Weltverfolgungsindex 2023

Bhutan

Christenverfolgung in Bhutan

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022

Überblick

Es wird von allen Bhutanern erwartet, dem Buddhismus zu folgen. Konvertiten zum christlichen Glauben werden mit Misstrauen beobachtet. Meistens versuchen ihre Familien und ihr soziales Umfeld, sie dazu zu bewegen, wieder ihrer alten Religion zu folgen. Abgesehen von Konvertiten gehören viele Christen der nepalesischen Minderheit an. Es gibt keine Kirchen, die offiziell staatlich anerkannt sind. Das bedeutet, dass sich Christen eigentlich im Bereich der Illegalität bewegen, wenn sie sich zum Gottesdienst versammeln. Lokale Behörden weigern sich oft, Christen eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ auszustellen. Diese wird etwa für Kreditanträge benötigt, für die Registrierung von Eigentum, die Bewerbung um einen Arbeitsplatz und die Erneuerung von Personalausweisen.

Länderprofil als PDF

Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

Country Dossier als PDF

Länderprofil als PDF

1. Hintergrund

Bhutan wird als konstitutionelle Monarchie regiert. Der junge König ist beliebt und gilt als Hüter des Buddhismus. Nach dem nationalen Sicherheitsgesetz von 1992 gilt es als Hochverrat, sich ablehnend gegenüber dem König, dem Volk oder dem Land zu äußern. Jeder, der sich dessen schuldig macht, kann ins Gefängnis kommen. Bhutan ist ein sehr kleines Land, das von China und Indien eingeschlossen ist – den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt. China hat auf einem Teil des bhutanischen Territoriums dörfliche Infrastrukturen errichtet und damit stillschweigend Land für das „Autonome Gebiet Tibet“ beansprucht. Die Lage Bhutans zwischen Indien und China erfordert klug ausgewogene Außenbeziehungen, und auch wenn die Verbindung zu Indien traditionell stärker ist, hat Bhutan es bisher vermieden, China zu brüskieren.

Es wird von allen Bürgern erwartet, dem Buddhismus zu folgen. Abweichler werden mit Misstrauen bedacht und zu gesellschaftlichen Außenseitern. Die meisten Christen haben einen nepalesischen Hintergrund. Viele von ihnen leben im südlichen Teil des Landes. Während des regelmäßigen Prüfverfahrens der Vereinten Nationen („Universal Periodic Review“) erklärte die Regierung 2019, dass „die Registrierung einer religiösen Organisation keine Voraussetzung für die Ausübung der Religion“ ist. Dennoch haben Christen immer noch keinen rechtlichen Status erhalten. Christliche Gruppen können sich zwar treffen, müssen dies aber unauffällig tun. Kirchen, die eine Registrierung beantragt haben, warten weiterhin auf die Genehmigung durch die „Kommission für religiöse Angelegenheiten“ (CRO) der Regierung. Die Wirtschaft Bhutans ist stark vom Tourismus abhängig. Nach der Covid-19-Pandemie wurde das Land im September 2021 wieder für internationale Touristen geöffnet. Allerdings wurde der Betrag, den Touristen pro Besuchstag ausgeben müssen, von 70 auf 200 US-Dollar erhöht, was sich negativ auf die Touristenzahlen auswirken könnte.

Weltanschauungen

Anhänger

%

Christen

18.800

2,4

Hindus

92.900

11,8

Buddhisten

647.000

82,1

Anhänger ethnischer Religionen

27.100

3,4

2. Gibt es regionale Unterschiede?

In Bhutan gibt es keine regionalen Brennpunkte für Verletzungen der Religionsfreiheit.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Religiös motivierter Nationalismus

Bhutan ist eigentlich ein säkularer Staat, doch das spirituelle Erbe des Landes ist der Mahayana-Buddhismus. Laut der vom König eingeführten Verfassung ist es „die Verantwortung aller religiösen Institutionen und Persönlichkeiten, das spirituelle Erbe des Landes zu fördern“. Der König ist ein Aushängeschild der Religion – sichtbar, jung und sehr verehrt. Bis heute wurde es keiner einzigen Gemeinde erlaubt, ein Kirchengebäude zu bauen. Besonders in ländlichen Gegenden stellen sich buddhistische Mönche gegen die Anwesenheit von Christen. Sie setzen Christen unter Druck, wieder zu ihrem alten buddhistischen Glauben zurückzukehren. Regierungsbeamte neigen dazu, eher auf der Seite der Mönche zu stehen (es ist üblich, dass Mönche für die Regierung arbeiten) und sind bereit, das buddhistische soziale Gefüge mit allen Mitteln zu erhalten. Die Gesellschaft ist eng miteinander verbunden; jede Abweichung wird als Störung der Harmonie empfunden, weshalb christliche Konvertiten auch von ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt werden.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Ausländische Christen und Arbeitsmigranten

Es gibt nur sehr wenige ausländische Christen. Ihnen ist es nicht möglich, sich den Hauskirchen anzuschließen.

