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Nigeria


Christenverfolgung in Nigeria
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Die Christen in Nigeria leiden unter einer zermürbenden Kombination aus islamischer Unterdrückung, ethnisch-religiösen Anfeindungen, diktatorischer Paranoia und organisiertem Verbrechen und Korruption. Der Regierung ist es nicht gelungen, die Zunahme von Gewalt zu verhindern, die von islamisch-extremistischen Milizen ausgeht. Die meisten Angriffe werden im Norden verübt, von Boko Haram und ihrer Abspaltung „Islamischer Staat in der Provinz Westafrika“ (ISWAP) sowie von militanten Fulanis und anderen bewaffneten Kriminellen. Die Folgen davon sind Mord, Körperverletzungen, Vergewaltigungen, Entführungen, Verlust von Eigentum und Zerstörung von Ackerland. Davon sind Christen besonders betroffen. Ihnen wird zusätzlich der Grundbesitz und damit ihre Erwerbsquelle geraubt und viele leben als Binnenflüchtlinge oder sind in andere Länder geflohen.
Im nördlichen Teil von Nigeria werden Christen diskriminiert und wie Bürger zweiter Klasse behandelt. Das trifft besonders in den sogenannten „Scharia-Staaten“ zu, in denen das islamische Recht gilt. Christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund erleben zudem die Zurückweisung durch ihre eigenen Familien und werden unter Druck gesetzt, ihren christlichen Glauben aufzugeben; oft kommt es auch zu tätlichen Übergriffen. In den vergangenen Jahren hat das Ausmaß der Gewalt zugenommen und sich auf die südlichen Bundesstaaten ausgeweitet. Dadurch wurde das Gefühl der Unsicherheit und das Ausmaß der Straflosigkeit noch verstärkt. Präsident Muhammadu Buhari hat immer mehr Muslime in die wichtigsten Regierungsämter berufen. Das erschwert es den Christen, die Menschenrechtsverletzungen erlitten haben, die Ungerechtigkeiten anzuprangern. Christliche Gemeinschaften werden bei Übergriffen oft von den Sicherheitskräften, die unter dem Befehl der nigerianischen Bundesregierung stehen, im Stich gelassen. Religiös motivierte Gewalt findet auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und von Umweltzerstörung statt – wenn dadurch nämlich Fulani-Hirten und ihr Vieh in den Süden getrieben und die Beziehungen allgemein zwischen Hirten und Landwirten belastet werden.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Nachdem Nigeria im Jahr 1960 seine Unabhängigkeit von Großbritannien erlangt hatte, kam es erst im Jahr 1999, im Anschluss an eine 16-jährige Militärherrschaft, zu einer dauerhaften Demokratisierung des Landes. Muhammadu Buhari von der Partei „All Progressives Congress“ (APC), wurde 2015 Präsident von Nigeria; im Februar 2019 gelang ihm die Wiederwahl. Die Wahl war umstritten und überschattet von Gewalt und willkürlichen Bestimmungen, welche die Wahlkommission zur Unterstützung des Präsidenten erlassen hatte.
Nigeria ist die größte Volkswirtschaft in Sub-Sahara Afrika. Dennoch herrscht verbreitet Armut und 40 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Der Norden Nigerias ist im Vergleich zum Süden stark unterentwickelt. Korruption ist weitverbreitet, wobei ein Streitpunkt die Verteilung der Öleinnahmen ist.
18 Prozent aller Mädchen werden vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet. Das „Gesetz zum Verbot von Gewalt gegen Personen“ (Originaltitel: „Violence against Persons Prohibition“) aus dem Jahr 2015 ist das erste nigerianische Strafgesetz, in dem ein breites Spektrum von Gewalt anerkannt wird, insbesondere auch Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Allerdings wurde das Gesetz von mehreren nördlichen Bundesstaaten noch nicht ratifiziert, in denen die Scharia gilt. Häusliche Gewalt in der Ehe ist weit verbreitet. Im islamisch geprägten Norden dürfen Ehemänner ihre Frauen maßregeln, solange keine „schweren körperlichen Schäden“ verursacht werden.
