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Update Weltverfolgungsindex: Besorgniserregende Entwicklungen

Massenverhaftungen im Iran - Lebenslange Haftstrafen in Pakistan - Ausweisungen von Christen in Marokko

Über besorgniserregende Entwicklungen hinsichtlich der Religionsfreiheit für Christen informiert das Hilfswerk Open Doors ab sofort regelmäßig mit dem "update Weltverfolgungsindex 2010".

Rund 100 Millionen Christen werden weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt, schätzt das Hilfswerk für verfolgte Christen. Um anzuzeigen, in welchen Ländern die Verfolgung am stärksten ist, veröffentlicht Open Doors zu Beginn eines Jahres den "Weltverfolgungsindex" (WVI). Eine internationale Arbeitsgruppe bewertet dazu die Religionsfreiheit in über 50 Ländern anhand eigener Befragungen vor Ort, von Berichten über Übergriffe und Experteneinschätzungen. Der jüngste "Weltverfolgungsindex" umfasst den Berichtszeitraum November 2008 bis Oktober 2009.

Beunruhigende Entwicklungen
Bis zum nächsten Erscheinen der Rangliste im Januar 2011 informiert Open Doors in regelmäßigen Abständen mit dem "update Weltverfolgungsindex 2010" über beunruhigende Entwicklungen für Christen in den vergangenen Monaten.

Hier werden Christen am stärksten verfolgt Weltverfolgungskarte von Open Doors

  • Platz 1 Nordkorea
  • Platz 2 Iran
  • Platz 3 Saudi-Arabien
  • Platz 4 Somalia
  • Platz 5 Malediven
  • Platz 6 Afghanistan
  • Platz 7 Jemen
  • Platz 8 Mauretanien
  • Platz 9 Laos
  • Platz 10 Usbekistan

Lesen Sie im "update Weltverfolgungsindex 2010":

Iran: Massenverhaftungen von Christen
China: Gemeindeleiter verurteilt
Pakistan: Lebenslange Haftstrafen
Irak: Anhaltende Gewalt
Nord-Nigeria: Massaker an Christen
Marokko: Ausweisungen und Verhaftungen
Bangladesch: Anstieg der Übergriffe
Malaysia: Kirchen angegriffen

Iran: WVI-Platz 2
Massenverhaftungen von Christen

Im Dezember 2009 und in den ersten drei Monaten des neuen Jahres sind im Iran mindestens ebenso viele Christen verhaftet worden wie im gesamten vorigen WVI-Berichtszeitraum. Mindestens 85 Christen wurden zwischen November 2008 bis Oktober 2009 festgenommen. Die meisten Verhaftungen von Christen danach erfolgten bei Weihnachts- und Silvestertreffen. Seit Ausbruch der gewalttätigen Proteste nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad im Juni 2009 und dem verschärften Vorgehen der iranischen Regierung gegen Oppositionelle wird beobachtet, dass die Sicherheitskräfte den Widerstand scheinbar auch zum Anlass nehmen, verstärkt gegen Christen vorzugehen.

Anfang April kam die gute Nachricht, dass etliche der Christen auf Kaution entlassen wurden. Doch sie stehen weiterhin unter Beobachtung und müssen mit weiteren Gerichtsverhandlungen rechnen. Zudem kann es zur Verfolgung von Christen durch islamische Extremisten kommen, besonders dann, wenn Christen das Evangelium Muslimen verkündigt haben. Das ist im Iran verboten.

Für Radio- und Fernsehsendungen wurden neue restriktive Richtlinien bekanntgegeben; weibliche Moderatoren dürfen nicht mehr geschminkt auftreten und der Anteil musikalischer Unterhaltung soll verringert werden. Es soll mehr religiöse Programme geben.