Christen aus traditionellen Kirchen

Die wenigen römisch-katholischen Christen werden zwar toleriert. Als Kirche sind sie jedoch nicht offiziell anerkannt und werden diskriminiert.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Christen mit buddhistischem, hinduistischem oder ethnischem Hintergrund erleben Diskriminierung sowie starken Druck vonseiten ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld, zu ihrem jeweiligen alten Glauben zurückzukehren.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Dazu gehören evangelikale und pfingstkirchliche Christen. Sie werden von den Behörden streng überwacht, gelegentlich kommt es zu Razzien und Verhaftungen.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 13.2
Familienleben 12.3
Gesellschaftliches Leben 11.6
Leben im Staat 13.9
Kirchliches Leben 14.2
Auftreten von Gewalt 1.1

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Jeder Glaubenswechsel wird von der Familie, dem sozialen Umfeld, den religiösen Autoritäten und dem Staat strikt abgelehnt. Schon das Verteilen eines einfachen Traktats kann Grund für eine Verhaftung sein. Paragraph 463 (A) des Strafgesetzbuches besagt, dass ein Glaubenswechsel durch „Nötigung“ oder „andere Anreize“ eine strafbare Handlung darstellt. Diese Begriffe sind jedoch nicht klar definiert, was es den Behörden sowie den ethnischen und religiösen Führern erleichtert, den Paragraphen als Anti-Bekehrungs-Gesetz zu nutzen. Konvertiten verbergen ihren Glauben üblicherweise in der Öffentlichkeit und treffen sich nur heimlich mit anderen Christen. Christen und sogar christliche Gemeinden vermeiden es, christliche Symbole öffentlich zu zeigen, da dies eine negative Reaktion von Nationalisten und extremistischen Buddhisten bewirken könnte.

Familienleben

Kinder von Christen werden von Lehrern und Mitschülern unter Druck gesetzt und diskriminiert. Es wird ihnen vorgeschrieben, etwas über den Buddhismus zu lernen und an Ritualen und Gebeten teilzunehmen, einschließlich der Verneigung vor Schreinen. Christliche Beerdigungen werden häufig von nicht christlichen Familienmitgliedern, der Gesellschaft und den Behörden behindert. Wegen des starken Widerstands müssen verstorbene Christen oft im benachbarten Indien beerdigt werden. Die Taufe gilt als ultimativer Beweis eines Glaubenswechsels durch „Anreize“, weshalb Taufen nur im Geheimen stattfinden.

Gesellschaftliches Leben

Besonders in den Dörfern wird von Christen erwartet, dass sie an den buddhistischen Aktivitäten teilnehmen, andernfalls werden sie schikaniert. Von ihren örtlichen Gemeinschaften werden Christen überwacht und den Behörden gemeldet. Diese Überwachung umfasst unter anderem auch ihre Telefonanrufe und Nutzung von sozialen Medien. Wenn ein Christ nach dem Anti-Bekehrungs-Gesetz angeklagt wird, wird er auf die Polizeiwache gerufen und verhört. Christen werden bei Stellenausschreibungen und Subventionsprogrammen der Regierung benachteiligt; sie können entlassen werden, wenn ihr christlicher Glaube in der Öffentlichkeit bekannt wird. Daher verbergen Christen meist ihren Glauben.

Leben im Staat

Die Verfassung schützt den Mahayana-Buddhismus als „spirituelles Erbe“ der Nation. Obwohl die Verfassung das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit erwähnt, heißt es im Abschnitt 463 (A) des Strafgesetzbuches: „Ein Angeklagter ist schuldig des Vergehens, andere zu einem anderen Glauben bewegt zu haben, wenn er sich dabei der Nötigung oder einer Art von Anreizen bedient hat, um die Bekehrung zu einem anderen Glauben zu erreichen.“ Das kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Die CRO, die staatliche Behörde, die für die Registrierung religiöser Organisationen zuständig ist, hat bisher keine einzige christliche zivilgesellschaftliche Organisation oder Partei anerkannt.

