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Afghanistan


Christenverfolgung in Afghanistan
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Fast alle afghanischen Christen sind Konvertiten aus dem Islam und haben somit einen muslimischen Hintergrund. Sie können ihren Glauben nicht offen praktizieren. Sich vom Islam abzuwenden, wird als Schande angesehen und nach geltendem islamischem Recht mit dem Tod bestraft. Wenn der Glaube von christlichen Konvertiten entdeckt wird, müssen sie aus dem Land fliehen. Die Familie, der Clan oder der Stamm müssen damit „ihre Ehre retten“, wie sie mit Konvertiten umgehen und fertig werden. Nach der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 sind viele Christen untergetaucht oder haben versucht, das Land zu verlassen. Die Übernahme war ein Wendepunkt, insbesondere für Frauen, die nun wieder in ihren Häusern eingesperrt sind, aber auch für ethnische und religiöse Minderheiten, einschließlich christlicher Konvertiten, die als Abtrünnige gelten. Die Taliban treten zwar alles andere als geschlossen auf, weil sie aber dennoch ihre Macht festigen, müssen sich christliche Konvertiten an die von den Taliban eingeführte starre Gesellschaftsform anpassen und sich ihr fügen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Afghanistan hat seit mehr als 40 Jahren keinen Frieden mehr erlebt. Dies hat die Infrastruktur, die Wirtschaft und das soziale Gefüge in Trümmer gelegt. Eine weit verbreitete islamische Radikalisierung, kriminelle Aktivitäten und Korruption sind die Folge. Von 1996 bis 2001 hatten die Taliban die Macht über etwa drei Viertel des Landes. Sie sind keine einheitliche Gruppierung, doch die konservative Strömung dominiert die Ideologie und auch die internationale Wahrnehmung der Taliban. Am 15. August 2021 übernahmen sie nun wieder die Kontrolle über das Land. Ihre bisher verfolgte Politik zeigt, dass sie weder an der Einbeziehung ethnischer oder religiöser Minderheiten interessiert sind noch an der Einbindung von Frauen. Der Unterricht für Mädchen ab der Sekundarstufe ist verboten. Viele Minister sind bekannte Gesichter aus der ersten Taliban-Herrschaft (und stehen auf internationalen Terrorlisten); und die meisten Nachrichten aus dem Land deuten darauf hin, dass deren strenge Auslegung des Islam wieder eingeführt wird. Auf die neue Regierung warten noch nie dagewesene Herausforderungen. Während die Covid-19-Pandemie drastische Folgen für Afghanistan hatte, kämpfen die meisten Menschen – auch die wohlhabenderen – mit den Folgen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs.
Afghanistan ist extrem arm; 54,5 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Instabilität hat dazu geführt, dass viele Landwirte in hohem Maße auf illegale Drogen wie Opium als Einkommensquelle angewiesen sind. Das aufschlussreichste Beispiel für die Veränderungen in Afghanistan ist die Stadt Kabul. Als die Taliban 2001 die Stadt verließen, war sie mit 500.000 Einwohnern eine eher kleine Hauptstadt. Jetzt ist Kabul eine pulsierende Stadt mit mindestens fünf Millionen Einwohnern. Die stark gestiegene Zahl der Binnenvertriebenen wie auch der afghanischen Flüchtlinge in den Nachbarländern werden die Situation im Land, möglicherweise auch in der ganzen Region, weiter destabilisieren. Die Vereinten Nationen schätzen, dass 20 Millionen Menschen – also fast die Hälfte der Bevölkerung – von akutem Hunger betroffen sind. Die kleine christliche Gemeinde steht vor einer schwierigen Zukunft, da die Taliban an der Macht sind und ständig Angriffe der Gruppe „Islamischer Staat in der Provinz Khorasan“ (Islamic State of Khorasan Province, ISKP) drohen.
