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Saudi-Arabien


Christenverfolgung in Saudi-Arabien
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2021 – 30. September 2022
Überblick
Die meisten Christen in Saudi-Arabien sind Ausländer, die aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen in Asien und Afrika stammen, einige auch aus westlichen Ländern. Sie werden mit Ausnahme der westlichen Ausländer nicht nur ausgebeutet und schlecht bezahlt, sondern sind aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und ihres geringen sozialen Status auch regelmäßig verbalen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt. Ihr christlicher Glaube kann sie in zusätzlicher Weise angreifbar machen.
Ausländische Christen unterliegen strengen Beschränkungen dabei, über ihren Glauben mit Muslimen zu sprechen. Dies zu tun, brächte sie in die Gefahr, inhaftiert und abgeschoben zu werden. Die Religionsfreiheit ausländischer Konvertiten, die sich dem christlichen Glauben zugewandt haben, wird in Saudi-Arabien in ähnlichem Ausmaß verletzt wie in ihren Heimatländern, da sie in der Regel mit anderen Menschen aus ihren Heimatländern zusammenleben.
Die wenigen saudi-arabischen christlichen Konvertiten mit muslimischem Hintergrund sind einem hohen Druck ausgesetzt, vor allem seitens ihrer Familien. Sie halten ihren Glauben üblicherweise geheim. Dennoch nimmt die kleine Zahl der saudischen Christen langsam zu. Sie werden zudem auch mutiger und teilen ihren christlichen Glauben über das Internet und christliche Satellitenfernsehkanäle mit anderen. Ein solches öffentliches Verhalten hat zu ernsthaften Konsequenzen seitens der saudischen Familien und Behörden geführt.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Die umfangreichen Ölreserven haben Saudi-Arabien zu einem der reichsten und modernsten Länder der Region gemacht. Politische Parteien sind im Land – einer absoluten Monarchie ohne nationale demokratische Wahlen – nicht zugelassen. Salman bin Abdulaziz Al Saud wurde 2015 König. Zwei Monate später begann Saudi-Arabien zusammen mit zehn weiteren Ländern eine Militäraktion zur Wiedereinsetzung der jemenitischen Regierung, die von den schiitischen Huthis vertrieben worden war. Der anhaltende Krieg im Jemen hat Tausende zivile Opfer gefordert, zu einer humanitären Krise geführt und weltweite Kritik hervorgerufen. Zu den Reformen, die in den letzten Jahren in Saudi-Arabien durchgeführt wurden, gehören unter anderem die Erlaubnis für Frauen, alleine Auto zu fahren und ohne männliche Begleitung reisen zu dürfen. Zudem wurde die Präsenz der Religionspolizei auf den Straßen deutlich reduziert.
Saudi-Arabien beherbergt die im Islam heiligen Städte Mekka und Medina (gemäß der Tradition den Geburts- beziehungsweise Begräbnisort von Mohammed) und ist geprägt vom Wahhabismus, einer strengen Auslegung des Islam. Andere Religionen dürfen nicht offen praktiziert werden. Es gibt eine schiitische Minderheit von zehn Prozent, die unter Diskriminierung leidet. Von den mehr als 2,1 Millionen Christen in Saudi-Arabien sind die meisten asiatischer Herkunft und arbeiten vorübergehend im Land. Wer den Islam verlässt, wie etwa saudi-arabische Christen, macht sich nach dem Apostasiegesetz strafbar und erhält die Todesstrafe. Allerdings haben die Gerichte in den letzten Jahren kein Todesurteil wegen Apostasie mehr verhängt. Aber Hass gegen Menschen, die einer anderen Religion als dem sunnitischen Islam angehören, findet sich trotz versprochener Reformen immer noch in den Schulbüchern.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
2.165.000 |
6,0 |
Muslime |
32.381.000 |
90,3 |
Hindus |
726.000 |
2,0 |
Agnostiker |
239.000 |
