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Marokko


Christenverfolgung in Marokko
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Ein immer wiederkehrendes Problem für Christen, die offen zu ihrem Glauben stehen, ist Artikel 220 des marokkanischen Strafgesetzbuchs, der die „Erschütterung des Glaubens eines Muslims“ unter Strafe stellt. Für viele Christen, die mit anderen über ihren Glauben sprechen, besteht daher die Gefahr, verhaftet und strafrechtlich verfolgt zu werden. Die Regierung und gewaltbereite islamische Extremisten haben es auch auf die Verfechter der Rechte von Christen abgesehen. Während das Gesetz nur die Missionierung unter Strafe stellt, können Menschen, die zum christlichen Glauben konvertieren, auch auf andere Weise bestraft werden, beispielsweise verlieren sie ihr Erbrecht und das Sorgerecht für ihre Kinder.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Marokko erlangte 1956 die Unabhängigkeit von Frankreich. Seitdem ist das Land im Vergleich zu seinen regionalen Nachbarn relativ stabil und wohlhabend. Im Jahr 2011 erreichte der Arabische Frühling Marokko. Zahlreiche Demonstranten brachten ihre Frustration über die Arbeitslosigkeit zum Ausdruck und forderten mehr bürgerliche Freiheiten. Die Regierung organisierte ein Referendum über Verfassungsreformen und konnte so den politischen Umbruch vermeiden, von dem ein Großteil der übrigen arabischen Welt betroffen war.
Der Islam ist die offizielle Staatsreligion und 99 Prozent der Bevölkerung sind (überwiegend sunnitische) Muslime. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind die früher großen jüdischen und christlichen Gemeinschaften zahlenmäßig stark zurückgegangen. Nichtmuslimische ausländische Glaubensgemeinschaften können ihren Glauben offen praktizieren, aber zu evangelisieren mit der Absicht, Muslime zu bekehren, ist verboten. Marokkanische Christen, die fast alle einen muslimischen Hintergrund haben, sehen sich, wenn ihr neuer Glaube bekannt wird, gesellschaftlichen Schikanen ausgesetzt, zum Beispiel Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Sofern sie als Abtrünnige des Islam gelten, werden einige an die Scharia-Gerichte überwiesen und müssen mit Konsequenzen wie Zwangsscheidung, Verlust des Erbes und Entzug des Sorgerechts für ihre Kinder rechnen.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
31.300 |
0,1 |
Muslime |
37.652.000 |
99,7 |
Bahai |
37.800 |
0,1 |
Agnostiker |
48.800 |
0,1 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Die islamische Bevölkerung in den ländlichen Gebieten ist bekanntermaßen konservativ; die meisten Übergriffe finden im überwiegend von Berbern bewohnten Nordosten des Landes, im Atlasgebirge und im südöstlichen Wüstengebiet statt. Die meisten Christen muslimischer Herkunft leben in den Städten, wo es leichter ist, dem Druck der Familie und der Gesellschaft zu entgehen.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
In Marokko ist die islamische Unterdrückung im Vergleich zu anderen Ländern der Region moderater ausgeprägt. Zu den von den islamischen Behörden auferlegten Einschränkungen gehören die Beschlagnahmung von christlicher Literatur in arabischer Sprache (einschließlich Bibeln), wenn diese entdeckt wird, und das Verbot, mit Christen aus dem Ausland zusammenzuarbeiten, insbesondere wenn eine Evangelisation geplant ist. Eine große Herausforderung besteht außerdem darin, anerkannte Orte zum Feiern des Gottesdienstes für Christen mit muslimischem Hintergrund zu sichern. Konvertiten aus dem Islam sehen sich aufgrund ihres neuen Glaubens dem Druck von Familie und Gesellschaft ausgesetzt.
