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Katar


Christenverfolgung in Katar
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Bei den Christen in Katar handelt es sich in erster Linie um Ausländer und in der Regel um Arbeitsmigranten. Die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitsmigranten werden durch Diskriminierung noch verschärft. Diese Diskriminierung hängt nicht in erster Linie mit dem Glauben zusammen, trifft aber Tausende von Christen. Die andere Gruppe von Christen bildet die kleine Zahl von Konvertiten, die sich vom Islam ab- und dem christlichen Glauben zugewandt haben. Sie stehen unter extremem Druck von ihren muslimischen Familien und Mitgliedern ihres sozialen Umfeldes. Ein Glaubenswechsel kann nicht offiziell anerkannt werden, was zu rechtlichen Problemen und zum Verlust von Status, Sorgerecht für Kinder und Eigentum führt. Sowohl einheimischen als auch ausländischen christlichen Konvertiten droht Diskriminierung, Belästigung und polizeiliche Überwachung.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Durch die Ausbeutung der Öl- und Gasfelder in Katar seit den 1940er-Jahren ist das einst arme Land zu Wohlstand gekommen. Katar ist eine absolute Monarchie, die von der Familie Al Thani regiert wird. Im Oktober 2021 fanden jedoch erstmals Parlamentswahlen für den neuen „Schura-Rat“ statt, der 30 gewählte und 15 ernannte Mitglieder angehören. Die Organisation der Wahlen wurde an den Stammesstrukturen und -zugehörigkeiten orientiert. Das führte dazu, dass bekannte Geschäftsleute und ehemalige Regierungsbeamte gewählt wurden. Es ist zu erwarten, dass sie sich vor allem auf die Kerninteressen ihrer Wählerschaft konzentrieren und Reformen der Arbeitsrechte von Arbeitsmigranten ablehnen werden.
Der Staat verteilt seinen Reichtum großzügig. Eine soziale und wirtschaftliche Unzufriedenheit, wie sie die Region seit dem Arabischen Frühling anderswo erlebt, ist in Katar deswegen weitgehend ausgeblieben. Gleichzeitig hat der Reichtum Katars es dem Land ermöglicht, im Ausland eine aktive Rolle im Arabischen Frühling zu spielen und militante islamistische Kämpfer und Gruppen, insbesondere die Muslimbruderschaft, zu unterstützen. Das hat zu Spannungen mit Katars Nachbarn geführt, vor allem mit Saudi-Arabien. Erwähnenswert ist auch, dass in Katar der Sitz des Senders Al Jazeera ist. Dieser war ein Motor des Arabischen Frühlings und diente als Sprachrohr für Oppositionsführer und Aufständische. Katar versucht außerdem, mit seiner Fluggesellschaft und der Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2022 zu einem wichtigen regionalen Akteur zu werden.
Mit der Entwicklung der Gas- und Ölindustrie hat die Zahl der Christen im Land zugenommen. Obwohl ausländischen Christen ein begrenztes Maß an Religionsfreiheit zugestanden wird, dauerte es bis 2008, bis die erste Kirche eingeweiht werden konnte – sie befindet sich im sogenannten „Religiösen Komplex“, einem streng überwachten Gebäudekomplex vor den Toren Dohas. Die katarische Regierung betrachtet den christlichen Glauben als fremden Einfluss. Das Außenministerium reguliert die Kirchen im Land, weiß aber, dass es im Interesse Katars ist, christlichen Gemeinden und Gemeinschaften eine gewisse Freiheit zu gewähren.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
409.000 |
13,7 |
Muslime |
2.354.000 |
79,0 |
Hindus |
93.200 |
3,1 |
Agnostiker |
63.300 |
2,1 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Katar ist ein sehr kleines Land, und die Hauptstadt Doha bildet das Zentrum aller Aktivitäten. Die Risiken, mit denen Christen – und vor allem Konvertiten vom Islam zum christlichen Glauben – rechnen müssen, hängen davon ab, in welchem sozialen Umfeld sie leben. Einheimische Konvertiten mit muslimischem Hintergrund werden am härtesten verfolgt, indem sie von familiärer und gesellschaftlicher Seite unter Druck gesetzt werden. Ausländische Konvertiten, die sich in Katar dem christlichen Glauben zugewandt haben, erleben ähnlichen Druck wie in ihren Heimatländern, da sie oft mit anderen Gastarbeitern ihrer Ethnie oder Nation zusammenleben.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Die politische Linie und Kultur der katarischen Regierung werden durch die strikte Einhaltung des wahhabitischen Islam und der Scharia bestimmt. Von daher werden christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund zwangsläufig als Bürger zweiter Klasse betrachtet. Aufgrund ihres christlichen Glaubens droht ihnen der Verlust von wirtschaftlicher Unterstützung, familiärer Sicherheit und rechtlichem Schutz.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Die Stammeskultur spielt in der katarischen Gesellschaft immer noch eine große Rolle. Religion ist eng mit der Familienidentität verbunden, und den Islam zu verlassen, wird als Verrat an der Familie betrachtet. Im Allgemeinen üben die Familien heftigen sozialen Druck auf christliche Konvertiten aus, um sie dazu zu bewegen, zum Islam zurückzukehren. In vielen Fällen werden christliche Konvertiten von ihren Familien entfremdet.