China: WVI-Platz 13
Gemeindeleiter verurteilt

Im Allgemeinen bleibt die Verfolgungssituation in China auf demselben Niveau. Allerdings wurden harte Strafen gegen Christen verhängt. Der wegen "unrechtmäßiger Weitergabe von Staatsgeheimnissen an ausländische Organisationen" angeklagte uigurische Christ Alimujiang Yimiti wurde im vorigen Dezember zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Sieben weitere Gemeindeleiter erhielten zwischen zwei bis sieben Jahren Gefängnis. Ebenso wie im Jahr 2009 wurden wieder Christen festgenommen und verhört (über 90 Personen). Anlass war meist ihre Teilnahme an staatlich nicht erlaubten religiösen Treffen. Seit November 2009 hat die Regierung drei Kirchen verboten – fast ebenso viele wie im letzten WVI-Berichtszeitraum. Die Verfolgung kommt nicht nur von staatlicher Seite. Eine von Christen betriebene Schuhfabrik wurde von Dorfbewohnern zerstört. Die Eigentümer hatten es abgelehnt, sich am Bau eines buddhistischen Tempels zu beteiligen.

Pakistan: WVI-Platz 14
Lebenslange Haftstrafen

ein betender Muslim in PakistanIm ersten Quartal 2010 wurden drei Christen zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Am 25. Februar 2010 verurteilte ein pakistanisches Gericht den Christen Qamar David zu lebenslanger Haft, weil er blasphemische Bemerkungen über den Koran und den islamischen Propheten Mohammed gemacht haben soll. Zudem muss Qamar David eine Geldstrafe von umgerechnet 913 Euro zahlen. Am 2. März verurteilte ein pakistanisches Gericht das Ehepaar Munir Masih und Ruqqiya Bibi zu 25 Jahren Gefängnis. Sie waren angeklagt, den Koran mit ungewaschenen Händen angefasst zu haben.

Seit der Gründung Pakistans im Jahr 1947 hat sich die Lage der Christen deutlich verschlechtert. Während der ersten drei Jahrzehnte wurden sie als Minderheit in einer überwiegend muslimischen Gesellschaft benachteiligt. Das Land war jedoch säkular geprägt. Das änderte sich 1979 als General Zia Ul-Haq an die Macht kam. General Zia gab dem Islam eine herausragende Bedeutung. Gesetze wurden verändert und die berüchtigten Blasphemiegesetze eingeführt. Diese werden von Muslimen willkürlich etwa bei Nachbarschaftsstreitigkeiten gegen Christen angewandt. Christen fühlen sich heute zunehmend schutzlos den Angriffen von Extremisten ausgesetzt.

Irak: WVI-Platz 17
Anhaltende Gewalt

Irak: ein Soldat auf dem Dach einer Kirche.Im Irak war das Jahr 2009 gekennzeichnet von Entführungen und Ermordungen von Christen. Das neue Jahr begann leider ebenso. In den auf den Berichtszeitraum des letzten WVI folgenden vier Monaten sind ebenso viele Christen getötet worden wie in den gesamten zwölf Monaten des Berichtszeitraums.

Es gab Bombenanschläge auf Kirchen im Dezember und die Hälfte der christlichen Bevölkerung von Mossul floh aus der Stadt. Gewalttätige Angriffe auf Christen nahmen kurz vor den für Januar 2010 angesetzten Wahlen deutlich zu. Die Wochen vor den schließlich auf Anfang März verschobenen Wahlen waren von gestiegener Gewalt gegen Christen gekennzeichnet. Einheimische Gemeindeleiter vermuten, dass Terroristen mit Gewalt Christen in einer Enklave auf der Ninive-Ebene isolieren wollen.