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Die Gruppe ISKP fordert durch ihre Angriffe nicht nur die Taliban in gewaltigem Maße heraus, sondern auch die Minderheiten im Land. In der Regel sind die Kontrolle und Überwachung in ländlichen Gebieten strenger als das in den meisten Städten der Fall ist. Allerdings ist das ganze Land streng islamisch geprägt, sodass Christen überall dort, wo sie von Familien oder Behörden entdeckt werden, auf große Schwierigkeiten stoßen.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung, gemischt mit diktatorischer Paranoia
Das Islamische Emirat Afghanistan lässt weder zu, dass afghanische Bürger Christen werden, noch erkennt das Land Konvertiten als solche an. Eine Hinwendung zum christlichen Glauben wird als Abtrünnigkeit angesehen, die Schande über die Familie und die islamische Gemeinschaft bringt. Daher verbergen Konvertiten ihren neuen Glauben so weit wie möglich. Meistens sind es muslimische Religionsführer, die zur Verfolgung von Christen anstiften, lokale Behörden sind ebenfalls daran beteiligt. Die Taliban legen nun noch größeren Wert auf den regelmäßigen Moscheebesuch – und stärken so die Rolle der religiösen Führer. Da die Macht nun in den Händen der Taliban liegt und diese eher extremistische Ansichten vertreten, sind alle afghanischen Bürger und insbesondere die Frauen im Alltag strengen Beschränkungen unterworfen, die auf islamischen Lehren beruhen. Es gibt keinen Spielraum für christliche Konvertiten, um von dem Verhalten abzuweichen, das von allen afghanischen Bürgern erwartet wird. Die extreme Gewalt von Gruppen, die dem sogenannten „Islamischen Staat“ nahestehen (z. B. die bereits erwähnte Gruppierung ISKP), hat dazu geführt, dass durch Anschläge viele Menschen getötet oder vertrieben wurden. Die Taliban tun alles, was sie für notwendig erachten, um an der Macht zu bleiben und ihre eigene Gruppierung zusammenzuhalten.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm, gemischt mit ethnisch-religiöser Feindseligkeit
Eine Abkehr vom Islam könnte als Bedrohung für die überwiegend islamische Identität des Landes empfunden werden. Der kollektivistische Charakter der afghanischen Familieneinheit lässt nur wenig Raum für Privatsphäre. Dadurch ist für Christen das Risiko, entdeckt zu werden, sehr hoch. Sie stehen innerhalb der Clanstruktur und in ihrem sozialen Umfeld unter heftigem Druck; die Fürsorge für die eigenen Familien, Dörfer und Stämme hat in der afghanischen Kultur einen sehr hohen Stellenwert. Wenn sich jemand von seinem Stamm abwendet zugunsten von etwas, das als fremdartig gilt, wird hoher Druck ausgeübt. So soll erreicht werden, dass diese Person zu den traditionellen Normen zurückkehrt. Besonders der christliche Glaube wird als westlich angesehen und als feindlich gegenüber der afghanischen Kultur und Gesellschaft sowie gegenüber dem Islam eingestuft.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stammen aus der Schattenwirtschaft. Korruption und Kriminalität sind allgegenwärtig. Eines der großen wirtschaftlichen Probleme Afghanistans besteht darin, dass der Anbau von Mohn zur Herstellung illegaler Drogen wie Opium viel lukrativer ist als der Anbau praktisch jeder anderen Kulturpflanze. Die Einkünfte aus dem Mohnanbau finanzieren bewaffnete Milizen und fördern die Korruption. Von den Folgen und Nachteilen, die bewaffnete Milizen und Korruption mit sich bringen, sind insbesondere Christen betroffen, da sie zumeist der einkommensschwachen Mehrheit der Bevölkerung angehören.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Ausländische Christen in Afghanistan werden hier wieder als Gruppe aufgeführt, da Nichtregierungsorganisationen beginnen, ihre Arbeit im Land (erneut) aufzunehmen. Aufgrund der mäßig verbesserten Sicherheit sind ausländische Arbeitskräfte nicht mehr auf hochgesicherte Gelände beschränkt. Allerdings ist es für ausländische Christen in Afghanistan unmöglich, mit anderen Christen zusammenzukommen, sodass sie unfreiwillig weiterhin isoliert bleiben.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christen muslimischer Herkunft unternehmen alles, um nicht von Familie, Freunden, Nachbarn oder der Gesellschaft als Christen erkannt zu werden. Werden sie dennoch entdeckt, steht ihr Leben in unmittelbarer Gefahr.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Der Übertritt zum christlichen Glauben ist streng verboten und wird hart bestraft. Die eng verwobene Stammesgesellschaft bringt eine hohe soziale Kontrolle mit sich. Als Folge davon ist die Privatsphäre schwer zu wahren und Konvertiten sind stark gefährdet, als solche entlarvt zu werden. Einem Bericht zufolge haben die Taliban bereits vor ihrer Machtübernahme in den von ihnen bis dahin kontrollierten Gebieten Handykontrollen durchgeführt, um ihre strikten Regeln durchzusetzen. Nach der Machtübernahme der Taliban entledigten sich viele christliche Konvertiten ihrer Handys und weiterer digitaler Geräte und zogen in andere Gebiete, um sich zu verstecken.