Zahlreiche Gruppen begehen Menschenrechtsverletzungen. Im Norden Nigerias hat Boko Haram eine systematische Kampagne gegen den nigerianischen Staat geführt und 2014 im Bundesstaat Borno ein islamisches Kalifat ausgerufen. Die extremistische Gruppierung hat besonders Christen ins Fadenkreuz genommen. Christliche Männer werden von ihr entführt und getötet, während Christinnen entführt, vergewaltigt und zwangsverheiratet werden – um dadurch christlich geprägte Gebiete zu entvölkern. Der Anführer von Boko Haram, Abubakar Shekau, starb im Mai 2021. Die Aktivitäten der Gruppe hat dies aber nicht beeinträchtigt. Ähnliche Gewalt geht von der Gruppe ISWAP aus, die sich – wie auch Boko Haram – ebenfalls zum sogenannten „Islamischen Staat“ bekennt. Außerdem greifen militante Fulani überwiegend die von Christen bewohnten Dörfer in mehreren nördlichen Bundesstaaten an, entführen, vergewaltigen und töten Menschen, zerstören Gebäude und Ernten oder besetzen Ackerland. Die gewalttätigen Angriffe haben sich sehr schnell weiter nach Süden hin ausgebreitet. Bewaffnete Kriminelle sind ebenfalls für Gewalt in den nördlichen Bundesstaaten verantwortlich, wo sie vergewaltigen, töten, entführen und Eigentum niederbrennen. Auch von den Angriffen dieser bewaffneten Gruppierung sind Christen unverhältnismäßig stark betroffen, was die Frage aufwirft, inwieweit es eine informelle Absprache zwischen Boko Haram, ISWAP, militanten Fulani und den bewaffneten Kriminellen gibt.
Im Dezember 2020 hatte die damalige Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs eine formelle Untersuchung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert; dabei hatte sie neben nichtstaatlichen Akteuren auch Angehörige der nigerianischen Sicherheitskräfte beschuldigt. Unter ihrem Nachfolger hat es bisher keine erkennbaren Fortschritte gegeben.
Der südliche Teil Nigerias ist überwiegend (zu 71 Prozent) christlich, während der Norden Nigerias (bei 25 Prozent Christen)überwiegend muslimisch geprägt ist. Diese religiöse Teilung deckt sich teilweise mit der ethnischen Spaltung in Nigeria: Die Hausa-Fulani im Norden sind überwiegend muslimisch und die Igbo im Südosten Nigerias hauptsächlich christlich, während die Yoruba im Südwesten Nigerias sowohl einen bedeutenden muslimischen als auch einen bedeutenden christlichen Bevölkerungsanteil haben. Obwohl Nigeria laut Verfassung ein säkularer Staat ist, hat die herrschende Elite des Nordens jahrzehntelang Christen zugunsten von Muslimen diskriminiert. Seit 1999 wurde die Scharia in zwölf nördlichen Bundesstaaten eingeführt. Am 25. Februar finden im Land Präsidentschaftswahlen statt.
Weltanschauungen | Anhänger | % |
Christen | 100.420.000 | 46,3 |
Muslime | 100.369.000 | 46,3 |
Anhänger ethnischer Religionen | 15.217.000 | 7,0 |
Agnostiker | 551.000 | 0,3 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Die Lage ist für alle Zivilisten, insbesondere für Christen, sehr schwierig geworden. Nigeria hat sechs geopolitische Zonen. Früher hatte jeder dieser Zonen ihr eigenes Profil hinsichtlich Feindseligkeiten gegen Christen (und andere). Im Nordosten ging die Gewalt vor allem von Boko Haram und ISWAP aus, im Nordwesten von bewaffneten Kriminellen und im zentralen Norden – einschließlich des Bundesstaates Kaduna – von militanten Fulani. Heute ist die Gewalt nicht mehr nur auf die drei nördlichen geopolitischen Zonen beschränkt, sondern hat sich auf die drei südlichen geopolitischen Zonen ausgeweitet. Zudem überschneiden sich die Einflussbereiche dieser verschiedenen Gruppen immer mehr und anscheinend auch ihre Ziele. Daher ist es immer schwieriger zu unterscheiden, welche gewalttätige Gruppierung für welche Taten verantwortlich ist und worin die spezifische Identität einer bestimmten Gruppierung besteht.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung, ethnisch-religiöse Feindseligkeit, diktatorische Paranoia und organisiertes Verbrechen und Korruption