Christen hofften, dass sich die Sicherheitslage nach den Wahlen bessert. In einigen Großstädten war das der Fall. Anfang April meldete "Aid to the Church in Need", dass die meisten Christen, die panikartig nach Anschlägen aus Mossul geflohen sind, wieder zurückgekehrt sind. Dennoch haben manche von ihnen angedeutet, dass sie zu gegebener Zeit Mossul auf Dauer verlassen wollen. Im Konflikt zwischen Arabern und Kurden um die Kontrolle über die Provinz Ninive im Norden des Landes stehen Christen zwischen den Fronten. Sie werden zu Opfern einer fundamentalistisch geprägten religiösen Säuberung durch militante Islamisten, die einen islamischen Staat propagieren. In Anbetracht von Chaos und Anarchie im Irak scheint keine Besserung der Lage für Christen in Sicht.

Nord-Nigeria: WVI-Platz 27
Massaker an Christen Witwe Tsetu weint

Zwar gehört Verfolgung in den nördlichen Bundesstaaten, in welchen die Scharia gilt, für Christen schon zum Alltag. Doch nimmt die religiös motivierte Gewalt stark zu. Im November 2008 sowie im Februar und im Juli 2009 wurden bei Gewaltausbrüchen Hunderte von Christen in den Städten Jos (Bundesstaat Plateau), Bauchi (Bundesstaat Bauchi) und Maiduguri (Bundesstaat Borno) getötet. Und auch der Beginn des Jahres war von religiös motivierter Gewalt gekennzeichnet. Am 17. Januar 2010 steckten muslimische Jugendliche in der Hauptstadt Jos des zentralnigerianischen Bundesstaates Plateau während eines Gottesdienstes eine Kirche in Brand. Es kam zu mehrtägigen Krawallen, bei den etwa 500 Menschen starben; Ungefähr 17 000 Personen wurden obdachlos.

Am 7. März ermordeten extremistische Muslime in den Dörfern Jos-Zot, Rastat und Dogo Nahawa 500 Christen. 14 weitere Gläubige starben bei Gewaltakten im Dorf Jos-Byei - möglicherweise ein Vergeltungsakt für ein Massaker im Januar an 150 Muslimen in der Ortschaft Kuru Jantar.

Im Norden Nigerias wurden in den vergangenen fünf Monaten mehr Christen getötet, verletzt oder vertrieben als im gesamten Berichtszeitraum des WVI 2010. Open Doors befürchtet, dass die religiös motivierte Gewalt andauert, wenn die Gewaltakte von der Regierung nicht aufgeklärt und die Täter rechtmäßig bestraft werden. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Sicherheitstruppen beim Schutz der Bevölkerung bewusst zurückgehalten haben und möglicherweise parteiisch gewesen sind.

Marokko: WVI-Platz 37
Ausweisungen und Verhaftungen

Marokko: Pflegeeltern mit ihren Kindern /Quelle_voh-ainleuh_orgDie Haltung der Regierung von Marokko hinsichtlich der Religionsfreiheit hat sich verändert. Im Dezember 2009 und Februar 2010 wurden durch Sicherheitskräfte Razzien bei Treffen von Christen durchgeführt. Es kam zur Festnahme einheimischer Christen. Sechs ausländische Christen wurden des Landes verwiesen. Im März 2010 wurden bis zu 70 ausländische Christen ausgewiesen und ein christliches Waisenhaus geschlossen. Hintergrund, so die marokkanische Regierung am 11. März, sei die in Marokko verbotene Mission von Muslimen ("Bekehrungsversuche"). Noch am 7. März hat Marokko gemeinsam mit Führern der Europäischen Union "eine Verpflichtung über Religions- und Meinungsfreiheit, Toleranz und friedliche Koexistenz unterschiedlicher Kulturen" unterschrieben.