0,7 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Da die meisten Christen in Saudi-Arabien ausländische Arbeiter sind, leben und arbeiten sie in allen Teilen des Landes, je nachdem, wo sie beschäftigt werden. Der Druck auf Christen ist im Allgemeinen im ganzen Land gleich. In ländlichen Gebieten ist die Kontrolle durch das soziale Umfeld jedoch größer; dies betrifft insbesondere christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Saudi-Arabien ist vom Wahhabismus geprägt. Der Koran und die Sunna (wörtlich „Traditionen“) wurden zur Verfassung erklärt, das Rechtssystem basiert auf der Scharia. Nur der wahhabitische Islam darf öffentlich praktiziert werden. Es wird davon ausgegangen, dass alle saudi-arabischen Bürger Muslime sind. Auf Apostasie, den Abfall vom Islam, steht weiterhin die Todesstrafe, auch wenn in den vergangenen Jahren keine Beispiele von gerichtlich angeordneten Hinrichtungen dafür bekannt geworden sind.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Die arabische Gesellschaft ist beeinflusst vom Stamm oder Clan, etwa bei Eheschließungen, Anstellungsverhältnissen und beim Mieten oder Kaufen von Eigentum. Die Stammeszugehörigkeit und der damit verbundene Status können anhand des Nachnamens erkannt werden. Allgemeine Verachtung gilt denen, die keinem Stamm angehören, insbesondere nichtmuslimischen Ausländern im Land. Die Unterdrückung durch den Clan ist eindeutig mit dem Islam verbunden und betrifft vor allem Christen muslimischer Herkunft. Das Verlassen des Islam ist eine schwerwiegende Verletzung der Familien- und Stammesehre und führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu gewalttätigen Reaktionen der direkten oder erweiterten Familie eines Konvertiten.
Diktatorische Paranoia
Die saudi-arabische Monarchie ist absolut. Die Herrscherfamilie kontrolliert genau alle möglichen abweichenden Meinungen. Besonders der König und der Kronprinz setzen alles daran, den Status quo zu erhalten. Saudi-Araber, die sich dem christlichen Glauben zugewandt haben, entehren der geltenden Sichtweise nach den stolzen Ruf des Landes als Hüter der beiden heiligen Moscheen. Daher wird die Existenz dieser christlichen Konvertiten geleugnet. Staatsbeamte gehen oft auf Ersuchen von deren Familienmitgliedern oder von Menschen aus ihrem sozialen Umfeld gegen Christen vor. Die saudi-arabischen Machthaber haben zudem Änderungen vorgenommen, die sich auf im Land lebende Ausländer auswirken, wie zum Beispiel die Erhöhung der Visagebühren für deren Angehörige.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Die meisten ausländischen Christen sind römisch-katholisch. Sie kommen aus Afrika, Asien und dem Westen nach Saudi-Arabien, um dort zu arbeiten. Arbeitsmigranten aus Ländern mit niedrigem Einkommen werden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit und ihres geringen sozialen Status misshandelt und ständig unter Druck gesetzt, zum Islam zu konvertieren. Christliche Ausländer dürfen nicht mit Muslimen über ihren Glauben sprechen. Kirchengebäude sind gesetzlich nicht erlaubt, aber größere christliche Gottesdienste werden Berichten zufolge regelmäßig abgehalten, ohne dass sie von Regierungsbeamten oder der Religionspolizei wesentlich beeinträchtigt werden. Zu der Gruppe von ausländischen Christen gehören auch ausländische christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund, besonders aus dem arabischen und asiatischen Raum. Diese Christen sehen sich in Saudi-Arabien mit ähnlichen Verletzungen ihrer Religionsfreiheit konfrontiert wie in ihren Heimatländern, da sie in der Regel in kleinen Gemeinschaften mit ihren Landsleuten zusammenleben.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Die wenigen saudi-arabischen christlichen Konvertiten mit muslimischem Hintergrund halten ihren Glauben geheim. Sie erfahren vom christlichen Glauben durch Fernsehprogramme oder über das Internet, obwohl dies von den Behörden streng kontrolliert wird.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.