Diktatorische Paranoia
Katar ist eine absolute Monarchie, die vom Emir regiert wird. Die Regierung hat einen Wohlfahrtsstaat mit vielen finanziellen Vorteilen für katarische Staatsbürger geschaffen. Im Gegenzug erwartet sie Gehorsam und duldet keine politische Opposition. Sie macht es sich zur Priorität, das Land streng islamisch zu halten, vor allem vor dem Hintergrund der geringen Zahl von Katarern im Vergleich zu der sehr hohen Zahl ausländischer Arbeitsmigranten. Obwohl ausländische Christen relativ frei darin sind, ihren Glauben auszuüben, beobachtet die Regierung all ihre Aktivitäten. Das Land ist gut überwacht, und Ausländer müssen sich vorsichtig verhalten, da sie ohne Probleme des Landes verwiesen werden können.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Arbeiter aus Asien und Afrika werden unabhängig von ihrer Religion schlecht behandelt. Wenn diese Arbeiter außerdem noch Christen sind, macht sie das noch angreifbarer. Sie können unter Druck gesetzt werden, Muslime zu werden. Da die bestehenden Kirchen überfüllt sind und sich die Regierung weigert, Erweiterungen zu genehmigen, können viele Christen keine Gottesdienste besuchen und ihren Glauben praktizieren. Die Nutzung von Wohngebäuden für Gottesdienste ist zudem schwierig geworden.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Die Rechte von christlichen Konvertiten mit muslimischem Hintergrund werden massiv missachtet. Im Kontext der arabischen Stammeskultur wird ein Glaubenswechsel nicht nur als Verrat am islamischen Glauben gesehen, sondern auch als Bruch mit der Familie, dem Stamm und der arabischen ethnisch-nationalen Identität. Wer sich vom Islam abwendet, gilt als Apostat und hat sich eines in Katar strafbaren Verbrechens schuldig gemacht. Diese Konvertiten werden von der Gesellschaft diskriminiert und schikaniert und riskieren sogar den Tod. Sie werden von Familienmitgliedern, Arbeitgebern und dem sozialen Umfeld unter heftigen Druck gesetzt, ihren christlichen Glauben zu widerrufen, ganz gleich, ob sie einheimische oder ausländische Konvertiten sind.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Die private Ausübung des christlichen Glaubens wird Konvertiten erschwert, indem sie sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Druck erleben. Die öffentliche Ausübung des christlichen Glaubens ist illegal. Dies zu tun, würde entweder als Kritik am Islam oder als Evangelisationsversuch gewertet, und in beiden Fällen drohen schwere rechtliche Strafen wie Gefängnis oder Ausweisung. Außerdem kann ein sozial abweichendes Verhalten von der islamischen Norm – wie das Bekenntnis zum christlichen Glauben – zu öffentlichen Schikanen oder dem Verlust wirtschaftlicher Chancen führen. Dies gilt insbesondere für ausländische Arbeitskräfte mit geringen Qualifikationen, wie etwa Bauarbeiter.