Kirchliches Leben

Das Thema Registrierung bleibt für Kirchen das größte Problem, denn ohne offizielle Registrierung sind christliche Gemeinden faktisch illegal. Zwar erklärt die Regierung, Christen dürften sich treffen, doch ihre Versammlungen werden zum Teil von Dorfbewohnern gestört oder ihre Rechtmäßigkeit wird auf lokaler Ebene infrage gestellt. Christliche Gruppen, die sich bei der CRO registrieren lassen wollen, bekommen keine Antwort. Bibeln und anderes christliches Material können nicht in Bhutan produziert werden. Der Import ist nicht erlaubt, außer er geschieht in kleinen Mengen und nur für den privaten Gebrauch.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

Aus Sicherheitsgründen können keine Details veröffentlicht werden.

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr

Platzierung

Punktzahl

2023

40

66

2022

34

67

2021

43

64

2020

45

61

2019

33

64

Die Punktzahl für Bhutan sank geringfügig um 0,4 Punkte. Es wurden weniger gewalttätige Vorfälle gemeldet. Dies könnte jedoch auch darauf zurückzuführen sein, dass Bhutan zumindest während eines Teils des Berichtszeitraums für den Tourismus nahezu geschlossen war. Der Druck im Bereich des kirchlichen Lebens nahm am stärksten zu, da es Christen erschwert wurde, Zusammenkünfte abzuhalten. Trotzdem bleibt der Druck in allen Lebensbereichen auf einem vergleichbaren Ausmaß, was insbesondere die anhaltenden Schwierigkeiten widerspiegelt, denen sich christliche Konvertiten aus dem Buddhismus oder aus den ethnisch-animistischen Religionen gegenübersehen.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Bhutan ist traditionell eine matriarchalische Gesellschaft, das heißt, Frauen werden seit jeher eher begünstigt. Doch die begrenzte politische Repräsentation von Frauen und die hohe Rate an Kinderehen schaffen ein Umfeld voller Widersprüche und setzen Frauen unter erheblichen familiären Druck. Frauen, die vom Buddhismus zum christlichen Glauben konvertieren, sind am stärksten von Verfolgung bedroht, in der Regel durch Enteignung oder Scheidung. Christinnen, die mit Nichtchristen verheiratet sind, werden unter Druck gesetzt, trotz häuslicher Gewalt bei ihren Ehemännern zu bleiben. Für alleinstehende christliche Konvertitinnen ist die Zwangsheirat genauso eine reale Bedrohung wie die Enteignung und der Zwang, das Elternhaus zu verlassen.

Männer

Die matriarchalischen Traditionen und Normen des Landes haben zur Folge, dass das Erbe und der Landbesitz bevorzugt an die weibliche Linie weitergegeben werden, wenngleich dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Männer, die sich dem christlichen Glauben zuwenden, werden unter Umständen von ihrer Familie verstoßen, aus ihrem Haus vertrieben und verlieren ihr Erbe. Darüber hinaus werden sie gegebenenfalls von ihresgleichen und der örtlichen Gemeinschaft abgelehnt – wodurch sich das Gefühl der Isolation in ihnen noch verstärkt. Außerdem werden Männer möglicherweise auch am Arbeitsplatz diskriminiert. Wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren oder von der traditionellen Landwirtschaft ausgeschlossen werden, ist davon die ganze Familie betroffen, da der Erwerb der Männer üblicherweise die finanzielle Lebensgrundlage bildet.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Die Lhotshampa, die zum größten Teil im Süden Bhutans leben, aber nepalesischer Abstammung sind, sind eine mehrheitlich hinduistische Gruppe, die etwa 33 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Sie wurden in den letzten Jahrzehnten Opfer von schwerer staatlich ausgeübter Diskriminierung und Verfolgung durch Bhutan sowie durch Nepal. Vielen Minderheiten des Landes werden die Bürgerrechte entzogen, und sie bekommen keinen Zugang zu Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung oder Wohnraum – dies ist ein Ergebnis der „Eine Nation, ein Volk“-Politik, die allen Mitgliedern der bhutanischen Bevölkerung die Traditionen der dominanten buddhistischen Drukpa-Elite aufzwingt.

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Bhutan:

  • Beten Sie, dass Christen, die von ihren Familien verstoßen wurden, neue Gemeinschaften finden, um Familie, Liebe und Hoffnung zu erleben.
  • Beten Sie, dass Gott die praktische Unterstützung der Partner von Open Doors gebraucht, um Christen zu stärken, die Verfolgung ausgesetzt sind.
  • Bitten Sie um Religionsfreiheit in Bhutan und darum, dass die Regierung christliche Kirchen offiziell anerkennt und ihnen eine amtliche Registrierung zugesteht.

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