Privatleben
Saudi-Arabiens Anti-Bekehrungs-Gesetze schränken Christen darin ein, ihren Glauben mit anderen zu teilen. Für saudi-arabische Konvertiten mit muslimischem Hintergrund bedeutet dies meist, dass sie überhaupt nicht über ihren Glauben sprechen können, nicht einmal mit ihren Verwandten. Für ausländische Christen könnte es Konsequenzen für ihre Arbeitssituation nach sich ziehen, wenn sie ihren Glauben mitteilen. Besonders schwerwiegend dürften die Konsequenzen für christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund deshalb sein, weil der Abfall vom Islam mit Gefängnis oder der Todesstrafe geahndet werden kann.
Familienleben
Nichtislamische Religionsausübung ist verboten, sodass Christen sich nicht zu Gottesdiensten versammeln und keine Taufen oder Hochzeiten feiern dürfen. Christliche Eheschließungen können nicht offiziell beim Staat registriert werden. Werden saudi-arabische Eltern als christliche Konvertiten entlarvt, verlieren sie unter Umständen das Sorgerecht für ihre Kinder.
Eingewanderte Christinnen, die Saudi-Araber heiraten (christliche Männer dürfen keine saudi-arabischen Frauen heiraten), haben nach saudi-arabischem Recht keinen Anspruch auf das Sorgerecht für die Kinder – mit der Begründung, dass die Kinder eine muslimische Erziehung erhalten sollen.
Gesellschaftliches Leben
Christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund werden bedroht, wenn ihr Glaube bekannt wird. Häufig verlieren sie ihren Arbeitsplatz. Die Überwachung solcher Konvertiten, sollte ihr christlicher Glaube bekannt geworden sein, ist sehr verbreitet und wird vor allem von der örtlichen Gemeinschaft durchgeführt. Bei Ausländern wird die Religion als Teil des Bewerbungsverfahrens erfasst. Jede Erwähnung des christlichen Glaubens kann dazu führen, dass sie nicht eingestellt werden. Dies betrifft vor allem Arbeitsmigranten aus Ländern mit niedrigem Einkommen, weshalb sich einige von ihnen als Muslime registrieren lassen.
Leben im Staat
Blasphemie, Verleumdung von Religionen und nichtislamische Mission sind verboten, ebenso wie jede öffentliche Form von nichtislamischem Gebet und Gottesdienst. Die meisten Christen (sowohl saudi-arabische als auch ausländische) achten sehr darauf, Provokationen zu vermeiden. Sie üben vorsorglich „Selbstzensur“ und vermeiden insbesondere, offen über den christlichen Glauben zu sprechen oder direkte Kritik am Islam zu äußern. Unternehmen erlauben keine Weihnachtsfeiern, und Weihnachtsschmuck wird an der Grenze beschlagnahmt. Selbst Firmenlogos werden auf nichtmuslimische religiöse Bilder geprüft.
Kirchliches Leben
Das Verbot von jeglichem nichtislamischen Gottesdienst hat zur Folge, dass kein Gebäude zur Nutzung als Kirche gebaut oder angemietet werden darf. Von den Tausenden von informellen Zusammenkünften für Ausländer, die sich an privaten Orten treffen, gibt es Hinweise auf eine routinemäßige Überwachung durch die Behörden. Die Möglichkeiten zum Abhalten christlicher Gottesdienste sind außerdem durch die strikte Geschlechtertrennung stark eingeschränkt – Männern und Frauen aus verschiedenen Familien ist es allgemein verboten, gemeinsam im selben Raum Gottesdienst zu feiern. Die Einfuhr von nichtislamischen religiösen Materialien in arabischer Sprache nach Saudi-Arabien ist verboten. Die Medien, einschließlich des Internets, werden routinemäßig auf politisches, pornographisches und religiöses Material hin untersucht, das als anstößig oder gegen den Islam gerichtet angesehen wird.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
Aus Sicherheitsgründen können keine Details veröffentlicht werden.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2023 |
13 |
80 |
2022 |
11 |
81 |
2021 |
14 |
78 |
2020 |
13 |
79 |
2019 |
15 |
77 |