Familienleben
Aufgrund des kollektivistischen Charakters des afghanischen Gesellschaftssystems müssen Christen äußerste Vorsicht walten lassen, wenn sie ihren Glauben im familiären Kontext praktizieren. Allein der Verdacht, sich vom Islam abgewandt zu haben, kann ernste Folgen wie Verhaftung oder Zerstörung der Wohnung haben; Ehepartner werden massiv dazu gedrängt, sich von einem christlichen Partner oder einer christlichen Partnerin scheiden zu lassen oder – weil Scheidung unüblich ist – die Ehe zu annullieren. Da die Taliban-Regierung verlangt, dass Kinder als Muslime erzogen werden, droht christlichen Ehepartnern der Verlust des Sorgerechts für ihre Kinder. Daher müssen sich christliche Konvertiten in allen Bereichen ihres Lebens so verhalten, als seien sie noch Muslime.
Gesellschaftliches Leben
Mit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich der Druck im Bereich des gesellschaftlichen Lebens exponentiell erhöht. Der Afghanistan-Experte von Open Doors sagt, dass es für christliche Konvertiten keine andere Möglichkeit gibt, als sich „äußerlich wie ein Muslim zu verhalten“. Das gilt beispielsweise in Bezug auf die Kleiderordnung, auf Moscheebesuche oder das Tragen eines Bartes. Wenn eine Christin sich entscheidet, keine Kopfbedeckung zu tragen, erregt sie unerwünschte Aufmerksamkeit. Die örtliche Gemeinschaft wird sie dann zum Tragen einer solchen drängen. Schüler, die Christen sind, müssen dem allgemeinen Lehrplan folgen, in dem ein großer Schwerpunkt auf den Islam gelegt wird. Christliche Mädchen sind von Bildung ausgeschlossen, ebenso wie Mädchen und Frauen im Allgemeinen (obwohl diese Regelung noch nicht einheitlich umgesetzt wird). Dadurch, dass viele christliche Konvertiten auf der Flucht sind (auch innerhalb des Landes), verpassen ihre Kinder häufig den Schulunterricht. Aus dem Land oder der Region zu fliehen, ist für christliche Konvertiten die sicherste Lösung, da sie sonst mit großer Wahrscheinlichkeit bedrängt werden, wieder zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzukehren. Wer sich dennoch zum Bleiben entscheidet, wird in ernste Schwierigkeiten geraten, Not erleiden oder getötet werden.
Leben im Staat
Die von den Taliban nun außer Kraft gesetzte Verfassung garantierte vormals, dass Angehörige anderer Religionen ihren Glauben frei ausüben können. Artikel 3 der Verfassung legte jedoch gleichzeitig fest, dass kein Gesetz den Lehren und Grundlagen des Islam widersprechen darf. Dies führte zu Einschränkungen in vielen Lebensbereichen. Obwohl die Wortwahl einen großen Spielraum ließ und oft unklar blieb, was unangemessen oder „dem Islam widersprechend“ war, galt ein Glaubenswechsel als Gotteslästerung. Weder Christen noch Angehörige anderer religiöser Minderheiten – selbst muslimischer – waren deshalb frei in ihrer Religionsausübung. Jetzt herrscht in Afghanistan wieder die Scharia, und es ist noch nicht klar, ob die Taliban eine neue Verfassung einführen wollen. Alle Reisen von Personen, die im Verdacht stehen, Christ zu sein, werden überwacht und sie werden verhindert, wenn vermutet wird, dass diese Reisen aus religiösen Gründen geschehen. Die Taliban sind für ihre strengen und häufigen Hausdurchsuchungen berüchtigt.