Familienleben
Für christliche Konvertiten ist es aufgrund des hohen sozialen Drucks schwierig, eine Familie nach christlichen Werten zu gründen und zu unterhalten. Da der Glaubenswechsel vom Islam zum christlichen Glauben nicht anerkannt wird, weigert sich der Staat auch, christliche Zeremonien anzuerkennen – etwa Ehen. Kinder von Eltern, die den christlichen Glauben angenommen haben, können nicht vom islamischen Unterricht befreit werden. Zudem sind alle Familien der Scharia unterworfen. Das kann dazu führen, dass Kinder zwangsweise von ihren Familienmitgliedern getrennt werden, sollten diese den christlichen Glauben annehmen.
Gesellschaftliches Leben
Die katarische Gesellschaft wird vom Wahhabismus beherrscht, einer fundamentalistischen Auslegung des Islam und der Scharia. Das soziale Umfeld und örtliche Behörden reagieren daher schnell feindselig gegenüber denjenigen, die als „Fremde“ oder Gegner des Islam erachtet werden. Christliche Arbeitsmigranten werden aufgrund ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit von der katarischen Gesellschaft allgemein belästigt und diskriminiert.
Leben im Staat
Katars Regierung ist im Wesentlichen islamisch und im Grunde diktatorisch. Das Rechtssystem des Landes ist in der Scharia verankert. Deswegen hat die Regierung ein ureigenes Interesse daran, christlichen Nichtregierungsorganisationen Einhalt zu gebieten, öffentliche christliche Glaubensbekundungen zu zensieren und diejenigen zu verhaften und abzuschieben, die als Kritiker des Islam oder des Staates gelten.
Kirchliches Leben
Die erste Kirche in Katar wurde 2008 im Religiösen Komplex unter besonderer Vorsicht eingeweiht. Diese Einweihung bedeutete einen großen Fortschritt für die steigende Zahl von christlichen Arbeitsmigranten, die vor allem aus Südasien und von den Philippinen stammen. Die Eröffnung wurde jedoch von Kontroversen begleitet, da sich viele Katarer einem offiziell christlichen Gebäude in einem muslimischen Land entgegenstellten. Der Religiöse Komplex wird ständig von Sicherheitspatrouillen überwacht, um zu gewährleisten, dass einerseits die Christen sich an die Vorschriften halten und andererseits der Frieden gewahrt bleibt. Neue Vorschriften machen es immer schwieriger, große Privathäuser für Gottesdienste zu nutzen – was dem Mangel an ausreichend kirchlichen Räumlichkeiten im Religiösen Komplex noch zusätzlichen Nachdruck verleiht.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
- Im aktuellen Berichtszeitraum wurde mindestens ein Vorfall gemeldet, bei dem die Verträge ausländischer Christen wegen des Vorwurfs der Evangelisation aufgelöst wurden. Sie wurden daraufhin abgeschoben. Aus Sicherheitsgründen können dazu keine weiteren Angaben gemacht werden.