Es gibt erhebliche Überschneidungen zwischen den Triebkräften der Verfolgung in Nigeria. In den zwölf nördlichen Staaten gilt die Scharia. Präsident Buhari, der selbst den islamischen Fulani angehört, nutzt seine Position, um Muslime in Schlüsselpositionen zu berufen. Dies begünstigt im ganzen Land eine Kultur der Straflosigkeit, in der die Grundrechte von Nichtmuslimen missachtet und Verstöße gegen Christen oftmals nicht geahndet werden. Nichtchristliche (vor allem muslimische) religiöse Leiter fördern die Übergriffe auf Christen durch eine intolerante Ideologie und Aufstachelung zur Gewalt. Islamistische Gruppierungen, wie etwa Boko Haram und ISWAP, greifen weiterhin Zivilisten an, insbesondere Christen. In gleicher Weise wird Gewalt von militanten Fulani verübt und zusätzlich von bewaffneten Kriminellen – dies alles geschieht seit vielen Jahren in den nördlichen Staaten, aber zunehmend auch in den südlichen. Die „Miyetti Allah Cattle Breeders Association of Nigeria“ ist eine ideologische Interessengruppe mit einer starken Agenda. Unter ihren mächtigen Schutzherren ist auch Präsident Buhari. Zu den weiteren Verfolgern gehören Mobs bestehend aus Bürgern, die auf der Straße Gewalt gegen Christen ausüben, Familienmitglieder (insbesondere für Christen muslimischer Herkunft), politische Parteien und Netzwerke des organisierten Verbrechens.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Zu den traditionellen Kirchen gehören in Nigeria die Römisch-Katholische Kirche sowie protestantische, anglikanische, methodistische und lutherische Gemeinden. Diese Kirchen sind gewalttätigen Angriffen durch militante Gruppen und bewaffnete Kriminelle ausgesetzt, die ihren Besitz und das Leben ihrer Mitglieder bedrohen. Zusätzlich werden sie durch lokale Behörden, insbesondere in den nördlichen Bundesstaaten, diskriminiert. Von der Gewalt sind nun auch traditionelle Gemeinden in den südlichen Bundesstaaten betroffen, ebenso wie von der Landnahme und den Einschüchterungsversuchen durch militante Fulani.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Die meisten der Konvertiten in Nigeria haben einen muslimischen Hintergrund. Wegen der Gefahr schwerer Verfolgung und bis hin zu ihrer Ermordung sind sie oft gezwungen, in Zufluchtshäusern Schutz zu suchen. Konvertiten muslimischer Herkunft aus dem Norden des Landes müssen häufig aus ihren Häusern und Staaten fliehen, um ihr Leben zu retten und Schikanierung zu entgehen; im Süden ist dies weniger wahrscheinlich, obwohl es auch in südwestlichen Gebieten dazu kommen kann.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Die evangelikalen und pfingstkirchlichen Gemeinden machen mittlerweile einen beträchtlichen Teil der nigerianischen Christen aus. In den nördlichen Staaten haben diese zwei Gemeindegruppen mit Diskriminierung vonseiten der lokalen Behörden zu kämpfen, sowie mit gewaltsamen Angriffen militanter Gruppierungen und bewaffneter Kriminellen auf ihren Besitz und auf das Leben ihrer Gemeindemitglieder. Die Gewalt gegen Christen aus protestantischen Freikirchen hat sich aber auch auf die südlichen Staaten hin ausgeweitet.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft aus dem Norden des Landes (einschließlich einiger Teile des Südens) müssen häufig fliehen, um nicht von ihren Familien oder ihrem sozialen Umfeld getötet oder schikaniert zu werden. Alles, was ihren christlichen Glauben offenbart, ist gefährlich. Für Christen, die keine Konvertiten sind, kann ihr englisch oder biblisch klingender Name ein Hinweis auf ihren Glauben sein. Ihr Name kann dabei über Leben und Tod entscheiden, beispielsweise bei Überfällen von gewalttätigen extremistisch-islamischen Gruppen. Allein das Leben in überwiegend von Christen bewohnten ländlichen Gebieten stellt in einigen Bundesstaaten eine große Gefahr dar und führt zu einem hohen Maß an Angst unter der Bevölkerung. Das Gleiche gilt für viele Christen, die als Binnenflüchtlinge in einem unsicheren Umfeld leben.
