Weltverfolgungsindex 2024

Tadschikistan

Christenverfolgung in Tadschikistan

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023

Überblick

Die Regierung übt Druck auf alle „abweichenden“ Gruppen aus, indem sie geltende Gesetze verschärft und rigoros durchsetzt. Einheimische Christen muslimischer Herkunft tragen die Hauptlast der Verfolgung, die sowohl vom Staat als auch von der Familie und dem sozialen Umfeld ausgeht. Russisch-orthodoxe Gemeinden haben die wenigsten Probleme mit der Regierung, da sie normalerweise nicht versuchen, Kontakte zur tadschikischen Bevölkerung aufzubauen. Das Jugendgesetz hat Christen (und andere religiöse Minderheiten) in eine juristische Ungewissheit gebracht, da nicht klar ist, welche Art der Jugendarbeit noch erlaubt ist.

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Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

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1. Hintergrund

Tadschikistan hat den höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil in Zentralasien, aber es wäre falsch, Tadschikistan als ein muslimisches Land zu bezeichnen. Siebzig Jahre Atheismus zu Zeiten der Sowjetunion haben ihre Spuren hinterlassen. Die säkulare Regierung hält den Islam streng unter Kontrolle; die meisten Bürger folgen eher islamischer Kultur als strengen islamischen Vorschriften. Die meisten Christen sind ethnische Russen und gehören der russisch-orthodoxen Kirche an, aber es gibt auch um die 3.000 tadschikische christliche Konvertiten. Außerhalb der staatlich geführten und kontrollierten Einrichtungen sind religiöse Aktivitäten verboten. Insbesondere Protestanten, die im Gegensatz zu orthodoxen Christen als Extremisten gelten, sind erheblichen Übergriffen ausgesetzt. Tadschikistan hat eine lange Grenze zu Afghanistan, was die Gefahr der Einschleusung von islamisch-extremistischen Gruppen und des Opiumhandels mit sich bringt. Durch die Aktivitäten des „Islamischen Staats“ (IS) kam es auch zu Morden, wie aus den Reisehinweisen der britischen Regierung hervorgeht.

Im August 2011 wurde ein neues Gesetz zur Regelung religiöser Angelegenheiten in Kraft gesetzt. Es untersagt jegliche religiöse Arbeit mit Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Dieses Gesetz hatte enorme Auswirkungen auf kirchliche Aktivitäten, da schätzungsweise 50 Prozent aller Christen dieser Altersgruppe angehören. Im Januar 2018 traten Änderungen des Religionsgesetzes in Kraft, die es dem Staat unter anderem ermöglichen, die Anforderungen an religiöse Organisationen zu erhöhen, sodass sie alle ihre Aktivitäten melden und eine staatliche Genehmigung für die Ernennung aller Imame einholen müssen. Am 6. Oktober 2021 führte Tadschikistan neue Strafmaßnahmen gegen einen „im Untergrund“ durchgeführten Religionsunterricht von Kindern ein. Das Strafgesetzbuch wurde dahingehend geändert, dass im Falle eines illegalen Religionsunterrichts, einschließlich des Unterrichts über das Internet, eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden kann.

Die meisten Christen gehören ethnischen Minderheiten an – sie sind Russen und Ukrainer. In den 1990er-Jahren, in der Anfangszeit der Unabhängigkeit Tadschikistans, war die Zahl der Christen im Land aufgrund der russischen und ukrainischen Auswanderungswelle drastisch zurückgegangen.

Weltanschauungen Anhänger %
Christen 63.100 0,6
Muslime 9.966.000 98,1
Buddhisten 4.600 < 0,1
Anhänger ethnischer Religionen 7.400 0,1
Juden 300 < 0,1
Bahai 4.400 < 0,1
Atheisten 15.700 0,2
Agnostiker 97.100 1,0
Andere 2.500 < 0,1

2. Gibt es regionale Unterschiede?

Zu Rechtsverletzungen gegenüber christlichen Gemeinden durch Regierungsbeamte kommt es überall im Land. Der Druck von Familie, Freunden und dem sozialen Umfeld auf christliche Konvertiten ist in ländlichen Gebieten stärker.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Diktatorische Paranoia

Nur staatlich kontrollierte Institutionen sind erlaubt. Der Druck der Behörden ist seit 2015 gestiegen, sodass die Zahl der Razzien bei Versammlungen, die Beschlagnahmungen von christlichem Material und die Zahl der Geldstrafen und Verhöre von Christen zugenommen haben. Protestanten werden als gefährliche Anhänger einer fremdartigen Sekte betrachtet, deren Ziel es sei, das derzeitige politische System zu zerstören.

