Weltverfolgungsindex 2024

Bhutan

Christenverfolgung in Bhutan

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023

Überblick

Von allen Bhutanern wird erwartet, dass sie Buddhisten sind. Konvertiten zum christlichen Glauben werden mit Misstrauen beobachtet. Meistens versuchen ihre Familien und ihr soziales Umfeld, sie dazu zu bewegen, wieder ihrer alten Religion zu folgen. Neben den Konvertiten gibt es viele Christen, die der nepalesischen Minderheit angehören und im Süden Bhutans leben. Es gibt keine Kirchen, die offiziell staatlich anerkannt sind. Das bedeutet, dass sich Christen eigentlich im Bereich der Illegalität bewegen, wenn sie sich zum Gottesdienst versammeln. Außerdem benötigen alle Bürger für das tägliche Leben ein Dokument, das als „Nichtbeanstandungsbescheinigung“ bezeichnet und von den Dorfbehörden ausgestellt wird, um zu bestätigen, dass die betreffende Person ein guter Bürger ist und im Dorf keine Probleme verursacht hat. Diese Bescheinigung wird für die Beantragung von Darlehen, die Anmeldung von Immobilien, die Bewerbung um eine Stelle und die Verlängerung des Personalausweises benötigt. Für Christen, die nicht die bhutanische Staatsbürgerschaft besitzen, ist es unmöglich, diese Bescheinigung zu erhalten. Manchmal wird Christen damit gedroht, aus dem Melderegister gestrichen zu werden, da die Bürger auf dem Volkszählungsformular ihre Religionszugehörigkeit angeben müssen.

Länderprofil als PDF

Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

Country Dossier als PDF

Länderprofil als PDF

1. Hintergrund

Bhutan ist eines der wenigen Beispiele, in denen ein Regierungswechsel von oben nach unten und nicht von unten nach oben vollzogen wurde. 1998 schuf der König eine konstitutionelle Monarchie. Der König ist jung, beliebt und gilt als Hüter des Buddhismus. Nach dem nationalen Sicherheitsgesetz von 1992 gilt es als Hochverrat, sich ablehnend gegenüber dem König, dem Volk oder dem Land zu äußern. Jeder, der sich dessen schuldig macht, kann ins Gefängnis kommen.

In der Verfassung heißt es, dass der Mahayana-Buddhismus als „spirituelles Erbe“ der Nation geschützt ist und alle religiösen Institutionen die verfassungsmäßige Pflicht haben, dieses Erbe zu fördern. Im Mai 2011 fügte die Regierung eine „Anti-Konversionsklausel“ ins Strafgesetzbuch ein, um Artikel 7, Absatz 4 der Verfassung zu erfüllen, welcher besagt: „Ein bhutanischer Bürger hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Niemand darf durch Zwang oder Anreize ermutigt werden, einem anderen Glauben anzugehören.“ Es ist auffällig, dass in der Anti-Konversionsklausel (siehe unten) die Begriffe „Zwang“ und „andere Anreize“ nicht klar definiert sind. Das gibt den Behörden sowie ethnischen und religiösen Anführern Spielraum, Druck auf Konvertiten auszuüben. Die Anti-Konversionsklausel besagt: „Ein Angeklagter macht sich der Straftat schuldig, andere dazu zu zwingen, einem anderen Glauben anzugehören, wenn der Angeklagte Zwang oder andere Anreize anwendet, um die Konversion einer Person von einer Religion oder einem Glauben zu einer/einem anderen zu bewirken“ (Ergänzung A zu Abschnitt 463 des Strafgesetzbuchs). Weiterhin heißt es: „Der Tatbestand, andere dazu zu zwingen, einem anderen Glauben anzugehören, ist als Vergehen anzusehen“ (Ergänzung B zu Abschnitt 463). Dieses kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.

Nachdem die Regierung im Jahr 2019 angekündigt hatte, dass eine Registrierung keine Voraussetzung für religiöse Versammlungen ist, hatten die Christen auf mehr Handlungsspielraum gehofft; aber bisher war keine Veränderung zu spüren. Es kann jedoch gut sein, dass die Behörden diese Frage absichtlich offen lassen, da sie in einer Zeit, in der sich die Regierung auf so viele andere Herausforderungen konzentrieren muss, keine unerwünschte öffentliche Unruhe schüren wollen. Minderheiten haben das aktive und passive Wahlrecht, aber die Stimme insbesondere religiöser Minderheiten wird in Gesellschaft und Regierung kaum beachtet. Bei den bürgerlichen und politischen Rechten ist noch ein langer Weg zurückzulegen.