Fraglich ist, was die Regierung unter "Bekehrungsversuchen" versteht. Die "Religious Liberty Partnership" – ein Zusammenschluss internationaler Organisationen und Hilfswerke - fragte im März: "Haben in muslimische Familien hineingeborene marokkanische Bürger das Recht, sich zu einer Religion ihrer Wahl zu bekennen, wenn es sich dabei nicht um den Islam handelt? Ist damit gemeint, dass eine Person mit einer anderen nicht-islamischen Glaubensüberzeugung nicht mit einem Muslim über seine religiösen Überzeugungen sprechen darf, während es einem Muslim freigestellt ist, seinen Glauben gegenüber einem Christen zu erklären?" (Foto: voh-ainleuh)

Beobachter vermuten, dass sich die Regierung gegen Christen vorzugehen gezwungen sah, weil sie von radikalen Muslimen kritisiert werde, nicht islamisch genug zu sein.

Bangladesch: WVI-Platz 45
Anstieg der Übergriffe

Bangladesch war einst bekannt für Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten. Ausgenommen davon waren jedoch Christen muslimischer Herkunft und Volksgruppen der Chittagong Hill Tracts (zumeist mit buddhistischem Hintergrund). Sie erfahren gesellschaftliche Unterdrückung. Die Regierung Bangladeschs war und ist an religiöser Verfolgung kaum beteiligt.

Seit Januar 2010 hat die Zahl gewalttätiger Angriffe auf Christen in Bangladesch zugenommen. Im Februar gab es einige groß angelegte Übergriffe, an denen u.a. Stammesangehörige und auch die Armee beteiligt waren. Mindestens drei Kirchen wurden niedergebrannt und etliche Menschen getötet. Im März attackierte eine 500-köpfige Gruppe von extremistischen Muslimen die katholische Kirche "Christ the Saviour" in Boldipukur. 50 Christen wurden verletzt, drei getötet.

Ethnisch-religiös motivierte Gewalt, so einheimische Beobachter, nimmt zu. Doch es kommt auch zu gesellschaftlicher und familiärer Verfolgung von Muslimen, nachdem sie Christen wurden. Konservative fundamentalistische Muslime sehen in dem "Abfall vom Islam" ein Verbrechen gegen den Islam.

Malaysia: Kirchen angegriffen (Nicht im WVI vertreten)

ein malaiischer Christ beim BetenMalaysia ist ein geteiltes Land: Der westliche Teil des Landes ist islamisch geprägt. Bei muslimischen Bevölkerungsgruppen gilt das islamische Recht – die Scharia. Der östliche Teil des Landes (Insel Borneo) ist animistisch bzw. christlich geprägt.

Es herrscht offiziell Religionsfreiheit, wenngleich Verfassungsartikel 3 den Islam zur Staatsreligion erklärt. In der Praxis kommt es zu Konflikten. So erheben Muslime in Malaysia auf den Gebrauch vieler Wörter - etwas Allah - einen Absolutheitsanspruch.

Für Muslime ist es offiziell fast unmöglich, den Glauben zu wechseln. Ein "echter" Malaie hat Muslim zu sein. Diese Ansicht wird von gesellschaftlichen und auch politischen Kreisen vertreten. Jede Form der Weitergabe des Evangeliums an Malaien ist streng verboten. Der Bau von Kirchen ist fast unmöglich, denn die Regierung muss dem Bau von nicht-muslimischen Kultstätten zustimmen.

Im Land findet eine fortschreitende Islamisierung statt. Das säkulare Recht wird dem islamischen Recht immer mehr unterworfen. So haben weltliche Gerichte Fälle um religiöse Streitfragen an Scharia-Gerichte verwiesen.

Im vergangenen Jahr kam es zum Rechtsstreit zwischen der Regierung und der katholischen Zeitung "The Herald" wegen des Gebrauchs des Wortes Allah von Christen. Auf ein Gerichtsurteil zugunsten von Christen in Malaysia reagierten radikale Muslime mit Angriffen auf acht Kirchen. Auslöser war das Urteil des Obersten Gerichtshofes des südostasiatischen Landes vom 31. Dezember. Demnach dürfen auch Christen Gott mit dem Namen Allah bezeichnen. Malaiische Christen benutzen den Begriff seit Jahrhunderten. Die Regierung legte sofort Berufung gegen das Urteil ein.