Islamische Unterdrückung, gemischt mit Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

Wenn einheimische (muslimische) Bürger zum christlichen Glauben konvertieren, werden sie von ihren Familien und Gemeinschaften unter Druck gesetzt und gelegentlich mit körperlicher Gewalt dazu gezwungen, zu ihrem früheren Glauben zurückzukehren, insbesondere in ländlichen Gebieten. Einige christliche Konvertiten werden unter Hausarrest gestellt oder aus ihren Wohnungen vertrieben. Viele halten ihren christlichen Glauben geheim.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Zu den Christen aus traditionellen Kirchen gehören die Mitglieder der russisch-orthodoxen Kirche. Sie geben das Evangelium unter den Tadschiken nicht weiter, sodass sie ohne größere staatliche Einmischung arbeiten können, da das tadschikische Regime sie nicht als Bedrohung wahrnimmt. Außerdem will die tadschikische Regierung Russland nicht provozieren, indem sie gegen die russisch-orthodoxe Kirche vorgeht.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft stehen unter starkem Druck seitens der Familie und des sozialen Umfelds, da der Glaubenswechsel als Verrat an Volk, Land und Religion angesehen wird, der Schande über die Familie bringt.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Nach den christlichen Konvertiten erfahren freikirchliche Christen und Gemeinden die zweitmeisten Übergriffe, weil sie aktiv das Evangelium weitergeben. Baptisten, evangelikale Christen und pfingstkirchliche Gruppen leiden unter zahlreichen Razzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen durch die Behörden.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 13.8
Familienleben 12.6
Gesellschaftliches Leben 12.3
Leben im Staat 12.9
Kirchliches Leben 13.4
Auftreten von Gewalt 0.6

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Ein Glaubenswechsel ist zwar offiziell zulässig, wird aber als Verrat an Familie und Kultur angesehen. Dies kann zu Gewalt und Druck führen, da Menschen aus dem sozialen Umfeld christlicher Konvertiten versuchen, diese zu einem Widerruf ihres neuen Glaubens zu bewegen. Viele christliche Konvertiten halten ihren Glauben deshalb geheim.

Familienleben

Wenn ein Elternteil zum christlichen Glauben konvertiert, versuchen andere Familienmitglieder, das Sorgerecht für dessen Kinder zu erlangen, um sie nach islamischen Grundsätzen zu erziehen. Nach dem Gesetz dürfen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht an den Aktivitäten einer Kirche oder Moschee teilnehmen. Kinder von Christen werden von Mitgliedern ihres sozialen Umfelds verleumdet; muslimische Kinder dürfen oft keinen Kontakt zu ihnen pflegen. In der Sekundarschule müssen alle Kinder das Fach Religionsgeschichte belegen, das aus sunnitisch-muslimischer Sicht unterrichtet wird.

Gesellschaftliches Leben

Nicht orthodoxe Christen werden von Mitgliedern ihres sozialen Umfelds beobachtet und von lokalen Staatsbeamten überwacht, unter anderem durch Abhören ihrer Telefonate. Diese Christen werden mitunter schikaniert, verhört und bedroht. Dies gilt insbesondere für christliche Konvertiten, deren Glaubenswechsel öffentlich geworden ist.

Leben im Staat

Die Verfassung schützt die Religionsfreiheit. Jedoch verpflichtet das Religionsgesetz von 2009/2011 (mit Ergänzungen vom Januar 2018) alle religiösen Organisationen dazu, sich registrieren zu lassen. Alle kirchlichen Aktivitäten von nicht registrierten Gruppen sind illegal. Es besteht ein Verbot von nicht genehmigtem Religionsunterricht und eine Zensur aller religiösen Inhalte. Das Gesetz zu den Elternpflichten verbietet es Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, sich an den Aktivitäten religiöser Organisationen zu beteiligen.

Kirchliches Leben

Die Gesetze zur Regelung religiöser Angelegenheiten vom August 2011 verbieten jede kirchliche Jugendarbeit. Herstellung, Einfuhr, Verkauf und Verteilung von religiösen Materialien durch registrierte religiöse Gruppen müssen von der Regierung genehmigt werden. Damit sind faktisch alle Materialien verboten, die von nicht registrierten religiösen Gruppen verwendet werden. Für ausländische Christen gibt es Einschränkungen bei der Einreise nach Tadschikistan. Es wird ein besonderes Visum benötigt, das sehr schwer zu bekommen ist.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