Bhutan ist ein sehr kleines Land, das von China und Indien eingeschlossen ist – den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt. Diese Lage Bhutans zwischen Indien und China erfordert klug ausgewogene Außenbeziehungen, wobei die Verbindung zu Indien traditionell stärker ist und Bhutan das einzige Land an der Grenze zu China ist, zu dem Peking aufgrund des großen Einflusses Indiens keine formellen diplomatischen Beziehungen unterhält.

Weltanschauungen Anhänger %
Christen 19.500 2,4
Muslime 2.200 0,3
Hindus 95.300 12,0
Buddhisten 650.000 81,7
Anhänger ethnischer Religionen 28.100 3,5
Bahai 100 < 0,1
Agnostiker 260 < 0,1

2. Gibt es regionale Unterschiede?

In Bhutan gibt es keine regionalen Brennpunkte, wo vermehrt Verletzungen der Religionsfreiheit zu verzeichnen sind.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Religiös motivierter Nationalismus

Bhutan ist eigentlich ein säkularer Staat, doch das spirituelle Erbe des Landes ist der Mahayana-Buddhismus. In der Verfassung heißt es: „Alle religiösen Einrichtungen und Persönlichkeiten haben die Aufgabe, das geistige Erbe des Landes zu fördern.“ Bis heute wurde es keiner einzigen Gemeinde erlaubt, ein Kirchengebäude zu bauen. Besonders in ländlichen Gegenden stellen sich buddhistische Mönche gegen die Anwesenheit von Christen. Sie setzen Christen unter Druck, wieder zu ihrem alten buddhistischen Glauben zurückzukehren. Regierungsbeamte neigen dazu, eher auf der Seite der Mönche zu stehen (es ist üblich, dass Mönche für die Regierung arbeiten), und sind bereit, das buddhistische soziale Gefüge mit allen Mitteln zu erhalten. Die gesellschaftlichen Strukturen sind sehr eng; jede Abweichung wird als Störung der Harmonie empfunden, weshalb christliche Konvertiten auch von ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt werden.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Ausländische Christen und Arbeitsmigranten

Es gibt nur sehr wenige ausländische Christen. Ihnen ist es nicht möglich, sich den Hauskirchen anzuschließen.

Christen aus traditionellen Kirchen

Die wenigen römisch-katholischen Christen werden zwar toleriert. Als Kirche sind sie jedoch nicht offiziell anerkannt und werden diskriminiert.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Christen, die zuvor dem Buddhismus, dem Hinduismus oder einer Stammesreligion angehörten, erleben Diskriminierung sowie starken Druck vonseiten ihrer Familie und ihres sozialen Umfelds, zu ihrem jeweiligen alten Glauben zurückzukehren.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Hierzu gehören evangelikale und pfingstkirchliche Christen. Sie werden von den Behörden streng überwacht, gelegentlich kommt es zu Razzien und Verhaftungen.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 13.1
Familienleben 12.1
Gesellschaftliches Leben 12.4
Leben im Staat 14.1
Kirchliches Leben 14.3
Auftreten von Gewalt 2.2

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Jeder Glaubenswechsel wird von der Familie, dem sozialen Umfeld, den religiösen Autoritäten und dem Staat strikt abgelehnt. Schon das Verteilen eines einfachen Traktats kann Grund für eine Verhaftung sein. Abschnitt 463 (A) des Strafgesetzbuches besagt, dass ein Glaubenswechsel durch „Zwang“ oder „andere Anreize“ eine strafbare Handlung darstellt. Die Begriffe sind nicht klar definiert, was es Behörden und religiösen Anführern erleichtert, sie als Anti-Konversions-Gesetzgebung zu verwenden. Konvertiten verstecken in der Regel ihren Glauben und treffen sich unauffällig mit anderen Christen. Christen und sogar christliche Gemeinden vermeiden es, christliche Symbole öffentlich zu zeigen, da dies eine negative Reaktion von Nationalisten und extremistischen Buddhisten hervorrufen könnte.