Familienleben
Christen stehen vor mehreren Herausforderungen in ihrem Familienleben, insbesondere in den nördlichen Bundesstaaten (und teilweise auch in den südlichen). Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft fürchten die Entdeckung ihres neuen Glaubens durch ihre Familien. Dies könnte den Verlust des Sorgerechts für ihre Kinder bedeuten oder sie zur Flucht von zu Hause zwingen. Wenn eine Christin Witwe wird, nehmen manchmal muslimische Verwandte die Kinder zu sich, um sie als Muslime zu erziehen. In den Lagern für Binnenflüchtlinge ist es für christliche Eltern schwierig, ihre Kinder gemäß ihrem Glauben zu erziehen.
Gesellschaftliches Leben
Im Norden des Landes sowie in Teilen des Südens werden Menschen mit englischen oder biblischen Namen in Schulen, Krankenhäusern und am Arbeitsplatz häufig diskriminiert. In muslimisch geprägten Gebieten gelten Christen als Ungläubige und werden schikaniert. Männer können sogar dafür festgenommen werden, einen „unmoralischen Haarschnitt“ zu tragen. Herrschende Emire sind mitunter an der Entführung christlicher Mädchen zum Zweck der Zwangsheirat beteiligt. Staatliche Versorgungsmaßnahmen erreichen die christlichen Gemeinschaften nicht in dem Maße, wie sie es sollten. In einigen ländlichen Gebieten wird Christen der Zugang zu Wasser verweigert, sodass sie stundenlang zu Fuß gehen müssen, um Wasser zu schöpfen. Sogar in Städten werden den christlichen Vierteln manchmal öffentliche Infrastruktur und Anlagen, wie etwa die sanitäre Grundversorgung, verweigert. Es wird mehr in die Infrastruktur für Gebiete mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit investiert als in christlich geprägte Gebiete. Unter den Binnenflüchtlingen werden Christen bei der Verteilung von Hilfsgütern oft außen vor gelassen.
Leben im Staat
Christen müssen in Diskussionen mit Muslimen sehr vorsichtig agieren, weil ihre Worte leicht gegen sie verwendet werden und sie wegen Beleidigung des Islam beschuldigt werden können. Es wurden bereits Christen auf der Stelle getötet, wenn sie beschuldigt wurden, Mohammed oder den Islam zu verunglimpfen. Der Fall von Deborah Yakubu im Bundesstaat Sokoto ist ein eindrückliches Beispiel dafür. Allgemein herrscht ein Klima der Straffreiheit. Diejenigen, die Christen und ihr Eigentum angreifen, werden fast nie verhaftet. Auf der anderen Seite haben Christen Gefängnisstrafen für Verbrechen verbüßt, für die ein Muslim rasch freigesprochen oder für die er gar nicht erst angeklagt wird. Manchmal werden Christen sogar vor Scharia-Gerichten angeklagt, die gar keine Zuständigkeit für Christen haben. Ihre Aussagen haben dort nur halb so viel Gewicht wie die eines Muslims. Obwohl die Verfassung das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit anerkennt, hat die Scharia (in den zwölf nördlichen Staaten, in denen sie eingeführt wurde) Vorrang vor diesem Recht. In den Medien werden Angriffe auf christliche Gemeinschaften häufig als „kommunale Konflikte“ bezeichnet. Medien, die Muslimen gehören, berichten kaum über Angriffe von Muslimen auf Christen oder stellen sie verzerrt dar.
