die durch religiös motivierte Gewalt erschüttert wurden – hauptsächlich die früher vom IS kontrollierten Gebiete. Die Einhaltung der jahrhundertealten Sitten und Gebräuche der Stämme ist oft wichtiger als die Einhaltung staatlicher Gesetze, da Stämme für die Iraker normalerweise über dem Gesetz stehen. Wo sich dieses Stammesdenken mit dem Islam vermischt, beeinträchtigt es insbesondere Christen muslimischer Herkunft. Ethnische Gruppen sowie Stammesgruppen haben bisweilen Parteien mit einer Agenda gegründet, die andere strikt ausschließt. Christen sind ein leichtes Ziel.
Diktatorische Paranoia
Mehrere aufeinanderfolgende irakische Zentralregierungen haben versucht, um jeden Preis an der Macht zu bleiben. Dadurch wurde es verpasst, eine pluralistische Gesellschaft zu fördern, in der sich religiöse Minderheiten willkommen fühlen. Christen in der Autonomen Region Kurdistan beklagen einen Missbrauch des Wahlsystems bei den Parlamentswahlen von 2018: Kurdische und schiitische Parteien haben die fünf explizit für Christen reservierten Sitze im Nationalrat beansprucht und an ihre eigenen christlichen Kandidaten vergeben, die nicht von den christlichen Parteien selbst gewählt wurden. Darüber hinaus bedrohen Berichten zufolge Regierungsbeamte auf allen Ebenen Christen und „ermutigen“ sie, auszuwandern.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Korruption ist im gesamten Irak weit verbreitet, und Christen werden auf diese Weise ausgebeutet. In vielen mehrheitlich islamischen Gebieten können Christen ihre Häuser oftmals nur zu 60 Prozent des Wertes verkaufen. Ein weiteres Problem ist die Beschlagnahmung von Ländereien, die Christen gehören. Organisierte, kriminelle Gruppen haben sich mindestens 70 Prozent der Ländereien illegal angeeignet, deren christliche Eigentümer aus dem Irak geflohen sind – insbesondere in Bagdad. Die Coronakrise hat diese Situation von Chaos und Korruption noch verschlimmert.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Kirchen wie die Assyrisch-Orthodoxe Kirche, die Chaldäisch-Katholische Kirche, die Syrisch-Katholische Kirche und die Armenische Orthodoxe Kirche sind alle erheblich von Verletzungen der Religionsfreiheit durch islamisch-extremistische Gruppierungen und nichtchristliche religiöse Leiter betroffen. Auch seitens der Behörden erfahren Christen Diskriminierung. Im Zentral- und Südirak zeigen Christen oft keine christlichen Symbole (wie beispielsweise ein Kreuz), da dies zu Belästigungen oder Diskriminierungen bei Kontrollen, in der Universität oder am Arbeitsplatz sowie in Regierungsgebäuden führen kann. In der Autonomen Region Kurdistan ist es dagegen nicht selten, dass Christen ohne Probleme christliche Symbole zeigen können.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Zu dieser Kategorie zählen Christen mit muslimischem Hintergrund sowie Christen, die aus einer traditionellen Kirche stammen und zu einer anderen Denomination übergetreten sind und nun zusammen mit protestantisch-freikirchlichen Christen Gottesdienst feiern. Konvertiten aus dem Islam erfahren den meisten Druck von ihrer (Groß-)Familie. Sie halten ihren neuen Glauben oft geheim, da sie in der Gefahr stehen, von ihren Familienmitgliedern, Stammesführern und der Gesellschaft bedroht zu werden. Die Gemeinde zu wechseln (beispielsweise von einer orthodoxen Kirche in eine freikirchlich-protestantische Gemeinde), wird ebenfalls häufig mit dem Entzug von Rechten oder mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bestraft.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Evangelikale, Baptisten und Pfingstgemeinden in Bagdad und Basra sind erheblich von Verletzungen der Religionsfreiheit durch islamisch-extremistische Bewegungen und nichtchristliche religiöse Leiter betroffen und erleben Diskriminierungen durch die Behörden. Christen, die ihren Glauben offen bekennen, werden im Zentral- und Südirak regelmäßig angegriffen. Wenn sie im Verdacht stehen, missionarisch unter Muslimen zu arbeiten, können auch Blasphemiegesetze gegen sie angewendet werden. Für evangelikale Christen gibt es keine gesetzliche Grundlage, um Bibelschulen zu eröffnen oder auswärtige Organisationen zu engagieren, ihnen dabei zu helfen.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Christen muslimischer Herkunft sind in Gefahr, wenn sie sich zu ihrem Glauben bekennen oder sich mit anderen Christen treffen. Wenn sie dies tun, werden sie der Abtrünnigkeit und des Verrats beschuldigt. Im Allgemeinen riskieren Christen, die mit Nichtchristen über ihren Glauben sprechen, den Vorwurf der Missionierung und müssen mit Schikanen und Gewalt rechnen. Christen aus traditionellen Kirchen und andere gebürtige Christen können im Unterschied zu christlichen Konvertiten christliche Symbole tragen und zeigen, es sei denn, sie leben in sehr konservativen islamischen Orten.