Diktatorische Paranoia
Die marokkanische Regierung betrachtet die Kirche mit Misstrauen, insbesondere Aktivitäten, die mit Konvertiten zu tun haben. Man erwartet von Marokkanern, dass sie dem Islam, dem König und dem Land gegenüber loyal sind. In den vergangenen Jahren haben die Behörden Christen der Untreue gegenüber dem König beschuldigt und viele ausländische Christen ohne ordnungsgemäßes Verfahren abgeschoben. Einer der Gründe für diese Art von Maßnahmen der Regierung könnte die Angst vor extremistischen muslimischen Gruppen sein; die Regierung versucht durch Beschwichtigung dieser Gruppen, Unruhen zu verhindern.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Ausländische Christen werden oft überwacht und riskieren ihre Abschiebung, wenn sie vermeintlich missionarisch tätig sind. Gleichwohl genießen sie relative Freiheit. Ausländische Christen aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, meistens Anhänger der Pfingstbewegung, werden häufig ausgegrenzt und diskriminiert.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christen mit muslimischem Hintergrund treffen sich in Hauskirchen, weil sie keine Erlaubnis erhalten, sich in offiziellen Kirchen zu versammeln. Konvertiten werden von Familie und Gesellschaft unter Druck gesetzt, ihrem Glauben abzuschwören. In den Städten ist die Toleranz jedoch höher. In der Regel werden sie überwacht und es kann zu Übergriffen kommen, wenn sie ihren Glauben weitergeben.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Sowohl für einheimische als auch für ausländische Christen ist es riskant, in der Öffentlichkeit mit Personen außerhalb ihrer unmittelbaren Familie über ihren Glauben zu sprechen. Dies birgt das Risiko, nach marokkanischem Recht wegen „Erschütterung des Glaubens eines Muslims“ angeklagt zu werden. Mitbürger können manchmal gewalttätig reagieren, wenn sie sehen, dass ein Konvertit ein christliches Symbol trägt oder über seinen Glauben spricht, und viele Christen muslimischer Herkunft haben Angst, über ihren neuen Glauben zu sprechen.
Familienleben
Die Heirat zwischen einer muslimischen Frau und einem christlichen Mann ist gesetzlich verboten. Bei Kindern von Christen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie von Gleichaltrigen diskriminiert, gemobbt und von der Gemeinschaft im Allgemeinen isoliert werden. Auf christliche Familien wird absichtlich Druck ausgeübt, um entweder ihre Anpassung zu erzwingen oder sie zum Auswandern zu bewegen.
Gesellschaftliches Leben
Der christliche Glaube wird als etwas angesehen, das nicht zur traditionellen marokkanischen Identität gehört. Außerdem wird er als Glaube der Imperialisten stigmatisiert. Mit dieser Begründung überwachen die marokkanischen Sicherheitsdienste die Aktivitäten einheimischer und ausländischer Christen. Sie verbieten auch die Bildung von Gruppen, die sich offen als „christlich“ bezeichnen, weil sie eine Evangelisierung fürchten. Für Christen mit muslimischem Hintergrund ist es auch aufgrund des gesellschaftlichen Drucks schwierig, ihre Kinder christlich zu erziehen. Ein solcher Druck kann beispielsweise in Form von Mobbing in der Schule oder Islamunterricht, der ohne Zustimmung der Eltern ausgeübt werden muss, auftreten.
Leben im Staat
Politisch ist die Situation für Christen in Marokko schwierig, da die Verfassung den Islam zur Staatsreligion erklärt. Zivilgesellschaftliche Organisationen mit klarer christlicher Überzeugung oder solche, die sich für die Rechte der marokkanischen Christen muslimischer Herkunft einsetzen, werden von der Regierung aktiv bekämpft. Das Evangelium weiterzugeben, ist verboten, und wer sich daran beteiligt, kann beschuldigt werden, „den Glauben der Muslime zu erschüttern“ und sich somit strafbar machen.
Kirchliches Leben
Da christliche Aktivitäten als Missionierung ausgelegt werden können, ist es für christliche Gemeinschaften oft schwierig, zu wachsen und zu gedeihen. Ausländische Kirchen werden konsequent überwacht, um sicherzustellen, dass keine marokkanischen Staatsangehörigen ihre Gottesdienste besuchen. Einheimischen Christen verbietet der Staat, eigene Kirchen zu gründen. Dies geht damit einher, dass die Regierung sich weigert, das Auslegen oder den Verkauf von Bibeln zuzulassen, die ihrer Meinung nach zur Missionierung verwendet werden können.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
- Im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2023 wurden die Überwachung und die Befragung von marokkanischen Christen durch die marokkanische Polizei fortgesetzt. In Fällen von Gewalt gegen marokkanische Christen stellte sich die Polizei auf die Seite der Täter.