Kirchliches Leben
Im Norden werden Kirchen zerstört und Pastoren (manchmal zusammen mit ihren Familien) entführt oder ermordet. Das Gleiche geschieht mit vielen anderen Christen. Kirchliche Aktivitäten werden überwacht, behindert oder unterbunden. Christen wird zudem Land für den Bau von Kirchen verweigert. Die offene Integration von Christen muslimischer Herkunft in eine Gemeinde könnte Gewalt gegen die Kirche und ihr Eigentum provozieren, weswegen viele christliche Konvertiten in sicherere Gegenden Nigerias ziehen. Die Unsicherheit hat sich auch auf den Süden Nigerias ausgeweitet. In einer Atmosphäre des Chaos und der Straflosigkeit ist es riskant, sich öffentlich gegen die Menschenrechtsverletzungen an Christen und anderen Nigerianern auszusprechen.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
- Am 12. Mai 2022 wurde die christliche Studentin Deborah Yakubu am „Shehu Shagari College of Education“ im Bundesstaat Sokoto von Mitschülern kaltblütig ermordet. Ein Kommentar auf WhatsApp war als Beleidigung des Islam interpretiert worden. Daraufhin steinigte und verbrannte man sie vor den Toren ihrer Hochschule. Die Tat wurde gefilmt und das Video in den sozialen Medien verbreitet. Obwohl der Mord von einigen führenden Muslimen verurteilt wurde, kam es in Sokoto zu Ausschreitungen mit bewaffneten muslimischen Demonstranten; sie forderten die Freilassung der beiden mutmaßlichen Rädelsführer, die von der Polizei verhaftet und wegen „krimineller Verschwörung und Anstiftung zum öffentlichen Aufruhr“ angeklagt worden waren.
- Am 5. Juni 2022 drang in Owo, im Bundesstaat Ondo, eine bewaffnete Gruppe während eines Pfingstgottesdienstes in eine römisch-katholische Kirche ein. Berichten zufolge töteten sie 20-30 Minuten lang die Gläubigen mit Sprengstoffen und Schusswaffen. Dabei starben 40 Gottesdienstbesucher und mindestens 60 wurden verwundet.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr | Platzierung | Punktzahl |
2023 | 6 | 88 |
2022 | 7 | 87 |
2021 | 9 | 85 |
2020 | 12 | 80 |
2019 | 12 | 80 |
Der Wert für Gewalt hat zum wiederholten Mal den Höchststand erreicht. Christen werden im Norden Nigerias weiterhin wahllos und brutal angegriffen; die Gewalt hat sich auch auf den Süden Nigerias ausgeweitet. Die weite Verbreitung militanter Gruppen im Land macht das Leben aller Nigerianer und insbesondere der Christen unsicher. Boko Haram, ISWAP, militante Fulani und bewaffnete Kriminelle führen Überfälle auf christliche Gemeinschaften durch. Dabei werden Menschen getötet, verstümmelt, vergewaltigt, gegen Lösegeld entführt oder in sexuelle Sklaverei gezwungen. Kirchen werden geschlossen, Häuser und Felder zerstört oder beschlagnahmt; viele Menschen werden zu Binnenvertriebenen oder Flüchtlingen. Hinzu kommt die wachsende Islamisierung, die vor allem in den nördlichen Landesteilen zu einem erheblichen Druck auf die Christen im Alltag beiträgt. Da die Regierung auf ihrer offiziellen Haltung beharrt und die Verfolgung aus religiösen Gründen leugnet, bleiben die straffrei, die die Rechte der Christen verletzen.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Durch die zahlreichen Angriffe werden christliche Gemeinschaften besonders im Norden terrorisiert, zunehmend aber auch im südlichen Landesteilen. Dabei werden Frauen vergewaltigt, gegen Lösegeld entführt und getötet. Christliche Mädchen werden von militanten Gruppen entführt und zwangsverheiratet, um mehrheitlich von Christen bewohnte Gebiete zu entvölkern. Berichten zufolge wurden solche entführte Mädchen nicht nur zwangsverheiratet, sondern auch als Selbstmordattentäterinnen oder Kämpferinnen eingesetzt. Wenn Frauen vergewaltigt werden, verschlimmert sich ihre Lage manchmal noch dadurch, dass ihre Ehemänner das Trauma nicht überwinden können und ihre Frau als „befleckt“ ansehen. Ähnliches erleben auch unverheiratete Frauen, deren engstes Umfeld ihnen nach ihrer Rückkehr aus Gefangenschaft und sexuellem Missbrauch häufig reserviert oder sogar feindselig begegnet. Auch in Flüchtlingslagern sind Frauen von sexueller Gewalt betroffen.