Familienleben
Frauen islamischer Herkunft, die den christlichen Glauben angenommen haben, werden nicht als Christinnen anerkannt; die Ehe mit einem Nichtmuslim ist ihnen deshalb rechtlich verboten. Zusätzliche Brisanz erhielt das Thema durch die vom IS praktizierten Zwangskonversionen: Die so zum Islam konvertierten Christen mussten vor Gericht erscheinen, um ihre Konversion zum Islam zu erklären. Daraufhin wurden alle rechtlichen Dokumente und Sozialdaten geändert und die betreffenden Personen gelten nun offiziell als Muslime. Laut Artikel 26 des Gesetzes von 2015 zum Personalausweis werden Kinder unter 18 Jahren mit einem muslimischen Elternteil als Muslime registriert. Das trifft selbst dann noch zu, wenn eine nichtmuslimische Mutter von einem Muslim vergewaltigt und das Kind auf diesem Weg gezeugt wurde. In Scheidungsfällen wird das Sorgerecht in der Regel dem muslimischen Elternteil zugesprochen. Kinder, die als Muslime gelten, sind gezwungen am Islamunterricht teilzunehmen. Laut Gesetz müssen alle Schulen (auch christliche Schulen) regelmäßigen Islamunterricht anbieten und die Schüler in diesem Fach prüfen. Wer diese Prüfungen nicht besteht, kann nicht in die nächste Klasse versetzt werden.
Gesellschaftliches Leben
Christliche Frauen werden in Bagdad, Basra und manchmal sogar im Norden unter Druck gesetzt, ihren Kopf zu bedecken. Christliche Studenten beanstanden, dass einige muslimische Professoren an Universitäten die Prüfungen absichtlich auf christliche Feste legen. Assyrische Schulen weisen darauf hin, dass sie benachteiligt werden, indem sie die ihnen zustehenden Gelder nicht in vollem Umfang erhalten. Die Bildung ist auf den Islam ausgerichtet und berücksichtigt kaum die Beiträge „anderer“ Gemeinschaften zur Geschichte des Irak. Dies führt zu einer Mentalität, in der die Christen als den Muslimen untergeordnet angesehen werden. Einige der offiziellen Lehrpläne an öffentlichen Schulen und Universitäten definieren Christen sogar als Ungläubige und Feinde und rufen zum Dschihad gegen sie auf. Bei der Online-Beantragung eines Personalausweises wird die Religionszugehörigkeit abgefragt, und der Datenchip auf dem Ausweis enthält immer noch Angaben zur Religion. Dies führt dazu, dass Christen an ihrem Arbeitsplatz diskriminiert werden. Im Nationalparlament und in der Regierung haben Christen einige hochrangige Positionen inne; im Allgemeinen sind sie dort aber unterrepräsentiert. Christen muslimischer Herkunft stehen in großer Gefahr ihren Arbeitsplatz zu verlieren, falls ihr neuer Glaube bekannt wird.
Leben im Staat
Seiner Verfassung nach ist der Irak ein islamisches Land, in dem keine Gesetze erlassen werden dürfen, die dem Islam widersprechen. Das Gesetz erlaubt den Glaubenswechsel hin zum Islam, lässt aber die Hinwendung zu anderen Religionen oder Glaubensrichtungen nicht zu und erkennt sie auch nicht an. In einer Ehe, bei der einer der Ehepartner Muslim ist, spricht das Familienrecht diesem fast automatisch alle Rechte zu – so etwa im Blick auf Scheidung, Sorgerechts- und Erbschaftsfälle. Im Allgemeinen wird es Christen nicht erlaubt, die höchsten Ämter in bestimmten Institutionen, wie dem Militär, zu bekleiden. Manchmal werden Christen aufgefordert, Muslime zu werden, wenn sie eine Beförderung erhalten wollen. Christen sind regelmäßig Ziel von Hassreden und Hetzkampagnen extremistischer Gruppierungen, sowohl im Internet als auch im landesweiten Fernsehen. Bei Verbrechen gegen Christen werden die meisten Täter nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Regierung hat keine Kontrolle über die Milizen, die im Land aktiv sind, besonders in der Ninive-Ebene. Trotz der großen Anzahl christlicher Grundstücke, die beschlagnahmt wurden (Schätzungen gehen davon aus, dass dies 78 Prozent aller Grundstücke von Christen betrifft, die das Land verlassen haben), wird kaum jemand dafür bestraft.