Saudi-Arabien erhält im Vergleich zum Weltverfolgungsindex 2022 einen Punkt weniger: 80 statt 81 Punkte. Dies ist vor allem auf einen leichten Rückgang des Wertes für Gewalt gegen Christen zurückzuführen. Es wurden im Berichtszeitraum beispielsweise keine Verhaftungen oder Verurteilungen von Christen gemeldet, im Gegensatz zum vorherigen Berichtszeitraum. Es gab zudem auch keine Berichte von Zwangsverheiratungen von Christen sowie von Angriffen auf Häuser oder das Eigentum von Christen. Dennoch erreicht Saudi-Arabien eine hohe Punktzahl für physische Gewalt gegen Christen. Auch die Zahl der Christen, die dazu gezwungen wurden, ihr Zuhause zu verlassen, ist hoch. Der Druck auf Christen in den verschiedenen Lebensbereichen ist nach wie vor sogar extrem hoch. Saudi-Arabien ist eines der wenigen Länder der Welt, in denen Kirchengebäude noch immer verboten sind.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Saudi-arabische Frauen stehen unter ständiger Kontrolle. Auf christliche Konvertitinnen wird der Druck meist von der Familie und dem sozialen Umfeld ausgeübt. Ihnen drohen körperliche Gewalt, verbale Belästigung, Hausarrest und die Zwangsheirat mit konservativen Muslimen als „korrigierende“ Maßnahme. Christliche Konvertitinnen, die bereits verheiratet sind, stehen in der Gefahr, geschieden zu werden und das Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren. Angesichts dieses Drucks und letztlich der Gefahr eines Ehrenmordes entscheiden sich viele Frauen dafür, sogenannte „heimliche Christinnen“ zu werden und ihren Glauben im Geheimen zu leben. Darüber hinaus berichten Quellen, dass im ganzen Land Tausende ausländische Hausangestellte, die Christinnen oder andere Nichtmuslimas sind, regelmäßig misshandelt werden.
Männer
Da die Öffentlichkeit von Männern dominiert wird, zahlen Männer einen hohen Preis, wenn ihr christlicher Glaube entdeckt wird. Die strenge islamische Gesellschaft Saudi-Arabiens führt dazu, dass jede Abweichung vom Standardverhalten schnell bemerkt wird. Christliche Konvertiten stehen in der Gefahr, öffentlich beschämt, geschlagen, eingesperrt, aus ihrem Haus geworfen und emotional misshandelt zu werden. Alternativ werden sie zur „Umerziehung“ zu einem Scheich gebracht. Wenn sich herausstellt, dass ein Konvertit sich nicht umstimmen lässt, ist die Todesdrohung nur allzu greifbar. Deshalb leben viele als heimliche Christen.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Schiitische Muslime, die hauptsächlich in der östlichen Provinz – asch-Scharqiyya – leben, sind Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Da sie von den saudi-arabischen Herrschern als Häretiker betrachtet werden, erleben Schiiten Diskriminierung im Justizsystem, im Bildungswesen, bei Beschäftigungsmöglichkeiten und bei Regierungsämtern. Schiiten streben nach stärkerer politischer Partizipation und mehr religiöser Toleranz. Jedoch stehen schiitische Geistliche und Aktivisten, die sich für die Gleichbehandlung schiitischer Muslime einsetzen, in der Gefahr, verhaftet und sogar hingerichtet zu werden unter dem Vorwurf, sich der Regierung entgegenzustellen.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Saudi-Arabien:
- Viele Christen in Saudi-Arabien sind Arbeitsmigranten, die bereits aufgrund ihres Minderheitenstatus unterdrückt werden. Beten Sie für diese Christen um Schutz vor Misshandlungen und um gute Gemeinschaft mit anderen Christen.
- Beten Sie für die heimlichen saudi-arabischen Christen, die ihren Glauben vor Freunden und Familie verbergen müssen.
- Beten Sie für den Schutz aller Christen in Saudi-Arabien und um Weisheit und Urteilsvermögen auf ihrem Weg, Jesus nachzufolgen und von ihm zu erzählen.
- Bitten Sie Jesus, die Herzen der religiösen Anführer und des Königshauses zu erweichen, sodass sie Angehörige anderer Religionen frei Gottesdienste feiern lassen.