Männer
Christliche Männer werden von häufig von Boko Haram, ISWAP, militanten Fulani und bewaffneten Kriminellen angegriffen und getötet. Dadurch wird die derzeitige Generation von christlichen Männern ausgelöscht, aber auch garantiert, dass die Geburtenrate in christlichen Familien sinkt. Die Überlebenden und die jungen Männer werden oft gezwungen, sich in die Reihen der Militanten einzugliedern. Auch in Bezug auf Arbeitsplätze und Bildung werden christliche Männer strategisch diskriminiert. Wenn ein Mann getötet wird, seinen Arbeitsplatz verliert oder sein Eigentum beschlagnahmt wird, kann seine von ihm abhängige Familie verarmen.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Laut dem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit 2021 des US-Außenministeriums:
- Im Januar, März und Mai demonstrierte die „Free Zakzaky“-Bewegung für die Freilassung von Scheich Ibraheem Yaqoub El-Zakzaky. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften und laut der Nichtregierungsorganisation „Shia Rights Watch“ eröffneten diese am 7. Mai das Feuer auf die Demonstranten. Am 28. September kam es in Abuja erneut zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der „Islamischen Bewegung Nigeria“ (IMN) und den Sicherheitskräften, als die Islamische Bewegung ihren jährlichen Marsch im Rahmen des schiitischen al-Arba'in-Festes abhielt.
- Im Februar erteilten die Behörden des Bundesstaates Kano dem bekannten muslimischen Geistlichen Scheich Abduljabbar Nasiru Kabara ein Predigtverbot, nachdem sich der Ulama-Rat von Kano [Ulamas = führende Religionsgelehrte im Islam] beschwert hatte, die Predigten des Scheichs würden den Frieden stören. Im Juli legte Nasiru Kabara im Rahmen einer dreistündigen Fernsehdebatte seine religiösen Ansichten dar; anschließend wurde er von den Behörden des Bundesstaates Kano unter dem Vorwurf der Blasphemie festgenommen.
- Im Juni erstatteten die Behörden zehn Strafanzeigen gegen Mubarak Bala, einen ehemaligen Muslim und heutigen Präsidenten der „Humanistischen Vereinigung Nigerias“. Man warf ihm die bewusste Störung des öffentlichen Friedens und Beleidigung der Religion vor. Bala hatte auf Facebook Äußerungen gepostet, die von staatlichen Stellen in Kano als „aufrührerisch und verunglimpfend“ gegenüber dem Islam bezeichnet wurden. Er war daraufhin bereits im April 2020 in seinem Haus im Bundesstaat Kaduna von der Polizei festgenommen und von den Behörden anschließen in den Bundesstaat Kano überführt und dort inhaftiert worden – allerdings ohne Anklage.
- Im Juli hielten die Behörden drei israelische Filmemacher für 20 Tage fest, die zu Besuch im Land waren. Sie hatten einen Dokumentarfilm über nigerianische Juden im Südosten des Landes gedreht und wurden verdächtigt, die „Indigenous People of Biafra“ zu unterstützen. Diese Gruppe wurde von der Regierung verboten, weil sie die Abspaltung der Südostregion von Nigeria anstrebt und deren Führer sich zum Judentum bekennen. Die Behörden ließen sie schließlich ohne Anklage frei.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Nigeria:
- Bitte beten Sie dafür, dass Präsident Muhammadu Buhari und die Gouverneure der Bundesstaaten gewissenhaft und transparent daran arbeiten, dauerhafte Lösungen für die sich verschärfende Sicherheitskrise im Norden Nigerias zu finden.
- Das Maß an Trauma unter Christen erreicht Krisenausmaße, da Männer getötet, Frauen vergewaltigt und entführt und Jugendliche in Verzweiflung über ihre Zukunft gestürzt werden. Beten Sie um Heilung und Hoffnung. Beten Sie, dass Jesus Christus ihren Glauben stärkt, sodass sie jedem, der fragt, einen Grund nennen können für die Hoffnung, die in ihnen ist.
- Beten Sie dafür, dass der Dienst von Open Doors weiter Früchte trägt. Bitten Sie um anhaltenden Schutz und Weisheit für unsere Partner, die auf ihren Reisen Überfälle und/oder Entführung riskieren müssen. Beten Sie, dass ihre Arbeit die Kirche in Nigeria stärkt und die Hoffnung wiederherstellt.