Kirchliches Leben
In Afghanistan gibt es keine öffentlich zugängliche Kirche. Die einzige genutzte Kapelle befindet sich im Keller der italienischen Botschaft in Kabul. Sie ist nur für die kleine Anzahl ausländischer Christen in Kabul vorgesehen, die noch in der Stadt arbeitet. Christliche Gruppen (wie klein sie auch sein mögen) müssen bei der Wahl ihrer Treffpunkte extrem vorsichtig sein. Alle christlichen Gemeinschaften arbeiten im Untergrund und ihre Treffen finden ausschließlich im Geheimen statt; so erscheinen kirchliche Feiern und Gottesdienste äußerlich nur wie Treffen von Menschen, die sich zum gemeinsamen Essen versammeln. Alle christlichen Materialien werden versteckt, da sie vor neugierigen Blicken verborgen werden müssen. Würden sie entdeckt, wären ihre Besitzer zur Flucht gezwungen oder müssten ernsthafte Strafen und Gewalt durch das örtliche „Dschirga“-Gericht fürchten. Es gibt keine Möglichkeit, Bibeln und andere christliche Materialien zu verteilen oder zu verkaufen. Selbst eine elektronische Weitergabe kann lebensbedrohliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn sie zurückverfolgt wird. Christliche Jugendarbeit kann nicht offen durchgeführt werden. Jugendliche stehen in der Gefahr, für den Krieg zwischen Taliban- und ISKP-Gruppierungen rekrutiert zu werden; und in diesem Wettstreit um die Jugendlichen wird jeder, der offen mit jungen Menschen arbeitet, als Konkurrent wahrgenommen.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
Dazu können keine Angaben gemacht werden (weitere Erklärungen unter „Entwicklung in den letzten 5 Jahren“).
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
9 |
84 |
2022 |
1 |
98 |
2021 |
2 |
94 |
2020 |
2 |
93 |
2019 |
2 |
94 |
Christen in Afghanistan haben viele Jahre lang ein ebenso extremes Maß an Verfolgung erlitten wie Christen in Nordkorea, auch wenn die Verfolgung jeweils auf andere Art und Weise und durch andere Akteure ausgeübt wird. Was die Punktebewertung anbelangt, so unterschieden sich Afghanistan und Nordkorea überhaupt nicht, da sie in jedem der fünf Lebensbereiche die höchste Punktzahl erreichten. Die Übernahme der Regierung durch die Taliban änderte jedoch alles. Viele Christen siedelten aus Sicherheitsgründen innerhalb des Landes um oder versuchten, das Land zu verlassen; infolgedessen stellten viele – wenn nicht sogar alle – Hauskirchen ihre Treffen ein, fliehende Christen mussten alles zurücklassen, was sie besaßen, und der Wert für Gewalt auf dem Weltverfolgungsindex 2022 erlebte einen noch nie dagewesenen Anstieg auf 15 Punkte. Allerdings war es bei der Erstellung des Weltverfolgungsindex 2023 unmöglich, konkrete Beweise und Beispiele für ein ähnliches Ausmaß von Angriffen auf Christen, die eindeutig aufgrund ihres Glaubens erfolgten, zu erhalten. Aus diesem Grund sank der Wert des Gewalt-Bereichs drastisch von 15,0 auf 4,6 Punkte – was nicht bedeutet, dass das Land für Christen sicherer geworden ist. Eine weitere Veränderung ist die Rückkehr der ausländischen Christen (siehe „Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?“). Diese ausländischen Christen erfahren in Afghanistan weniger Druck als einheimische. Insgesamt wurde der Druck somit niedriger bewertet als im vorherigen Berichtszeitraum, als es kaum noch ausländische Christen im Land gab und nur die Lage der einheimischen Christen berücksichtigt wurde. Aber es muss noch einmal betont werden, die Situation der Konvertiten im Land hat sich mit dieser Entwicklung in keiner Weise verbessert; und insgesamt bleibt die Gesamtpunktzahl von Afghanistan auch extrem hoch. Auf der anderen Seite bedeutet dies nicht, dass sich alle Christen im Land zur Flucht gezwungen sehen, wenngleich Christen unter der Talibanherrschaft ihren Glauben noch sorgfältiger verbergen. Und es bedeutet auch nicht, dass kirchliches Leben komplett unmöglich ist oder dass sich Hauskirchen überhaupt nicht treffen können; wobei damit nicht angedeutet werden soll, dass sich die Verfolgungssituation nicht wieder verschlechtern kann.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Die rasche Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat die Förderung von Frauenrechten ins Wanken gebracht. Frauen werden schon seit Langem als Bürger zweiter Klasse angesehen, unter der Talibanherrschaft sind sie aber noch zusätzlichem Druck ausgesetzt. Der Abwärtstrend bei den Frauenrechten zeigt sich etwa in der Entwicklung, dass nun der Schulbesuch von Mädchen eingeschränkt ist und Frauen vom Arbeitsplatz ausgeschlossen sind. Einem Experten für das Land zufolge werden christliche Frauen und Mädchen gezielt entführt, um mit Taliban-Kämpfern zwangsverheiratet zu werden. Die Väter werden dabei mit vorgehaltener Waffe gezwungen, ihre Töchter zu übergeben.
