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Stimmen zum Tod von Diktator Kim Jong Il

Open Doors sprach mit nordkoreanischen Flüchtlingen

(Open Doors) - Unter aus Nordkorea geflüchteten Menschen hat die Nachricht vom Tod des langjährigen Machthabers Kim Jong Il gemischte Gefühle ausgelöst. Wie das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors erfahren hat, sind einige schockiert über den Tod des selbst ernannten "Geliebten Führers" und trauern aufrichtig. Doch für christliche Flüchtlinge ist es schmerzvoll, nun die gleichen Bilder einer kollektiven Hysterie mit anzusehen, wie nach dem Tod seines Vaters, Kim Il Sung, im Jahr 1994.

Monumentale Statue von Kim Il-Sung. Pioniere legen Blumen nieder.Das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors fragte christliche Nordkoreaner, die heute im Ausland leben, mit welchen Gefühlen sie auf den Tod von Kim Jong Il blicken.

"Ich erinnere mich, wie ich damals nach dem Tod von Kim Il Sung vor seiner Statue in meiner Stadt stand und nichts empfunden habe", sagt Nhan*. "Aber wir mussten alle weinen und trauern, sonst wären wir bestraft worden. Ich ritzte mir mit einem Nagel in die Haut, so dass ich vor Schmerz laut schreien musste. Deshalb glaube ich, dass viele Tränen für Kim Jong Il in diesen Tagen nur als öffentlicher Show-Akt vergossen werden."

"Sie werden kämpfen"

Die Nordkoreanerin Eun-Mi* berichtet: "Jemand rief mich an und sagte, ich solle den Fernseher einschalten: Kim Jong Il sei tot. Ich konnte es kaum glauben. Es war komisch: Früher dachte ich, ich würde glücklich sein über diese Nachricht. Doch als Christ weiß ich, dass ich auch meine Feinde lieben sollte. Früher hätte ich Kim Jong Il am liebsten umgebracht. Das belastete mich als Christin sehr." Eun-Mi ist froh darüber, in diesen Tagen nicht in Nordkorea sein zu müssen. "Ich wäre verpflichtet gewesen, auch vor den Statuen zu weinen wie eine Trauernde. Es gibt sicherlich viele, die tatsächlich traurig sind und für die eine Welt zusammengebrochen ist. Aber andere sind einfach nur unwissend über die Familie Kim, so wie ich einst. Manche hier in meiner neuen Heimat haben mir gratuliert und gesagt, nun sei die Zeit der Wiedervereinigung nahe. Doch ich glaube, das ist ein Trugschluss: Nur weil der Machthaber gestorben ist, ist nicht das gesamte Haus eingestürzt. Jene, die die Macht geschmeckt haben, werden sie nicht einfach wieder abgeben. Sie werden kämpfen. Ich hoffe so sehr, dass ein neuer Leiter aufsteht, der wirklich fähig ist, das Land zu verändern. Gott hat die Gebete der vielen Christen - gleich ob aus Nordkorea oder dem Ausland - nicht vergessen. Eines Tages wird Korea wieder eins sein. Ich hoffe, wir werden dafür bereit sein."

"Ich kann nicht trauern"

Hwang*, ein anderer Flüchtling schildert seine Gefühle so: "Ich konnte es kaum glauben! Ist es wirklich wahr, dass Kim Jong Il tot ist? Wie kann ich darüber traurig sein, nach all dem, was er mir und meiner Familie angetan hat? Nordkorea ist geteilt und meine Kindheit musste ich auf der Straße verbringen. Aber ich sorge mich nun noch mehr um die Zukunft meiner Heimat. Es wird einen Machtkampf geben. Alles kam passieren."

Hintergrund:

Am 17. Dezember 2011 ist Nordkoreas langjähriger Staatschef Kim Jong Il Berichten zufolge an einem Herzinfarkt gestorben. Das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors ist bei Prognosen hinsichtlich einer positiven Entwicklung der Lage für die Christen im Land zurückhaltend. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass sich unter der jetzigen Führungsriege für die Menschen in dem abgeschotteten Land schnell etwas verändere. Berichten nordkoreanischer Christen zufolge soll Kim Jong Un - der dritte Sohn von Kim Jong Il gilt als künftiger Machthaber - schon zu Lebzeiten seines Vaters Anstrengungen unternommen haben, verbotene religiöse Aktivitäten im Untergrund aufzudecken. Es sei zu verstärkten Hausdurchsuchungen gekommen; Spione seien gezielt dazu ausgebildet worden, religiöse Netzwerke zu unterwandern.

*Name aus Sicherheitsgründen geändert

Gebetsanliegen:

  • Beten Sie, dass der künftige Machthaber in Nordkorea seine Entscheidungen zum Wohle des Volkes trifft.
  • Beten Sie für die Christen und anderen Gefangenen in den landesweiten Arbeitslagern.
  • Beten Sie für die heimlichen Christen im "Untergrund" von Nordkorea. Auch von ihnen wird nun verlangt, sich an der kollektiven Trauer zu beteiligen. Sie brauchen viel Weisheit, da sie sich nicht vor den landesweiten Statuen der verstorbenen Machthaber verneigen wollen.