Familienleben

Kinder von Christen werden von Lehrern und Mitschülern unter Druck gesetzt und diskriminiert. Sie müssen sich mit dem Buddhismus beschäftigen und an Ritualen und Gebeten teilnehmen, einschließlich der Verneigung vor Schreinen. Christliche Beerdigungen werden häufig von nicht christlichen Familienmitgliedern, der Gesellschaft und den Behörden behindert. Wegen des starken Widerstands müssen verstorbene Christen oft im benachbarten Indien beerdigt werden. Taufen gelten als ultimativer Beweis eines Glaubenswechsels durch „Anreize“, weshalb sie nur im Geheimen stattfinden. Ein Forscher von Open Doors erklärt: „Christen erleben Schwierigkeiten bei den Meldebehörden; Regierungsbeamte versichern ihnen zwar immer wieder, dass sie einen Personalausweis erhalten werden, aber auch nach mehreren Besuchen haben sie noch keinen erhalten.“

Gesellschaftliches Leben

Besonders in den Dörfern wird von Christen erwartet, dass sie an den buddhistischen Aktivitäten teilnehmen, andernfalls werden sie schikaniert. Von ihren örtlichen Gemeinschaften werden Christen überwacht und den Behörden gemeldet. Diese Überwachung betrifft unter anderem auch Telefonanrufe und die Nutzung der sozialen Medien. Wenn ein Christ auf der Grundlage des Anti-Bekehrungs-Gesetzes beschuldigt wird, wird er auf die Polizeiwache vorgeladen und verhört. Christen werden bei Stellenausschreibungen und Subventionsprogrammen der Regierung benachteiligt; sie können auch entlassen werden, wenn ihr christlicher Glaube in der Öffentlichkeit bekannt wird. Daher verbergen Christen meist ihren Glauben.

Leben im Staat

Die Verfassung schützt den Mahayana-Buddhismus als „spirituelles Erbe“ der Nation. Obwohl die Verfassung das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit erwähnt, heißt es im Abschnitt 463 (A) des Strafgesetzbuches: „Ein Angeklagter macht sich der Straftat schuldig, andere dazu zu zwingen, einem anderen Glauben anzugehören, wenn der Angeklagte Zwang oder andere Anreize anwendet, um die Konversion einer Person von einer Religion oder einem Glauben zu einer/einem anderen zu bewirken.“ Dies kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Das „Amt für religiöse Organisation“ – die staatliche Behörde, die für die Registrierung religiöser Organisationen zuständig ist – hat bisher keine einzige christliche zivilgesellschaftliche Organisation oder politische Partei anerkannt.

Kirchliches Leben

Das Thema Registrierung bleibt für Kirchen das größte Problem, denn ohne offizielle Registrierung sind christliche Gemeinden faktisch illegal. Zwar erklärt die Regierung, Christen dürften sich treffen, doch ihre Versammlungen werden zum Teil von Dorfbewohnern gestört oder ihre Rechtmäßigkeit wird auf lokaler Ebene infrage gestellt. Christliche Gruppen, die sich beim Amt für religiöse Organisation registrieren lassen wollen, bekommen keine Antwort. Bibeln und anderes christliches Material können nicht in Bhutan produziert werden. Der Import ist nicht erlaubt, außer er geschieht in kleinen Mengen und nur für den privaten Gebrauch.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

Aus Sicherheitsgründen können keine Details veröffentlicht werden.

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr Platzierung Punktzahl
2024 36 68
2023 40 66
2022 34 67
2021 43 64
2020 45 61