- Es gab mehrere Vorfälle, bei denen Hauskirchen von anderen Bürgern angegriffen wurden.
- Während des Berichtszeitraums für den Weltverfolgungsindex 2023 wurden mindestens fünf Fälle von Zwangsverheiratung gemeldet. Darüber hinaus wurden mehrere Christen muslimischer Herkunft, hauptsächlich junge Frauen, gezwungen, umzuziehen.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
29 |
69 |
2022 |
27 |
69 |
2021 |
27 |
67 |
2020 |
26 |
66 |
2019 |
35 |
63 |
Marokkos Punktzahl ist im Weltverfolgungsindex 2023 gleich geblieben wie im Vorjahr, wobei der durchschnittliche Druck weiterhin ein extremes Ausmaß annimmt. Die Wertung für Gewalt stieg von 3,9 auf 4,8 Punkte, vor allem weil in diesem Jahr mehr Kirchengebäude, einschließlich Hauskirchen, angegriffen wurden.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Insbesondere in ländlichen Gebieten binden kulturelle Erwartungen Frauen an häusliche Pflichten. Christinnen muslimischer Herkunft sind am stärksten von Verfolgung bedroht, insbesondere im häuslichen Bereich. Sie riskieren willkürliche Scheidungen, Verweigerung des Kontakts mit ihren Kindern, Hausarrest, Zwangsverheiratung und Ausweisung aus der Familie. Der Zugang zu christlichen Materialien ist äußerst schwierig, und Christinnen auf dem Land müssen sich an die religiösen Kleidungsvorschriften und Rituale halten. Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe sind ein Tabubereich, der mit der Familienehre in Verbindung steht. So werden sie zu einem wirksamen Instrument für religiösen Zwang, der in Marokko auch gegen Migrantinnen aus Subsahara-Afrika eingesetzt wird.
Männer
Christen muslimischer Herkunft gehören zu den schutzlosesten Personen in der marokkanischen Gesellschaft, da sie als Schande für ihre Familien angesehen werden. Im häuslichen Bereich ist damit zu rechnen, dass ein Konvertit von seiner Familie geächtet wird, ihm finanzielle Unterstützung und Erbschaften verweigert werden und er von seiner Frau verlassen wird. In Bezug auf das Leben in der Öffentlichkeit droht Männern, dass sie verhört, geschlagen oder inhaftiert werden. Wie stark die Gegenreaktion nach dem Glaubenswechsel ausfällt, hängt von der sozialen Stellung und der politischen Haltung des Konvertiten ab. Entscheidend ist der Druck in der Arbeitswelt, denn die Männer sind in der Regel die Hauptversorger der Familie. Gelegentlich kommt es auch zu Diskriminierung im Bildungsbereich.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Das Judentum ist die einzige in der Verfassung offiziell anerkannte religiöse Minderheit und jüdische Bürger haben ihre eigenen religiösen Gerichte für Familienangelegenheiten. Der Islam ist zwar die offizielle Staatsreligion, de facto ist aber nur der sunnitische Islam (gemäß der malikitischen Rechtsschule) gesellschaftlich anerkannt. Schiitische Muslime, Ahmadiyya und Bahai sind mit staatlichen Einschränkungen konfrontiert, die es ihnen fast unmöglich machen, ihren Glauben offen zu praktizieren.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Marokko:
- Beten Sie mit isolierten Gläubigen in Marokko, die ihren Glauben alleine leben müssen oder Hausarrest, körperliche Angriffe, Festnahmen und Inhaftierungen riskieren. Bitten Sie Jesus Christus, ihre Herzen mit der Erkenntnis seiner Gegenwart und Liebe zu füllen.
- Beten Sie, dass diese Christen muslimischer Herkunft Gemeinschaft mit anderen Christen haben können, um sich gegenseitig zu ermutigen und gemeinsam im Glauben zu wachsen.
- Beten Sie, dass die marokkanische Gesellschaft offener wird gegenüber anderen Glaubensrichtungen als dem Islam, und dass Gemeinden mehr Freiheit bekommen, ihren Glauben öffentlich zu leben.