Männer
Männer werden von den Taliban unter Druck gesetzt, zu beweisen, dass sie gute muslimische Familienoberhäupter sind: Sie sollen fünfmal am Tag beten, die Moschee besuchen, fasten und einen Bart in einer bestimmten Länge tragen. Christliche Männer werden wegen ihres Glaubens verspottet, inhaftiert, gefoltert, sexuell missbraucht und oftmals sogar getötet. Männer und Jungen geraten auch ins Visier von Milizen, die sie zu zwingen versuchen, sich ihnen anzuschließen. Angesichts dieses Drucks entscheiden sich christliche Männer dafür, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Manche wählen deshalb bewusst niedrige Positionen am Arbeitsplatz, um unerwünschte Aufmerksamkeit zu vermeiden.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Der US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit (USCIRF) zufolge war es im Jahr 2021 besonders schwierig, die religiöse Situation zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten. Der Bericht der USCIRF stellt fest: „Mit der Rückkehr der Taliban an die Macht haben sich die Bedingungen für die Religionsfreiheit in Afghanistan und die allgemeine Menschenrechtslage im Jahr 2021 erheblich verschlechtert. Religiöse Minderheiten wurden aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Überzeugungen schikaniert, inhaftiert und sogar getötet. Der einzige bekannte Jude und die meisten Hindus und Sikhs flohen aus dem Land. Christliche Konvertiten, Bahai und Ahmadiyya-Muslime praktizierten ihren Glauben im Verborgenen, aus Angst vor Repressalien und Drohungen seitens der Taliban. Jahrelange Fortschritte im Hinblick auf einen gerechteren Zugang für Frauen und Mädchen zu Bildung und Interessenvertretung wurden zunichte gemacht. Entgegen anfänglicher Erklärungen der Taliban, sie hätten einige Elemente ihrer Ideologie reformiert, sind Anhänger anderer Glaubensrichtungen oder Überzeugungen in genauso großer Gefahr wie alle Afghanen, die sich nicht an die harte und strenge Auslegung des sunnitischen Islam der Taliban halten. Berichten zufolge verfolgen die Taliban religiöse Minderheiten weiterhin, sie bestrafen die Bewohner der von ihnen kontrollierten Gebiete gemäß ihrer extremen Auslegung des islamischen Rechts.“
Der Bericht zur internationalen Religionsfreiheit, der im Auftrag des US-Außenministeriums erstellt wird, bemerkt: „Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan meldete ein Wiederaufleben der Angriffe gegen die schiitische Hazara-Gruppe, für die sich fast ausschließlich der ISKP verantwortlich zeigte.“
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Afghanistan:
- Beten Sie für verborgene Christen in Afghanistan um Schutz vor Entdeckung und Gewalt durch die Taliban.
- Beten Sie, dass die Anführer der Taliban Menschenleben achten und bewahren. Beten Sie, dass Gott sie zu sich zieht, dass sie den Hass loslassen und Jesus begegnen.
- Beten Sie für die Christen, die innerhalb des Landes oder ins Ausland geflohen sind, um Schutz, Versorgung und Gottes Leitung. Bitten Sie Jesus Christus, dass er die Partner von Open Doors, die afghanische Flüchtlinge unterstützen, für ihren Dienst mit Kraft, Weisheit und Liebe erfüllt.