Im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2024 wurden keine gewaltsamen Übergriffe gemeldet. Das US-Außenministerium stellte in seinem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit 2022 mit Hinblick auf Tadschikistan jedoch fest, dass „Personen außerhalb der Regierung nach wie vor erklärten, sie thematisierten nicht die gesellschaftliche Achtung religiöser Vielfalt, einschließlich Misshandlungen oder Diskriminierung aufgrund von religiösen Überzeugungen, aus Angst vor Schikanen durch die Regierung. Vertreter der Zivilgesellschaft sagten, sie vermieden weiterhin eine Diskussion über Religion im Allgemeinen und die Beziehungen zwischen den verschiedenen religiösen Gruppen im Speziellen.“

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr Platzierung Punktzahl
2024 46 66
2023 45 66
2022 45 65
2021 33 66
2020 31 65

Die Gesamtpunktzahl von 66 Punkten ist im Vergleich zum Weltverfolgungsindex 2023 gleich geblieben. Die Regierung schränkt kirchliche Aktivitäten in vielerlei Hinsicht ein. Eine Kirche wurde geschlossen, und vor allem das Jugendgesetz hat Christen (und andere religiöse Minderheiten) in eine juristische Ungewissheit gebracht, da nicht klar ist, welche Art der Jugendarbeit noch erlaubt ist.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Männer und Frauen sind rechtlich gleichgestellt, aber in der traditionellen Kultur sind die Frauen den Männern unterworfen und häusliche Gewalt ist weitverbreitet. Christliche Konvertitinnen, die sich vom Islam abgewandt haben, sind besonders von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt bedroht, da sie als Frauen nicht die Unabhängigkeit oder Freiheit haben, selbst ihre Religion zu wählen. Sie müssen mit Hausarrest, Schlägen, Ablehnung, Belästigung und Zwangsheirat rechnen. Wenn sie bereits verheiratet sind, sind häusliche Gewalt und eine Zwangsscheidung wahrscheinlich. Außerdem verbietet der Staat religiöse Kleidung oder Symbole, einschließlich derer, die von Christinnen getragen werden.

Männer

Wie in weiten Teilen Zentralasiens übernehmen Männer in Tadschikistan in Familien und Kirchen eine Führungsfunktion. Aufgrund dieser werden sie gezielt angegangen; sie werden von der Polizei durch Verhöre, Geldstrafen und das Stören von Zusammenkünften unter Druck gesetzt; der Staat verletzt ihre Religionsfreiheit mit Durchsuchungen, Festnahmen, Verhören, Beschlagnahmungen, Geld- und Freiheitsstrafen. In der Haft werden die Männer verbal und körperlich misshandelt, bedroht, geschlagen und gezwungen, Informationen zu liefern. Christliche Konvertiten, deren Glaubenswechsel öffentlich geworden ist, können ihren Arbeitsplatz verlieren und werden von Angehören ihres sozialen Umfelds und ihrer Familie geschlagen, diskriminiert und ausgegrenzt. Beim obligatorischen Militärdienst sind Christen ebenfalls der Verfolgung ausgesetzt.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Tadschikistan ist bekannt für Verstöße gegen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit und damit verbundene Menschenrechte wie die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit. Keine bestimmte religiöse Gruppe ist besonders im Fokus des Staates – alle (Muslime, Christen, Zeugen Jehovas, Juden, Bahais etc.) leiden unter einem hohen Maß an staatlicher Überwachung und Unterdrückung. Laut der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit hat im Jahr 2022 „die tadschikische Regierung [...] nach wie vor die muslimische Mehrheit des Landes stark unterdrückt. Kindern unter 18 Jahren ist der Besuch von Moscheen und von allen anderen öffentlichen religiösen Aktivitäten mit Ausnahme von Beerdigungen untersagt. Privater Religionsunterricht ist verboten, nur zu Hause dürfen Kinder von ihren Eltern in religiösen Belangen unterwiesen werden. Seit 2014 werden alle Imame von der Regierung ernannt, sie müssen staatlich vorgeschriebene religiöse Kleidungsstücke tragen und ihre Predigten sind strikt vorgeschrieben. Menschen unter 35 Jahren dürfen den Hadsch nicht durchführen.“

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Tadschikistan:

  • Beten Sie für die christlichen Konvertiten muslimischer Herkunft um Kraft und Standhaftigkeit trotz des großen Drucks aus ihrem familiären Umfeld.
  • Beten Sie für nicht registrierte Gemeinden, die als illegal gelten, um Bewahrung vor Razzien.
  • Beten Sie für die Kinder und Jugendlichen: dass die trotz der eingeschränkten Möglichkeiten für kirchliche Kinder- und Jugendarbeit Jesus Christus als ihren Retter kennenlernen.
  • Beten Sie für Präsident Emomalij Rahmon und andere Regierende. Bitten Sie, dass Jesus ihre Herzen weich macht und sie die Wahrheit des Evangeliums erkennen.

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