Kirchliches Leben
Jugendarbeit ist nur innerhalb von Kirchengebäuden und mit christlichen Jugendlichen erlaubt. Für Christen muslimischer Herkunft ist es nicht möglich, in die Kirche an ihrem Wohnort integriert zu werden; Ausnahmen gibt es in einigen kurdischen christlichen Gemeinden in der Autonomen Region Kurdistan. Oft müssen Christen muslimischer Herkunft ihren Heimatort aus Sicherheitsgründen verlassen und Zuflucht in der Anonymität einer Großstadt suchen – oder das Land ganz verlassen. Besonders Gemeinden nicht-traditioneller Denominationen berichten von Überwachung.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
- Eine kurdische Christin muslimischer Herkunft wurde im März 2022 ermordet, die sich einige Wochen zuvor in den sozialen Medien zu ihrem neuen Glauben an Jesus bekannt hatte und sich auf die Taufe vorbereitete.
- Etwa 62 Christen werden in einem Zusammenhang mit Verfolgung vermisst. Für die meisten hat ihr Verschwinden mit dem IS zu tun und geht auf die Zeit von dessen Herrschaft zurück.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
18 |
76 |
2022 |
14 |
78 |
2021 |
11 |
82 |
2020 |
15 |
76 |
2019 |
13 |
79 |
Im Vergleich zum Weltverfolgungsindex 2022 ist die Punktzahl des Irak um zwei Punkte geringer. Der Hauptgrund dafür war, dass weniger gewaltsame Vorfälle gemeldet wurden. Insgesamt bleibt der Druck auf die Christen aber hoch. Viele sind körperlichen Misshandlungen ausgesetzt oder werden aus ihren Häusern vertrieben, ihr Eigentum wird beschädigt oder beschlagnahmt, und Dutzende werden immer noch vermisst unter Umständen, die auf religiös motivierter Verfolgung beruhen.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Christinnen werden in der irakischen Gesellschaft regelmäßig benachteiligt. Alleinstehende Christinnen werden Berichten zufolge auch von muslimischen Männern „geködert“, die sie aber dann zum Glaubenswechsel und zur Heirat zwingen. In einigen Gebieten tragen christliche Frauen zu ihrer eigenen Sicherheit einen Schleier, da unverschleierte Frauen in der Gefahr stehen, belästigt oder sogar mit Steinen beworfen zu werden. Bei Übergriffen gegen Christen, sei es Entführung, Vergewaltigung oder sexueller Missbrauch, herrscht generell Straffreiheit. Christinnen muslimischer Herkunft sind von Hausarrest, Schlägen, sexueller Belästigung und „Ehren“-Morden bedroht. Alleinstehende Konvertitinnen können zur Heirat und Annahme des Islam gezwungen werden.
Männer
Christen haben oft Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, und empfinden sich Berichten zufolge stark gefährdet, an ihrem Arbeitsplatz ausgenutzt zu werden. Da Männer oftmals die Hauptversorger der Familie sind, kann der Verlust des Arbeitsplatzes erhebliche Auswirkungen haben. Christen muslimischer Herkunft sind besonders gefährdet, Opfer von Übergriffen zu werden. In einer Kultur, in der Ehre hoch angesehen wird, riskieren sie, aus ihren Familien verstoßen, bedroht oder getötet zu werden. Diese Faktoren verstärken die ohnehin schon starke Tendenz zur Emigration. Auch Kirchenleiter werden verfolgt; im vergangenen Berichtszeitraum wurden zwar keine Fälle von Entführungen oder Tötungen von Kirchenleitern bekannt, doch ist dies weiterhin möglich.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Andere religiöse Minderheiten, die im Irak unter Verfolgung, Diskriminierung und Intoleranz leiden, sind Jesiden, Sunniten, Kakai, Mandäer, Bahai, Zoroastrier und Juden. Vor allem Jesiden haben schreckliche Gräueltaten erlitten, zunächst durch den IS und jetzt durch die Türkei, die eine Reihe von Luftangriffen in der jesidischen Sindschar-Region durchgeführt hat. Im Jahr 2021, sieben Jahre nach dem Völkermord durch den IS, wurden immer noch rund 3.000 jesidische Frauen, Mädchen und Jungen vermisst, und viele von ihnen wurden möglicherweise für Sex, Arbeit oder Terrorismus versklavt.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für den Irak:
- Bitten Sie darum, dass die irakische Regierung die Rechte von Christen und anderen religiösen Minderheiten schützt.
- Beten Sie für Frieden und Stabilität, damit vertriebene Christen in ihre Häuser zurückkehren können.
- Beten Sie für den Schutz aller Christen und darum, dass sie in ihrem Glauben an Jesus gestärkt und ermutigt werden.