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Hilft der UN-Gedenktag den Opfern religiöser Verfolgung?

Jährlich werden hunderttausende Christen vertrieben, tausende entführt und ermordet

(KELKHEIM) – Der heutige 22. August ist UN-Gedenktag für Opfer von Gewalt aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung. Der Gedenktag wurde 2019 eingerichtet, weil Angehörige religiöser Minderheiten wegen ihres Glaubens oft unter ungeheuerlicher Gewalt und anhaltendem Unrecht leiden. Er soll dazu beitragen, die Opferzahlen in diesem Bereich so weit wie möglich zu reduzieren. Bislang ist jedoch das Gegenteil der Fall: Die Zahl der Opfer steigt jedes Jahr. Es ist wichtig, der Opfer religiöser Gewalt zu gedenken, noch wichtiger aber ist, dass ihnen geholfen wird.
 

Nigeria: Nach einem Überfall von Fulani Viehhirten sitzt Pastor Jeremiah in seinem völlig zerstörten Haus.
Nigeria: Nach einem Überfall von Fulani-Viehhirten sitzt Pastor Jeremiah in seinem völlig zerstörten Haus.

Schutz von religiösen Minderheiten oder Schutz vor religiösen Gruppen?

Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung sind etwa Bahai in Iran, Uiguren in China sowie Jesiden im Irak – und viele mehr. Am heutigen Gedenktag richtet das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors den Blick auf die Situation der Christen in Nigeria. Das Ausmaß der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, aber insbesondere gegen Christen, nimmt dort seit Jahren zu. Bisherige Maßnahmen dagegen sind unwirksam. Die Entwicklung bedroht die Existenz der Christen im Land, aber auch die der gesamten Nation.

Markus Rode, der Leiter von Open Doors Deutschland, betont: „Open Doors dokumentiert und analysiert die Situation der Christen in Nigeria seit 1993. Obwohl die Zahl der ermordeten Christen jährlich unfassbar hoch ist, wird diese Situation von den Medien und der Politik nur am Rande erwähnt. Christen in Nigeria sind dringend auf mehr Unterstützung und die Gebete anderer Christen angewiesen. Würden wir schweigen, wenn in Deutschland jedes Jahr mehrere Tausend Menschen aufgrund ihrer Religion ermordet würden? Regierungen der Länder mit Handelsbeziehungen zu Nigeria sollten alle ihre Möglichkeiten nutzen, damit die nigerianische Regierung endlich Maßnahmen zur Beendigung der Gewalt gegen Christen durchsetzt.“ Aktuell belegt Nigeria Platz 7 des Weltverfolgungsindex, eine jährlich aktualisierte Liste der 50 Länder, in denen Christen wegen ihres Glaubens die größte Gefahr droht. Seit 2015 führt es die Statistik im Bereich der Gewalt gegen Christen an.

ORFA-Bericht zur Religionsfreiheit in Nigeria

Ein neuer Bericht der Beobachtungsstelle für Religionsfreiheit in Afrika (ORFA) zeigt, dass die meisten Opfer der zunehmenden Gewalt Christen sind. Inmitten wachsender politischer Instabilität und Straflosigkeit für die Täter leiden sie im Norden und Mittelgürtel des Landes seit Jahren unter den brutalen Übergriffen zumeist islamistischer Gruppen. Tausende Christen werden jährlich ermordet oder entführt. Bei einem Angriff während eines Gottesdienstes am Pfingstsonntag, dem 5. Juli, in Owo, wurden Dutzende Christen ermordet. Es war der erste Angriff auf eine Kirche im Süden Nigerias.

Beobachter, Analysten und Entscheidungsträger berichten von täglichen Morden und Entführungen unter der Zivilbevölkerung. Die von ORFA im Zeitraum 1. Oktober 2019 - 30. September 2021 zusammengestellten Daten zeigen, dass „Christen unverhältnismäßig stark von Tötungen im Zusammenhang mit Angriffen von Boko Haram, ISWAP, bewaffneten Fulani-Hirten und Banditen betroffen waren“. Der Bericht nennt detailliert die Zahl der Tötungen und Entführungen von Christen, Muslimen und Anhängern traditioneller afrikanischer Religionen sowie von Sicherheitsbeamten und Angreifern, aufgeschlüsselt nach den geopolitischen Zonen und Bundesstaaten Nigerias. Obwohl viele Gewalttaten nicht gemeldet werden und die Zahlen nur die Spitze des Eisbergs sind, verzeichneten die Forscher die höchste Zahl von Opfern unter Christen: Im Jahr 2020 wurden 3.163 nigerianische Christen wegen ihres Glaubens getötet, im Jahr 2021 waren es laut ORFA 4.303.

Angreifer zielen darauf ab, christliche Gemeinschaften auszuhungern oder zu ermorden

Die meisten tödlichen Angriffe finden in der Saison statt, wenn die Farmer ihr Land bewirtschaften, so die Autoren des ORFA-Berichtes. Dies habe „größere Auswirkungen auf das Leben der Opfer als Angriffe zu jeder anderen Zeit. Dieser Befund erhärtet den Verdacht, dass die Angreifer darauf abzielen, ihre Opfer, insbesondere die Christen im Norden Nigerias, zu töten oder auszuhungern.“ Frans Veerman, Leiter der Forschungsabteilung World Watch Research von Open Doors, kommentiert: „Die Dschihadisten haben es auf Christen abgesehen – sie greifen ihre Gemeinden an, da jeder in Nigeria weiß, wo sie sich versammeln.“ Und weiter: „Der Bericht von ORFA belegt die hohe Zahl der Opfer unter Christen.“ Er erklärt, dass die Relation noch höher ist, wenn man den Bevölkerungsanteil der Christen in den betroffenen Staaten berücksichtigt.

Aktuelle Beispiele aus der langen Liste von Vorfällen

Am 10. Mai veröffentlichte die Gruppe „Islamischer Staat“ ein Video, in dem 20 nigerianische Männer, angeblich Christen, als Warnung an „Christen auf der ganzen Welt“ hingerichtet wurden. Am 12. Mai 2022 wurde Deborah Yakubu, eine Studentin des Shehu Shagari College of Education im Bundesstaat Sokoto, von Mitschülern brutal ermordet. Sie habe in einer WhatsApp-Nachricht den Islam beleidigt, so die Begründung. Die junge Christin wurde gesteinigt und bei lebendigem Leib verbrannt. Die Täter rühmten sich ihrer Bluttat und hielten sie auf Video fest, um sie in den sozialen Netzwerken zu verbreiten.

Am 19. Juli wurden zwei Priester aus ihrer Pfarrei im Bundesstaat Kaduna in Nord-Zentral-Nigeria von bewaffneten Männern entführt. Denatus Cleopas gelang die Flucht, doch John Mark Cheitnum wurde von seinen Entführern getötet. Allein in der ersten Juliwoche wurden fünf Pastoren entführt.

 

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