Nachrichten

Pakistan: Christ nach Sturz aus 4. Stock schwer verletzt

Entwürdigende Behandlung durch Sicherheitsbehörden mutmaßliche Ursache

(Open Doors, Kelkheim) – Im Nachgang zu den jüngsten Blasphemieanschuldigungen, die 800 Familien im pakistanischen Lahore vorübergehend zur Flucht aus ihren Häusern bewegt haben (Open Doors berichtete), ist es dort erneut zu einem dramatischen Zwischenfall mit einem Christen gekommen. Im Blickpunkt stehen diesmal die Sicherheitsbehörden: Der 24-jährige Sajid Masih wirft ihnen vor, ihn durch menschenunwürdige Behandlung zur Flucht und damit zum Sprung aus dem 4. Stock gezwungen zu haben.

Angeblich Aufforderung zum Oralsex während des Verhörs

Sajid Masih ist der Cousin von Patras Masih, dessen Facbook-Post über den Propheten Mohammed in der vergangenen Woche Auslöser der jüngsten Unruhen war. Patras Masih hatte sich am 19. Februar den Behörden gestellt. Am 23. Februar lud die den Fall bearbeitende Abteilung für Cyberkriminalität des pakistanischen Geheimdienstes auch Sajid vor. Die Beamten verhörten ihn im Beisein seines Cousins sowie zweier ortsansässiger Pastoren. Gegenüber World Watch Monitor berichtete er: „Sie traten und schlugen mich, zuerst mit Fäusten, dann mit einem Computerkabel. Ich fragte sie, warum sie das tun. Sie antworteten, meine Schuld sei, dass ich Patras‘ Cousin bin. Sie forderten mich auf, ihn und mich ‚Verfluchte‘ zu nennen, was ich auch tat. Dann verlangten sie, dass ich Patras die Hosen ausziehe und mit ihm Oralsex habe. Ich weigerte mich […]. Da begannen sie, ihn anzuschreien. Ich ergriff die Flucht zum Fenster, und als ich keinen anderen Ausweg fand, sprang ich.“ Beim Aufprall erlitt Sajid Masih mehrere Knochenbrüche. Er wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht.

Die Behörden erklärten hingegen, ein Forensikexperte habe Sajid Masihs Handy an sich genommen und nach den Zugangsdaten zu seinem Facebook-Profil gefragt. Daraufhin sei dieser aus Angst vor der Entdeckung von blasphemischen Inhalten auf seinem Handy in Panik geraten und habe sich deshalb aus dem Fenster gestürzt. Man habe Masih wegen versuchten Selbstmords unter Anklage gestellt.
 

Pastor Emmanuel Khokhar betet im Krankenhaus für Sajid Mashi
Bild. Pastor Emmanuel Khokhar betet im Krankenhaus für Sajid Mashi (Quelle: World Watch Monitor)

Parlamentarierin fordert unabhängige Untersuchung

In mehreren Städten Pakistans protestierten Christen gegen das Vorgehen der Behörden. Der Menschenrechtsanwalt Asad Jamal wies im Gespräch mit World Watch Monitor darauf hin, dass der polizeiliche Bericht und die Aussagen des stellvertretenden Geheimdienstdirektors zu dem Hergang nicht übereinstimmten: „Es dürfte den Behörden schwerfallen, zu erklären, wie all das ohne den Einsatz von Folter geschehen sein soll.“ Am 27. Februar stellte Shunila Ruth als christliche Abgeordnete im Parlament des Bundesstaates Punjab die Sicherheit von Christen zur Diskussion. Gegenüber World Watch Monitor betonte sie, sie habe eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls gefordert. Gleichzeitig habe sie beanstandet, dass Sajid Masih vier Tage nach dem Vorfall trotz seiner schweren Verletzungen noch immer nicht operiert worden sei. Der Menschenrechtsaktivist Kahlid Shazad lebt in derselben Gegend wie Sajid und wies darauf hin, dass von den 16 Mitgliedern der Facebook-Gruppe, in der der fragliche Eintrag veröffentlicht wurde, nur die Christen verhört wurden.

Ernüchternde Erinnerung: Christen leben in ständiger Gefahr

Die jüngsten Vorfälle in Lahore unterstreichen, unter welcher Anspannung Christen in Pakistan leben. Auch außerhalb extremistischer Kreise existieren massive Vorurteile gegenüber Nichtmuslimen; oftmals genügen kleine Anlässe, um eine Welle des Hasses und teilweise auch massive Gewalt gegen Christen auszulösen. Viele der knapp vier Millionen Christen im Land erleben im Alltag regelmäßig Diskriminierungen.

Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors rangiert Pakistan aktuell auf Platz 5 unter den Ländern, in denen Christen wegen ihres Glaubens am stärksten verfolgt werden.

Quellen: World Watch Monitor, Open Doors

Bitte beten Sie für die Christen in Pakistan:

  • Beten Sie für Sajid Masih, dass er angemessen medizinisch versorgt wird und seine körperlichen und seelischen Verletzungen gut heilen.
  • Beten Sie, dass die Wahrheit über den Vorfall ans Licht kommt und die Opfer Gerechtigkeit erfahren.
  • Beten Sie, dass die Christen im Land sich nicht einschüchtern lassen, sondern im Glauben stark werden und Jesus durch ihre Reaktion sichtbar wird.

 

Meldung als PDF