- Gewalttätige Vorfälle gegen Christen werden nur selten gemeldet. Dennoch wird geschätzt, dass Tausende christliche Arbeitsmigranten Missbrauch erleben, wenn auch nicht hauptsächlich aufgrund ihres Glaubens. Dem Bericht „All Work, No Pay“ von Amnesty International aus dem Jahr 2019 zufolge leiden Tausende Arbeitsmigranten weiterhin unter Misshandlungen bei der Arbeit, allen Versprechungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zum Trotz. In einem früheren Bericht („My Sleep Is My Break“, 2014) hat Amnesty International auf den (sexuellen) Missbrauch von Arbeitsmigrantinnen, von denen viele Christinnen sind, hingewiesen.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
34 |
68 |
2022 |
18 |
74 |
2021 |
29 |
67 |
2020 |
27 |
66 |
2019 |
38 |
62 |
Der durchschnittliche Druck auf Christen, insbesondere auf Konvertiten aus dem Islam, erreicht nach wie vor ein extremes Ausmaß. Der Rückgang der Punkte im Vergleich zum Vorjahr ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass in diesem Jahr keine Kirchen geschlossen wurden. Viele zuvor geschlossene Hauskirchen in Privathäusern durften jedoch nicht wieder öffnen, was es den betroffenen christlichen Gemeinschaften erschwert, sich zu versammeln und ihren Glauben auszuüben. Überwachung und Kontrolle sind weiterhin sehr verbreitet. Kulturell sind christliche Konvertiten nach wie vor mit Einschränkungen, Restriktionen und Verfolgung von allen Seiten konfrontiert: durch die Regierung, die Gesellschaft und ihre eigenen Familien.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Die Einschränkungen der Frauenrechte durch die Scharia und die kulturelle wahhabitische Auslegung des Islam macht Frauen verletzlich. Wenn ihr Glaubenswechsel entdeckt wird, droht Konvertitinnen, geächtet, unter Hausarrest gestellt und von allen Kommunikationsmitteln abgeschnitten zu werden; sie werden womöglich geschlagen, von zu Hause vertrieben oder Opfer von sogenannten Ehrenmorden. Es ist ihnen zudem gesetzlich untersagt, einen Nichtmuslim zu heiraten, vielmehr müssen katarische Konvertitinnen damit rechnen, mit einem Muslim zwangsverheiratet zu werden. In Katar arbeitende Hausmädchen, von denen viele Christinnen sind, werden häufig sexuell missbraucht und wie Sklavinnen behandelt.
Männer
Neben den offiziellen Beschränkungen auf nichtislamische Religionsausübung üben Christen zusätzlich Selbstzensur und versuchen, sich unauffällig zu verhalten. In der Regel sind es männliche Christen, die ins Zentrum des öffentlichen Interesses geraten – denn es sind die Männer, die in der Öffentlichkeit sichtbar sind und in erster Linie mit den Behörden zu tun haben. Konvertiten geraten auch im familiären Kontext unter Druck. Wird ihr christlicher Glaube entdeckt, drohen ihre Familien unter Umständen damit, ihnen Frau und Kinder wegzunehmen. Christliche Männer geraten oft in die Isolation; sie werden von jeglicher christlicher Gemeinschaft abgeschnitten und verlieren gegebenenfalls ihren Arbeitsplatz. Darüber hinaus drohen ihnen physische und psychische Traumata und die Verstoßung durch die Familie.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Nur der Islam, das Christentum und das Judentum sind in Katar gesetzlich als Religionen anerkannt. Laut dem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit des US-Außenministeriums von 2021 sind nur sunnitische und schiitische Muslime und acht christliche Denominationen als religiöse Gruppen offiziell registriert. Andere religiöse Gruppen, wie die großen Gemeinschaften der ausländischen Hindus und Buddhisten, haben zwar keine offizielle Anerkennung, ihre Treffen werden aber im Allgemeinen toleriert und es gibt mehrere inoffizielle Hindutempel im Land. Der Bericht schreibt zudem: „Im März [2021] erklärte die Internationale Gemeinschaft der Bahai (BIC), sie sei ‚äußerst besorgt‘ über die ‚jahrelangen systematischen Versuche‘ der Regierung, die Bahai auf eine schwarze Liste zu setzen und abzuschieben, insbesondere einen Bahai, der sein ganzes Leben lang im Land gelebt hat und dessen Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung im Januar aufgrund von ‚unbegründeten Anschuldigungen‘ verweigert wurde.“ Er verließ das Land im August.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Katar:
- Viele der afrikanischen und asiatischen Arbeitsmigranten werden schlecht behandelt und missbraucht; Christen sind wegen ihres Glaubens besonders angreifbar. Beten Sie, dass Jesus die christlichen Arbeiter stärkt, schützt und durch sie zu ihren Kollegen und Arbeitgebern spricht.
- Jeder gebürtige Katarer, der zum christlichen Glauben findet, riskiert intensive Verfolgung durch Familie und Gesellschaft. Beten Sie für diese Christen um die Gewissheit, dass Jesus bei ihnen ist. Beten Sie, dass Gott auch ihre Angehörigen zu sich zieht.
- Beten Sie für das Königshaus in Katar. Bitten Sie Jesus darum, die Herzen des Emirs Tamim bin Hamad Al Thani und seiner Regierung zu erweichen und ihnen zu begegnen.