Die Verfolgungssituation in Bhutan hat sich im Berichtszeitraum zum Weltverfolgungsindex 2024 nicht sehr verändert; die Gesamtwertung ist um 1,9 Punkte gestiegen. Es wurden mehr Gewalttaten gemeldet, aber die Gewalt hat immer noch ein vergleichsweise niedriges Ausmaß, obwohl sich der Wert verdoppelt hat. Am stärksten hat der Druck im Bereich gesellschaftliches Leben zugenommen, aber neben dem Druck auf einzelne Christen ist auch der Druck auf die Kirchen weiterhin hoch. Christliche Konvertiten erfahren aufgrund ihres Glaubenswechsels weiterhin Schwierigkeiten. Sie sind in der Gesellschaft nicht anerkannt; daher werden sie oft von ihren Mitbürgern gemieden und die Behörden verweigern ihnen offizielle Dokumente. Kinder von Christen werden in der Schule oft diskriminiert. Christliche Kirchen werden schikaniert und haben Schwierigkeiten, sich zu versammeln, vor allem nachdem ein Schreiben der Abteilung für Recht und Ordnung des Innenministeriums vom April 2023 die Bezirksregierungsstellen von Dzongkhag und Thormde aufgefordert hatte, keine religiösen Versammlungen ohne Genehmigung zuzulassen, ebenso wenig wie Programme, die nicht mit den kulturellen, traditionellen und sozialen Werten Bhutans übereinstimmen.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Bhutan ist traditionell eine matriarchalische Gesellschaft, das heißt, Frauen werden seit jeher eher begünstigt. Doch die begrenzte politische Repräsentation von Frauen und die hohe Rate an Kinderehen schaffen ein Umfeld voller Widersprüche und setzen Frauen unter erheblichen familiären Druck. Frauen, die vom Buddhismus zum christlichen Glauben konvertieren, sind am stärksten von Verfolgung bedroht, in der Regel durch Enteignung oder Scheidung. Christinnen, die mit Nichtchristen verheiratet sind, werden unter Druck gesetzt, trotz häuslicher Gewalt bei ihren Ehemännern zu bleiben. Für alleinstehende christliche Konvertitinnen ist die Zwangsheirat genauso eine reale Bedrohung wie die Enteignung und der Zwang, das Elternhaus zu verlassen.

Männer

Die matriarchalischen Traditionen und Normen des Landes haben zur Folge, dass das Erbe und der Landbesitz bevorzugt an die weibliche Linie weitergegeben werden, wenngleich dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Männer, die sich dem christlichen Glauben zuwenden, werden unter Umständen von ihrer Familie verstoßen, aus ihrem Haus vertrieben und verlieren ihr Erbe. Darüber hinaus können sie von Gleichaltrigen und ihrem sozialen Umfeld generell abgelehnt werden, was das Gefühl der Isolation noch verstärkt. Außerdem erfahren Männer auch Diskriminierung am Arbeitsplatz. Wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren oder von der traditionellen (kooperativen) Landwirtschaft ausgeschlossen werden, ist davon die ganze Familie betroffen, da Männer üblicherweise die Hauptverdiener sind.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Im Bericht zur internationalen Religionsfreiheit des US-Außenministeriums von 2022 heißt es zu Bhutan: „Der hinduistische Devi-Panchayan-Tempel in Thimphu, der von der Regierung finanziert, vom König genehmigt und 2019 geweiht wurde, wurde am 23. September (2022) feierlich eröffnet. [...] Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Minority Rights Group International gaben die Behörden buddhistischen Tempeln bei der Erteilung von Genehmigungen den Vorrang vor Hindu-Tempeln.“ Die Lhotshampa, die in Bhutan leben, aber nepalesischer Abstammung sind, sind eine überwiegend hinduistische Gruppe, die vor allem im südlichen Tiefland des Landes ansässig ist. Sie machen schätzungsweise 33 % der Bevölkerung Bhutans aus. Sie waren in den letzten Jahrzehnten Opfer schwerer Diskriminierung und Verfolgung durch den Staat, aber nicht nur durch Bhutan allein, sondern auch durch Nepal.

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Bhutan:

  • Beten Sie, dass Gott christliche Konvertiten, die von ihren Familien verstoßen werden oder ihren Arbeitsplatz verlieren, mit allem Lebensnotwendigen versorgt sowie sie stärkt und tröstet.
  • Bitten Sie Jesus, auch die Herzen der Familienmitglieder von Konvertiten zu erreichen.
  • Beten Sie um Schutz vor Verhören und Inhaftierung für Christen, die das Evangelium an andere weitergeben.
  • Bitten Sie um Religionsfreiheit in Bhutan und darum, dass die Regierung christliche Kirchen offiziell anerkennt und ihnen eine amtliche Registrierung zugesteht.

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